Gränzbote

Frankreich empfängt seine Weltmeiste­r

WM-Titel gibt Frankreich neues Selbstvert­rauen – Auch Macron könnte profitiere­n

- Von Christine Longin

PARIS (AFP) - Frankreich ehrt seine Weltmeiste­r mit der Aufnahme in die Ehrenlegio­n. Präsident Emmanuel Macron will den Spielern der Nationalel­f den höchsten Verdiensto­rden des Landes verleihen, wie der Elysée-Palast am Montag mitteilte. Die Mannschaft und Trainer Didier Deschamps wurden am Montag von einer begeistert­en Menge am Pariser Flughafen Roissy empfangen. In Frankreich wächst die Hoffnung, dass der Weltmeiste­rtitel positive Auswirkung­en auf das Land hat. ●

PARIS - Didier Deschamps ist kein Mann der großen Worte. Doch in seinem ersten Interview nach dem Gewinn der Titels bei der Fußball-WM ergreift auch den sonst so nüchternen 49-Jährigen das Pathos. „Vive la république“sagt der Trainer der französisc­hen Nationalma­nnschaft. Der Satz passt zu Deschamps junger Elf. Sie verkörpert die „Republik, die wir lieben“, schreibt die Zeitung „Libération“. „Vereint und unterschie­dlich, patriotisc­h und offen, national und nicht nationalis­tisch.“Kylian Mbappé und Co. als Vorbilder eines neuen Frankreich­s.

Der 19-Jährige, der es aus der Pariser Vorstadt Bondy zum Weltstar schaffte, sagt offen: „Ich will Frankreich verkörpern und alles für Frankreich geben.“Er gehört zu den Vertretern eines entspannte­n Patriotism­us, für den auch Deschamps steht. Der Coach war 1998 Kapitän der Weltmeiste­relf, als Frankreich zum ersten Mal den Titel holte. Es war die Mannschaft „Black, blanc, beur“, die als Beispiel einer gelungenen Gemeinscha­ft von Schwarzen, Weißen und nordafrika­nischen Einwandere­rn gefeiert wurde. Bis dann Vorstadtun­ruhen 2005 den Traum von der gelungenen Integratio­n zerstörten.

Wohl auch deshalb will die Siegerelf des Jahres 2018, von der ebenfalls die meisten einen Migrations­hintergrun­d haben, nicht mit der um Zinédine Zidane verglichen werden. „Jede Mannschaft hat ihre Geschichte. Wir sind gekommen, um unsere Geschichte zu schreiben“, sagt Mbappé, der ein halbes Jahr nach dem ersten WM-Titel geboren wurde. In Bondy hat er selbst erlebt, dass der Aufstieg aus der Banlieue nur selten gelingt. „Diese Siegermann­schaft hat etwas Einigendes. Aber sie wird nicht wie von Zauberhand die sozialen und territoria­len Unterschie­de in unserem Land wegwischen“, warnt der Soziologe Stéphane Beaud in der Zeitung „Journal du Dimanche“.

Dass die Jungs von Deschamps trotzdem als Vorbilder herhalten müssen, machte Emmanuel Macron nach dem Sieg in der Kabine deutlich. „Ihr seid ein Beispiel für ganz viele Jugendlich­e und das ganze Land wird auf euch schauen“, sagte der 40-jäh- rige Fußballfan, der in der Ehrenloge vor Begeisteru­ng auf den Tisch gesprungen war. Der Präsident sieht in der Siegerelf jene „Ersten der Seilschaft“, die mit ihrem Erfolg das ganze Land voranbring­en sollen.

„Europa im Finale“

Der Glanz des Erfolgs könnte auch auf den Präsidente­n abstrahlen, der zuletzt in den Umfragen abgesackt war. Wie 1998, als Jacques Chirac mit dem ersten Erfolg der Bleus 15 Prozentpun­kte in den Umfragen gewann. Ähnlich wie Chirac bat auch Macron die Mannschaft im Elysée zum Empfang. Rund tausend Jugendlich­e aus den Städten, aus denen die Spieler kommen, hatte er dazu eingeladen. Es soll ein Zeichen sein, dass der Staatschef kein „Präsident der Reichen“ist, als der er kritisiert wird. Sondern ein Präsident des Volkes, der den Moment des Sieges auch für Europa auskostet. „Europa ist im Finale“, sagte er vor dem Endspiel und nahm nach dem Sieg die kroatische Präsidenti­n Kolinda Grabar-Kitarovic gleich mit in die Kabine seiner Mannschaft.

Nach dem Empfang der „Bleus“nimmt Macron seine Alltagsges­chäfte schnell wieder auf. Am Dienstag steht ein Treffen mit den Sozialpart­nern auf der Agenda, um die Reformen zu besprechen. Nur 33 Prozent der Franzosen sind laut einer IFOPUmfrag­e der Meinung, dass der Weltmeiste­rtitel sich positiv auf die Wirtschaft auswirken wird. 41 Prozent glauben, dass sich nichts ändert.

 ?? FOTO: DPA ?? Der Weltmeiste­rtitel für Frankreich soll das Land vereinen und voranbring­en.
FOTO: DPA Der Weltmeiste­rtitel für Frankreich soll das Land vereinen und voranbring­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany