Gränzbote

Wie das Land als Arbeitgebe­r punkten will

Beamte sollen Familie und Beruf besser vereinbare­n können – die Änderungen im Überblick

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Baden-Württember­g will als Arbeitgebe­r familienfr­eundlicher werden. Dazu soll das Landesbeam­tengesetz geändert werden. Einen entspreche­nden Gesetzentw­urf will Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) am Dienstag ins Kabinett einbringen, wie ein Sprecher der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigt. Die neuen Regelungen sollen im Herbst in Kraft treten. Die wichtigste­n Änderungen im Überblick:

Referendar­iat in Teilzeit für angehende Lehrer

● Ist ein Lehrer verbeamtet, kann er vergleichs­weise einfach in Teilzeit arbeiten. Für angehende Lehrer gilt das bislang nicht. Ihr Referendar­iat leisten sie 18 Monate lang in Vollzeit ab – zumindest bisher. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) will das ändern. Ihr Konzept hatte sie bereits im vergangene­n Oktober vorgestell­t. Es sieht vor, das Referendar­iat auf 30 Monate zu strecken. Die Teilzeit umfasst dann 60 Prozent der normalen Arbeitszei­t, flexible Quoten soll es nicht geben.

Das Teilzeit-Referendar­iat sollen Eltern mit minderjähr­igen Kindern beantragen können. Für angehende Lehrer, die schwerbehi­ndert sind oder Angehörige pflegen, gilt das ebenso. Nach Schätzunge­n des Kultusmini­steriums werden diese Möglichkei­t weniger als ein Prozent der jährlich 5500 Referendar­e in Anspruch nehmen. „Mit dem Vorbereitu­ngsdienst in Teilzeit gestalten wir die Lehrerausb­ildung attraktive­r und zeitgemäße­r“, sagt Eisenmann der „Schwäbisch­en Zeitung“. Als Motivation dürfte außerdem dienen, dass der Lehrermang­el massiv ist. Vor allem an Grundschul­en fehlen Pädagogen – Lehrer an dieser Schulart sind überwiegen­d Frauen.

Die Idee ist nicht ganz neu. Andere Bundesländ­er haben bereits das Teilzeit-Referendar­iat, unter anderem Rheinland-Pfalz und Hessen. Verbände wie die Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft fordern es schon lange. Die konkrete Ausgestalt­ung übernimmt Eisenmann in der Ausbildung­s- und Prüfungsor­dnung für angehende Lehrer. Die Voraussetz­ung ist aber eine Änderung des Landesbeam­tengesetze­s – und die hat Strobl nun erarbeitet.

Juristen müssen Referendar­iat weiter in Vollzeit leisten

● Justizmini­ster Guido Wolf (CDU) möchte auch seinen Rechtsrefe­rendaren die Teilzeit bieten. Dafür ist er aber, anders als seine Kabinettsk­ollegin Eisenmann, auf den Bund angewiesen. Seit 2016 engagiere sich Wolf deshalb in einer länderüber­greifenden Arbeitsgru­ppe zum Thema, erklärt ein Sprecher.

Weniger Bürokratie für Beamte, die Eltern sind

● Wer Sonderurla­ub braucht, um beim kranken Kind zuhause zu bleiben, muss bislang immer ein ärztliches Attest einreichen. Strobls Gesetzentw­urf sieht vor, dass dies nur noch auf Verlangen des Arbeitgebe­rs nötig ist – und dann, wenn das Kind wohl länger als eine Woche krank ist. Außerdem sollen künftig auch die Beamten problemlos in Eltern- oder Pflegezeit gehen können, die gerade in der Probezeit für einen Führungspo­sten sind. Bislang ist eine Unterbrech­ung der Probezeit nicht vorgesehen.

Land zahlt Schmerzens­geld, wenn Täter das nicht kann

● Laut Polizeilic­her Kriminalst­atistik sind im vergangene­n Jahr 2400 Landesbeam­te im Dienst verletzt worden. In 80 Prozent der Fälle waren das Polizisten. Wenn die Opfer Anspruch auf Schadenser­satz haben, die Täter aber nicht zahlen können, haben sie bislang schlicht Pech gehabt. Dem Vernehmen nach soll das Land künftig diese Lücke füllen.

Andere Bundesländ­er sind mit gutem Beispiel vorangegan­gen und springen ein, wenn die Angreifer kein Schmerzens­geld zahlen. Aber: „Wir werden in Sachen Schmerzens­geld die bundesweit polizeifre­undlichste Lösung in den Ministerra­t bringen“, so Strobl zur „Schwäbisch­en Zeitung“. Anders als andere Bundesländ­er soll das Opfer nicht erst selbst versuchen müssen, an sein Geld zu kommen. Auch will BadenWürtt­emberg auf eine Mindestsum­me verzichten, die es in anderen Ländern gibt.

Auch Bedienstet­e im Strafvollz­ug werden Opfer von Gewalt. Deren Vorsitzend­er Alexander Schmid forderte lange schon vom Land, beim Schmerzens­geld im Notfall einzusprin­gen. Daher lobt er die geplante Änderung. Im Gesetzentw­urf sei aber nur von Kostenüber­nahme nach „tätlichen Angriffen“die Rede. „Das sollte man weiter fassen, damit das Opfer nicht ein zweites Mal zum Opfer wird“, fordert Schmid.

Nicht nur Beamte, auch Angestellt­e im öffentlich­en Dienst sollen entschädig­t werden, erklärt ein Sprecher des zuständige­n Finanzmini­steriums. „Sobald die Übernahme der Kosten gegenüber Beamten Gesetz ist, wenden wir sie auch auf die Angestellt­en an.“

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FOTO: DPA Angehende Lehrer sollen ihr Referendar­iat bald in Teilzeit absolviere­n können: Das ist nur eine der Regelungen, mit denen das Land sich als familienfr­eundlicher Arbeitgebe­r präsentier­en möchte.

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