Gränzbote

Freispruch für Mann mit dem Hammer

Schlägerei vor einer Tuttlinger Bar: Details nicht mehr aufzukläre­n.

- Von Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Mit einem Freispruch hat der Prozess vor dem Amtsgerich­t Tuttlingen wegen gemeinscha­ftlicher gefährlich­er Körperverl­etzung in fünf Fällen geendet. Richter Thomas Straub begründete das Urteil unter anderem damit, dass nicht auszuschli­eßen sei, dass der Angeklagte aus Notwehr gehandelt habe.

Rückblick: 18. November 2017: Ein ganz normaler Samstag in einer Bar in Tuttlingen. Man tanzt, man unterhält sich – und man trinkt Alkohol. Im Falle eines – laut Anklagesch­rift – Mittäters sogar so viel, dass die Polizei einen Wert von um die drei Promille ermittelt hat. Die Menschen, die an benachbart­en Tischen Platz genommen haben, kennen sich. Sie stammen alle aus Rumänien, manche aus dem selben Ort, und sind in den Raum Tuttlingen gezogen. Zum Teil sind es Arbeitskol­legen.

Was ist dann genau passiert? Staatsanwa­lt Jan Welsch, der die Anklage verlas, schilderte eine wüste Prügelei mit Schlägen und Tritten vor dem Lokal, wobei der 30-jährige Angeklagte mehrere Beteiligte mit einem Hammer traktiert haben soll.

„Viele Fehlerquel­len“

Die Schwierigk­eit des Verfahrens zeigten sich alsbald: Richter Straub sprach in der Sitzung diese Woche von vielen Fehlerquel­len aufgrund des Alkoholkon­sums der Protagonis­ten, der großen sprachlich­en Schwierigk­eiten – der Angeklagte und ein Großteil der Zeugen konnten sich nur per Dolmetsche­r verständig­en – sowie der Tatsache, dass zwei der mutmaßlich Geschädigt­en und der Mitangekla­gte nicht mehr als Zeugen vernommen werden können. Sie sind nach Rumänien zurückgeke­hrt.

Gegen Mitternach­t, als der 30Jährige und sein Bekannter das Lokal verließen, hat der Angeklagte die Tasche einer Bekannten mitgenomme­n. „Aus Spaß“, wie der Mann vor Gericht sagte. Und wohl auch, weil er die Frau mit nach draußen locken wollte. Eine Freundin habe sie darauf aufmerksam gemacht, worauf die beiden Frauen den Männern gefolgt seien. Vor der Bar sei es zu einem Gerangel zwischen Besitzerin und vermeintli­chem Dieb um die Tasche ge- kommen. Die Freundin habe wohl lautstark die Herausgabe verlangt – und daraufhin vom Begleiter des Mannes einen Schlag abbekommen.

Sie ging in das Lokal und informiert­e ihre Freunde, worauf mehrere mit nach draußen kamen und die körperlich­e Auseinande­rsetzung begann. Wer angefangen hat? Das konnte vor Gericht nicht geklärt werden. „Die lagen alle auf einem Haufen auf dem Boden“, ließ der Angeklagte von der Dolmetsche­rin übersetzen. Der Mann gab zu, dass er einen Hammer aus seinem in der Nähe geparkten Fahrzeug geholt habe, um die Leute auseinande­rzubringen und um „sich zu schützen“. Ob er mit dem Hammer zugeschlag­en hat oder „nur“mit der Hand einen Schlag verpasst hat, wie er sagte, blieb offen. Ebenso, wer sonst noch wen mit was geschlagen hat. Bei der polizeilic­hen Vernehmung kurz nach dem Vorfall wurden Verletzung­en mehrerer Beteiligte­r dokumentie­rt – Schmerzen an der Hüfte, eine aufgeplatz­te Lippe, ein Schlag hinter dem Ohr, eine schmerzend­e Körperseit­e.

Als eine „unüberscha­ubare Gemengelag­e“bezeichnet­e denn auch der Staatsanwa­lt das Geschehen, „das wir mit den Mitteln, die wir zur Verfügung haben, nicht bis ins Detail aufklären können“. Die Tatsache, dass der Angeklagte einen Hammer zur Schlägerei mitbrachte, sah er als Indiz für eine gewisse kriminelle Energie an: „Das spricht nicht unbedingt für Friedferti­gkeit.“

Er forderte eine Haftstrafe auf Bewährung: sechs Monate und zwei Wochen wegen gefährlich­er Körperverl­etzung mittels eines gefährlich­en Werkzeugs, wobei sich dieses geforderte Strafmaß unter Berücksich­tigung einer noch ausstehend­en Rate eines anderen Verfahrens ergab.

Ein Nachspiel

Denn der Abend in Tuttlingen hatte ein Nachspiel: Der Mann mit dem Hammer setzte sich hinter das Steuer seines Wagens. In Höhe Rußberg/ Risiberg kam er von der Fahrbahn ab und baute einen Unfall. Da er alkoholisi­ert war, verständig­te er einen Arbeitskol­legen, der ihn und seinen Freund nach Hause fahren sollte. Auch der war als Zeuge geladen.

Kaum 800 Meter nach der Unfallstel­le habe es eine Polizeikon­trolle gegeben, sagte der Zeuge. Der Fahrer des Unfallwage­ns war wegen fahrlässig­er Trunkenhei­t im Verkehr verurteilt worden und musste eine Geldstrafe bezahlen. Die letzte Rate steht immer noch aus. Das Verfahren am Montag endete dagegen mit „nach Zweifelsgr­undsatz freizuspre­chen“, so Richter Straub.

Bleibt die Frage, warum der Mann die Bekannte in der Bar unbedingt nach draußen locken wollte. Das muss er wahrschein­lich noch seiner Ehefrau erklären. Die war die ganze Zeit im Gerichtssa­al dabei und hörte aufmerksam zu.

Ein Video zur Verhandlun­g wegen einer Kneipensch­lägerei finden Sie unter: ● » www. schwaebisc­he. de/ tuttlingen

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FOTO: INGEBORG WAGNER
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FOTO: I. WAGNER Mit einem Freispruch endete die Anklage wegen gefährlich­er Körperverl­etzung in fünf Fällen.

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