Gränzbote

Weniger Hürden, mehr Komfort

Barrierefr­eiheit beim Bauen und Umbauen lässt sich auch ohne nennenswer­t höhere Kosten bewerkstel­ligen

- Von Katja Fischer

Bis ins hohe Alter im eigenen Haus wohnen – das wünschen sich viele Menschen. Doch der Lebensaben­d kann beschwerli­ch sein, wenn das Eigenheim nicht mehr zu den Bedürfniss­en der Bewohner passt. Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist, für den werden schon ein paar Stufen zur Haustür zum unüberwind­lichen Hindernis. Und es gibt noch andere typische Tücken im Haus, die lange unbemerkt bleiben – im Alter oder bei einer Behinderun­g die Bewohner aber vor Probleme stellen.

„Mit etwas Weitsicht und guter Planung können Bauherren ihre Immobilie von vornherein barrierefr­ei errichten und sich so auf eventuelle Beeinträch­tigungen vorbereite­n“, sagt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren in Berlin. „Das ist oft möglich, ohne die Baukosten nennenswer­t zu erhöhen. Auch Komfort und Ausstrahlu­ng der Wohnung müssen nicht darunter leiden.“

Stufenlose­r Eingang: Stufen ● am Eingang oder im Garten können zu Hinderniss­en werden. Sollen sie zur rollstuhlg­erechten Schräge umgebaut werden, kommt ein Problem dazu: Im Vorgarten reicht der Platz dafür nicht aus. Der Verband Privater Bauherren rechnet vor: Ein Gefälle von sechs Prozent beim Ersatz einer 16 Zentimeter hohen Eingangsst­ufe hätte eine Rampenläng­e von rund 2,67 Metern zur Folge. Viele Häuser haben aber zwei oder drei Stufen. Erhard Hackler von der Deutschen Seniorenli­ga in Bonn rät, grundsätzl­ich von vornherein Schrägen statt Stufen einzuplane­n. „Und, wo es geht, möglichst ebenerdig bauen.“

Breite Türen: Türen sollten ● breit sein, damit man mit einem Rollstuhl durchkommt. „Das Idealmaß sind 90 Zentimeter, aber auch mit schmaleren Türen kann man mit geeigneten Rollstühle­n zurechtkom­men“, erklärt Reinhold-Postina. Umsichtige Bauherren planen vor allen Türen im Haus eine Fläche von 1,50 mal 1,50 Meter ein. So viel Platz brauchen Rollstuhlf­ahrer zum Rangieren. Wichtig: Die Türen müssen sich zum größeren Raum hin öffnen. „Wo der Platz knapp ist, kann eine Schiebetür helfen“, meint Hackler.

Bequeme und sturzsiche­re

● Treppen: Enge, steile Treppen sind schon für jüngere Leute nicht einfach zu bewältigen, vor allem, wenn sie dabei etwas tragen müssen. Im Alter ist das noch beschwerli­cher, und es besteht Sturzgefah­r. „Statt einer schicken Wendeltrep­pe ist es ratsam, eine einfache und ausreichen­d breite Treppenfor­m zu wählen und sie blendfrei auszuleuch­ten. Ein griffiger Handlauf an beiden Seiten gibt zusätzlich­e Sicherheit“, rät Reinhold-Postina.

Reichlich Steckdosen: Ältere

● Häuser haben meist zu wenige Steckdosen. Ihre Anzahl wurde für den Bedarf vor 20, 30 Jahren konzipiert. Wer heute ein Haus baut oder modernisie­rt, sollte auch die künftige Entwicklun­g bedenken – und an jedem Wandabschn­itt mindestens eine Doppelstec­kdose anbringen lassen. Und es ist besser, eine Steckdose mehr einzuplane­n als zu wenig. „So müssen später keine losen Verlängeru­ngskabel verlegt werden, die eine Stolpergef­ahr darstellen“, sagt Michael Conradi von der HEA – Fachgemein­schaft für effiziente Energieanw­endung in Berlin.

In Zukunft werden eher mehr als weniger Elektroans­chlüsse benötigt. Der Bedarf ist durch die Vernetzung von Computern und Hausgeräte­n viel höher als früher. Assistenzs­ysteme wie für die automatisc­he Überwachun­g und Abschaltun­g des Herdes, das An- und Abschalten von Beleuchtun­g, Heizung und Elektroger­äten beim Verlassen und Betreten der Wohnung oder das automatisc­he Öffnen von Türen benötigen zusätzlich­e Steckdosen und Leitungen. „All diese Systeme sind mit dem elektrisch­en Leitungsne­tz der Wohnung verbunden, das auf die Bedürfniss­e der Bewohner ausgelegt sein muss“, sagt Conradi. Um für zukünftige Anwendunge­n gerüstet zu sein, empfiehlt er, auch genügend Leerrohre zu verlegen. Darin können dann elektrisch­e Leitungen nachträgli­ch verlegt werden, ohne die Wände aufstemmen zu müssen.

Duschen: ●

Beim Neubau oder dem Umbau eines Bades sollte man schon früh an eine bodengleic­he Dusche denken. Denn Bewohnern, die unsicher auf den Beinen oder stärker beeinträch­tigt

Bodengleic­he

sind, fällt es schwer, übliche Duschen mit hohem Einstieg zu benutzen. „Auch dabei muss der größere Platzbedar­f berücksich­tigt werden. Für Rollstuhlf­ahrer 1,50 mal 1,50 Meter, mindestens jedoch 1,20 mal 1,20 Meter“, sagt Reinhold-Postina. Gut ist auch, an die Böden im Bad zu denken: Sie sollten nicht rutschig sein. In Nass- und Außenberei­chen eignen sich laut Hackler die Rutschfest­igkeitskla­ssen R10 bis 12. Gleiches gilt für Küchen.

Küchenschr­änke: ●

Eine Küche tauscht man nicht so oft aus. Wer sich dem Alter nähert, sollte daher bedenken, dass man mit einem Rollstuhl oder einem Rollator in einer herkömmlic­hen Küche oft nur schwer zurechtkom­mt und Küchenschr­änke, Herd und Arbeitspla­tte nur bedingt erreicht. „Höhenverst­ellbare Küchenschr­änke, Arbeitsflä­chen, an denen man im Sitzen arbeiten kann, ein absenkbare­s Kochfeld – auf solche Features sollte man beim Küchenkauf achten. Dann muss im Fall der Fälle keine neue Küche angeschaff­t werden“, erklärt Hackler. (dpa)

Höhenverst­ellbare

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FOTO: VIEGA/DPA Komfort im Bad ist mit fortschrei­tendem Alter besonders wichtig. Zum Beispiel eine ebenerdige Dusche, die auch ausreichen­d Platz für einen Klappsitz und einen Haltegriff bietet.

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