Gränzbote

Mit Selfies zu Millionen

Die Reality-Stars der Kardashian­s und Jenners sind Meister im Eigenmarke­ting

- Von Johannes Schmitt-Tegge

LOS ANGELES (dpa) - Fast unbemerkt haben die Kardashian­s und Jenners ein Vermögen angehäuft. Die Reality-Stars werden gern als oberflächl­ich abgetan, aber hinter Nacktfotos, Baby-Tratsch und Snapchat steckt geschickte­s Marketing. Eine ist schon mit 20 Jahren auf dem Weg zur Milliardär­in.

Nur fünf Wörter waren für Dankesrede­n bei den Webby Awards 2016 erlaubt, und Kim Kardashian entschied sich für diesen Satz: „Nackt-Selfies bis ich sterbe.“Wer Kim K. nicht gut kennt, mag sie bis heute auf genau diese Nacktfotos und vielleicht noch ihre Reality-Serie und Ehe mit Rapper Kanye West reduzieren. Oder wie TV-Journalist­in Barbara Walters in einem Interview sagte: „Du schauspiel­st nicht wirklich, du singst nicht, du tanzt nicht. Du hast – verzeih mir – kein Talent.“

Aber vielleicht hat Walters das größte Talent der Kardashian­s und der Jenner-Halbschwes­tern übersehen: Sie sind erstklassi­ge Unternehme­rinnen. Mit TV-Shows, Modelinien, Kosmetikpr­odukten, HandyApps und Spielen hat der Klan ein Vermögen angehäuft. Kylie Jenner verfügt laut dem „Forbes“-Magazin im Alter von nur 20 Jahren über rund 900 Millionen Dollar (770 Mio. Euro). Dank ihrer Kosmetikli­nie könnte sie bald die jüngste Milliardär­in werden, die ihr Geld selbst verdient hat. Damit hätte sie Facebook-Chef Mark Zuckerberg überholt, der bei seiner ersten Milliarde 23 Jahre alt war.

Die Frage ist nur: Wie haben sie das angestellt? Wie konnten sie die 15 Minuten zweifelhaf­ten Ruhm einer Kim Kardashian, von der 2007 ein Sex-Tape aufgetauch­t war, über ein Jahrzehnt strecken, auf die Geschwiste­r abfärben lassen und daraus ein ganzes Familienun­ternehmen bauen?

Den Geniestrei­ch sieht Kommunikat­ions-Professori­n Jennifer Lueck von der Texas A&M University in der Art, wie die jungen Frauen sich und ihre Produkte in sozialen Netzwerken vermarkten. „Die Dynamik reicht sehr nah an eine empfundene Freundscha­ft heran“, erklärt Lueck der Webseite „Vox“. „Es fühlt sich nicht an wie Werbung, sondern wie die Empfehlung einer Freundin – einer reicheren, besser aussehende­n Freundin, die Tausende Dollar dafür bekommt, über Badeanzüge und Zahnaufhel­lung zu twittern“, heißt es bei V“ox“.

Tatsächlic­h lässt sich Werbung bei einer Kim Kardashian (geschätzte­s Vermögen: 350 Millionen Dollar) oder Kylie Jenner auch auf den zweiten Blick nicht immer entlarven. „#Werbung“und „bezahlte Partnersch­aft“heißt es zwar in Kardashian­s Foto für einen Make-up-Hersteller auf Instagram Ende Juni. Aber wie steht es um ihren angebliche­n Schnappsch­uss im Badeanzug mit einer Dose Ananassaft, zu dem sie schreibt: „Googelt die Vorteile von Ananassaft“? Das rote Logo der Marke Dole – der größte Anbieter von Früchten und Gemüse weltweit – ist gerade so zu erkennen.

460 Millionen folgen ihnen

Auch die Posts einer perfekt geschminkt­en Kylie Jenner scheinen zu reichen, um bei Followern den Wunsch nach ihrem Lidschatte­oder Lippenstif­t zu wecken. Große Namen wie L’Oréal und Estée Lauder müssten sich wegen Jenner vorsehen, warnte das Werbemagaz­in „WWD“. Ihre ersten 15 000 Make-up-Sets waren 2015 laut „Forbes“innerhalb von einer Minute vergriffen. „Bevor ich die Seite neu laden konnte, war alles ausverkauf­t“, sagt Jenner.

Auf der Klaviatur sozialer Netzwerke spielen Kylie und Kim, aber auch die Schwestern Kourtney (35 Mio. Dollar) und Khloé Kardashian (40 Mio.) sowie Kendall Jenner (18 Mio.) fließend. Gemeinsam kommen die fünf Frauen auf rund 460 Millionen Follower bei Instagram, parallel bedienen sie Facebook, Twitter und Snapchat. Wie in der Reality-Show „Keeping Up With The Kardashian­s“nehmen sie ihre Fans mit im Bikini auf die Dachterras­se, zum Lunch im Garten oder ins Schlafzimm­er. Sie jammern über Jetlag, witzeln über ihre Kinderfoto­s oder klagen nackt vor dem Badezimmer­spiegel, dass sie nichts zum Anziehen haben.

„Social Media ist so eine großartige Plattform. Ich habe so einfachen Zugang zu meinen Fans und Kunden“, sagte Jenner dem „Forbes“-Magazin. Von der Herstellun­g bis zum Versand hat sie die meiste Arbeit ausgelager­t und verbringt ihre Zeit stattdesse­n damit, Millionen Fans den Eindruck zu geben, sie persönlich zu kennen.

An der Spitze dieser „First Family“, wie das „Cosmopolit­an“-Magazin den Klan taufte, steht Mutter Kris Jenner. Als Matriarchi­n spricht sie in der Reality-Show Machtworte und streicht – zusätzlich zu eigenen Werbe-Deals – als scharfsinn­ige Managerin ihrer Töchter zehn Prozent von deren Profiten ein.

Die parallele Schwangers­chaft von Kim (37), Khloé (34) und Kylie (20) ließ einige vermuten, dass Kris Jenner sogar den innerfamil­iären Babyboom plante und ihre Töchter dazu überredete, die Kinder fast zeitgleich zu bekommen. Alle drei Schwangers­chaften wurden im Herbst entweder offiziell oder über (gezielt gestreute?) Gerüchte bekannt – pünktlich zum zehnjährig­en Jubiläum der Kardashian-Show.

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FOTOS ( 3): DPA Sie haben zumindest ein Talent zum Geldmachen: Mutter Kris Jenner ( Mitte) mit ihren Töchtern Kylie Jenner ( links) und Kim Kardashian.

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