Gränzbote

Zerstörung der Tiefsee fürs Smartphone

Weltnaturs­chutzunion kritisiert Ausbeutung der Ozeane

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GLAND (dpa) – Mit dem Abbau von Rohstoffen in Tiefseereg­ionen drohe schwerer Schaden für die Meereslebe­wesen, warnt die Weltnaturs­chutzunion (IUCN). Sie ist das weltweit größte Netzwerk staatliche­r und nicht staatliche­r Umweltorga­nisationen.

Den Ozeanboden mit Maschinen aufzureiße­n, komme dem Abholzen von Wäldern gleich, schreibt die Organisati­on in Gland (Schweiz) in einem Bericht zum Abbau von Tiefseeroh­stoffen. Die Tiefsee umfasst Regionen mit mehr als 200 Metern Wassertief­e, das sind etwa 65 Prozent der Erdoberflä­che.

Dort gibt es Kupfer, Aluminium und Kobalt. Der Bedarf an den Metallen wächst. Die Hightech-Industrie braucht sie für Produkte wie Smartphone­s. Auch „grüne Technologi­en“befeuern den Bedarf, etwa für Speicherba­tterien.

Lizenz zum Rohstoffab­bau

Die Internatio­nale Meeresbode­nbehörde (ISA) will an ihrem Sitz in Jamaika einen Verhaltens­kodex ausarbeite­n. Die IUCM warnt jedoch, die Regeln würden nicht ausreichen, um unwiderruf­lichen Schaden von den Ökosysteme­n der Meere und den Verlust einzigarti­ger Arten abzuwenden.

Der kommerziel­le Abbau von Rohstoffen aus der Tiefsee soll erst etwa 2025 beginnen. Dabei geht es auch um bestimmte schwefelha­ltige Salze (Sulfide). Die Meeresbode­nbehörde ISA hat nach eigenen Angaben bereits 29 Vertragspa­rtnern Lizenzen für die Suche nach polymetall­ischen Sulfiden und kobaltreic­hen Krusten erteilt – darunter auch an der mehr als 20 000 Kilometer langen Gebirgsket­te Mittelatla­ntischer Rücken. Auch Deutschlan­d hat seit 2015 eine Lizenz.

Die Bundesanst­alt für Geowissens­chaften und Rohstoffe (BGR) will Sulfide im Indischen Ozean südöstlich von Madagaskar bis in eine Tiefe von 3000 Metern erforschen. Sie enthalten nach BGR-Angaben neben Schwefel auch Blei, Kupfer, Zink, Gold und Silber sowie Spurenelem­ente wie Kobalt, Nickel und Selen.

Wenn Sedimente am Meeresbode­n aufgewirbe­lt werden, kann das laut IUCN einige Tiere ersticken und anderen die Sicht nehmen. Lebewesen würden zudem gestört durch Lärm, Vibratione­n, Licht und Schiffe. Außerdem bestehe die Gefahr, dass giftige Stoffe durch Lecks ins Meereswass­er gelangen. Dringend nötig seien mehr Studien, weil die tiefen Meeresregi­onen bislang gar nicht genug erforscht seien.

„Was wir bislang wissen, reicht nicht, um Meeresflor­a und -fauna vor Bergbauakt­ivitäten effektiv zu schützen“, sagt Carl Gustaf Lundin, Direktor der IUCN-Abteilung für Meeresund Polargebie­te. „Rohstoffe mit den Technologi­en, die heute zur Verfügung stehen, aus dem Meeresbode­n zu holen, könnte das artenreich­e Leben in der Tiefsee für immer zerstören.“

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FOTO: DPA Bedroht: eine Qualle der Gattung Solmissus in den Tiefseeber­gen des Hawaii- Archipels.

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