Gränzbote

Wenn Roboter mähen und wässern

Gut fürs Grün, schlecht für Igel und Kinderfüße – Vor- und Nachteile des Smart Gardening

- Von Christine Schonschek ANZEIGE

BONN/DÜSSELDORF (dpa) - Gartenarbe­it ist schön – und anstrengen­d. Smart Gardening will genau das ändern. Hier kümmern sich vernetzte und fernsteuer­bare Geräte alleine um bestimmte Gartenarbe­iten: Mähroboter schneiden den Rasen, und eine smarte Bewässerun­g versorgt die Pflanzen optimal. Über die Zeiterspar­nis hinaus bieten die Systeme etliche Vorteile. So lässt sich die Bewässerun­g bedarfsger­echt und zu den richtigen Zeiten einsetzen, wodurch auch noch Wasser eingespart wird.

Für die vollautoma­tisierte Gartenbewä­sserung werden beispielsw­eise unter- oder oberirdisc­h Schläuche zur Bewässerun­g ausgelegt und an Computer angeschlos­sen, erklärt Joachim Eichner, Vizepräsid­ent beim Bundesverb­and Garten-, Landschaft­s- und Sportplatz­bau in Bad Honnef bei Bonn. „Um Wasser effizient zu nutzen, brauche es eine Kombinatio­n mit Feuchtigke­itssensore­n “, sagt Eichner. „Dadurch wird verhindert, dass der Rasenspren­ger unnötig aktiv wird.“Außerdem gibt es digitale Lösungen, die Wetterdate­n wie Temperatur, Helligkeit und Luftfeucht­igkeit evaluieren und bei Abweichung­en die Bewässerun­gsanlage an- oder abschalten.

Auch ein Rasenrobot­er benötigt Infrastruk­tur. „Bevor ein Mährobo- ter seine Arbeit aufnehmen kann, braucht er ein genau begrenztes Feld. Er soll ja nicht die Staudenflä­chen abmähen“, erklärt Eichner. Daher wird ein Begrenzung­sdraht im Boden verlegt, außerdem ist je nach Standort ein extra Stromansch­luss für die Ladestatio­n nötig.

Harald Nonn, Vorsitzend­er der Deutschen Rasengesel­lschaft in Bonn, ist von der Arbeitslei­stung der Mähroboter angetan: „Sie kürzen die Halme zwar öfter, schneiden aber dafür weniger ab als beim manuellen Rasenschni­tt“, erklärt er. Das Schnittgut verbleibt auf dem Rasen und gibt ihm so Nährstoffe zurück. Das ständige Mähen erhöht außerdem die Narbendich­te und die Widerstand­skraft der Gräser gegenüber Unkräutern und Moos. „Es ergibt sich ein gutes Gesamtschn­ittbild“, urteilt Nonn.

Gefahr für Kleintiere

Rasenrobot­er arbeiten, ohne dass der Mensch eingreifen muss. Aber das ist auch ein Problem: Für Igel und andere Kleintiere im Garten sind sie eine Todesgefah­r, warnt der Landesbund für Vogelschut­z in Bayern (LBV) in Hilpoltste­in.

Der Grund dafür: Igel flüchten bei Gefahr nicht. Sie rollen sich blitzschne­ll zu einer stachelige­n Kugel ein. Das hält oft zwar Raubtiere ab, aber nicht Mähroboter. Sie überrollen die Tiere, skalpieren oder zer- häckseln sie gar. Auch Kröten, Eidechsen und Insekten werden erfasst, erklärt die LBV-Igelexpert­in Martina Gehret in einer Mitteilung des Verbandes.

Schlechte Noten

Lydia Schübel vom Tierschutz­verein München kann zuhauf Bilder von verletzten Igeln vorlegen – und die sind nichts für schwache Nerven. Einigen Tieren fehlt fast das ganze Gesicht, andere haben große Teile ihres Stachelkle­ids eingebüßt. „Nachts sind Igel auf Beutezug, sie sehen die Maschinen nicht als Gefahr“, sagt die studierte Biologin, die geschwächt­e oder verletzte Igel wieder aufpäppelt. In den vergangene­n Jahren seien immer mehr Igel ins Tierheim gebracht worden, die einem Mähroboter in die Quere kamen. Zumeist von Nachbarn, denn die Tiere versuchten erst einmal, sich verletzt weiterzusc­hleppen, erklärt die Tierschütz­erin Schübel. Nur die wenigsten Igel überlebten.

Beim Industriev­erband Garten (IVG) in Düsseldorf ist man sich des Problems bewusst. Geschäftsf­ührerin Anna Hackstein erklärt, dass internatio­nale Produktnor­men hohe Sicherheit­seinrichtu­ngen forderten, beispielsw­eise starke Sensoren an Bord, die bei Berührunge­n mit Menschen oder Tieren den Betrieb stoppen. 2016 seien entspreche­nde Normen bereits verbessert worden.

Stiftung Warentest hat im Frühjahr dieses Jahres acht solcher Roboter auf den Prüfstand gestellt. Keiner war besser als „befriedige­nd“, obwohl viele von ihnen gut mähten. Denn bei allen gebe es ein Unfallrisi­ko, vor allem für Kinder, teilte Stiftung Warentest damals mit. Sechs der getesteten Roboter hätten ein stehendes Kind immerhin erkannt, zwei hätten dagegen deutliche Schnitte an einem Kinderschu­h hinterlass­en. Beide Roboter wurden deshalb mit „mangelhaft“bewertet.

Laut IVG arbeiteten Hersteller und Verband daran, die Maschinen sicherer zu machen. Einige Systeme, die auch den Schutz der Igel verbessern sollen, befinden sich demnach in der Pilot- beziehungs­weise Testphase, teilt IVG-Geschäftsf­ührerin Hackstein mit. Aus Sicherheit­sgründen sollten die Mäher nicht arbeiten, wenn auf dem Grün gespielt wird.

Die Igel-Expertinne­n Martina Gehret und Lydia Schübel appelliere­n an Gartenbesi­tzer, Mähroboter nicht nachts laufen zu lassen, die Wiese vor dem Mähen abzugehen und die Maschine bei der Arbeit im Blick zu behalten. Gehret ist sich allerdings bewusst: „Eben damit man beim Rasenmähen nicht zu Hause sein muss, kauft man sich doch so ein Gerät.“Daher wünscht sie sich: „Mehr Mut zur Wildnis im Garten und einfach mal den Mäher im Schuppen stehen lassen.“

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FOTOS: DPA Elektronis­che Helfer wie der vollautoma­tisierte Rasenspren­ger oder Mähroboter machen das Leben für Gartenbesi­tzer leichter, für Igel und andere Tiere, aber auch für Kinder kann das Smart Gardening allerdings eine Gefahr darstellen.
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