Tina Turner blickt trotz Niederlagen nach vorne
Private Tragödien und Erfolgsmusik von „Private Dancer“bis „The Best“prägen ihr Leben
Höhen und Tiefen sind bei Musiklegenden fester Bestandteil der Karriere – bei Tina Turner finden sich davon aber gefühlt besonders viele. Auch wenn die Amerikanerin seit fast 20 Jahren kein neues Studioalbum mehr herausgebracht hat, beherrscht sie weiterhin die Schlagzeilen. Oft mit positiven Nachrichten wie dem erfolgreich gestarteten Musical über ihr Leben namens „Simply the Best“, das bis zum kommenden Jahr auch in Deutschland auf Tournee ist, oder der für Oktober angekündigten, bereits zweiten Autobiografie „My Love Story“. Aber auch die Tragik begleitet weiterhin ihr Leben: Anfang Juli erschoss sich ihr ältester Sohn Craig, den sie 1958 als 18-Jährige mit dem Saxophonisten Raymond Hill bekommen hatte. Hill spielte seinerzeit in Ike Turners Band „Kings of Rhythm“. Bei einem Konzert in Manhattan war eine gewisse Anna Mae Bullock im Publikum, stieg kurze Zeit später in die Band ein – und feierte schließlich als weiblicher Part der Ike & Tina Turner Revue Riesenerfolge. Die unbändige Energie der gemeinsamen Aufnahmen wirkt bis heute enorm ansteckend und der von Tina Turner geschriebene Song „Nutbush City Limits“über ihre Heimatstadt Nutbush in Tennessee sorgt nach wie vor für volle Tanzflächen.
Gleichzeitig war es der letzte große Hit des Duos, Ikes Drogensucht und häusliche Gewalt mündeten in einer Scheidung. Dass Tina nach diesen schweren Zeiten zu einem Comeback ansetzte, ist ein zentraler Aspekt ihrer Geschichte und wurde 1993 in der Filmbiographie „What's Love Got to Do with It“verewigt. Zu dem Zeitpunkt war Turner karrieremäßig wieder ganz oben und erfreute sich insbesondere in Deutschland enormer Popularität. Die Wende hatte 1984 kein Geringerer als DireStraits-Frontmann Mark Knopfler eingeleitet, der für sie den Titelsong des mehr als 20 Millionen Mal verkauften Albums „Private Dancer“ komponiert hatte. Während andere Alben aus dieser Zeit teils weniger gut gealtert sind, zeigt die Platte auch heute keine Schwächen: Der Hochglanzproduktion steht Turners energiegeladene Stimme gegenüber, der man anhörte, dass die damals 45-Jährige mitten im Leben stand und bereits einiges erlebt hatte.
Umzug in die Schweiz
Das Erfolgsrezept setzte sich über mehrere Alben hinfort weg – auch Songs, die bei anderen Sängern zu glatt gewirkt hätten, wurden durch die „Rockröhre“, wie sie seitdem genannt wird, gleichzeitig veredelt und geerdet. Einen ihrer bekanntesten Songs hatte zuvor allerdings bereits die andere „Rockröhre“der 1980erJahre aufgenommen: Bonnie Tyler ging mit „The Best“aber weitgehend unter. In der Turner-Version ist die Nummer dagegen ein Klassiker geworden und kommt bis heute bei Siegesfeiern wie Parteitagen zum Einsatz. Turner strebte nach den großen Erfolgen dagegen ein ruhigeres Leben an; seit 1994 lebt sie mit ihrem deutschen Ehemann Erwin Bach in Küsnacht nahe Zürich und besitzt seit 2013 sogar die Schweizer Staatsbürgerschaft. Ihre Lebensphilosophie, trotz aller Niederlagen nach vorne zu blicken, hat die Buddhistin bereits 1993 in einem Hit verewigt – „I Don't Wanna Fight“, zentraler Song ihrer Filmbiographie.