Warten auf den perfekten Augenblick
Galerie zeigt Fotos von Steve McCurry – Bilder geben Krisenregionen menschliches Gesicht
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TUTTLINGEN - Mit Steve McCurrys Fotos zum Thema „Glaube und Gebet“zeigt die Galerie der Stadt Tuttlingen bis Ende September Bilder eines der renommiertesten zeitgenössischen Fotografen. Am Freitag ist die Ausstellung „Glaube und Gebet“vor vollem Haus eröffnet worden.
„Wer kennt nicht Steve McCurrys Bild des „afghanischen Mädchens“, das 1984 um die Welt ging, fragte Erster Bürgermeister Emil Buschle bei seiner Begrüßung. McCurrys Fotos hielten ein Stück Weltgeschichte fest, und führten gleichzeitig die seelische Verfassung der Porträtierten vor Augen. Laut Galerieleiterin Anna-Maria Ehrmann-Schindlbeck geht es McCurry darum, konfliktbehafteten Regionen wie Afghanistan, Tibet oder Kaschmir ein menschliches Gesicht zu geben.
Seine Bilder kündeten aber auch von Spiritualität, die im Menschen als Grundeigenschaft angelegt sei. „Glaube und Gebet“hat die Galerieleiterin deshalb als Thema für die speziell für Tuttlingen getroffene Fotoauswahl gewählt. Extra aus Mailand zur Vernissage angereist war Biba Giacchetti als Vertreterin McCurrys, der gerade in Australien unterwegs sei.
Ehrmann-Schindlbeck betonte in ihrer Laudatio, McCurry sei kein Fotoreporter. Seine Fotos illustrierten nicht nur eine Geschichte, sie erzählten sie vielmehr selbst, und das ganz ohne Worte, in kompositorischer Dichte, packender Ästhetik und menschlich berührend.
Der Mensch steht im Zentrum
„Im Zentrum seiner Fotografie steht der Mensch an sich, sei es im unbemerkten Moment oder, wenn der Porträtierte direkt in die Linse schaut“, führte die Galerieleiterin weiter aus. Mit Achtsamkeit, Herzenswärme und Offenheit begegne er den Dargestellten. Emotionalität beim Betrachter schaffe er mit Licht und Farbe: „Kühle Distanz liegt ihm fern.“
Zu seiner Arbeitsweise zitierte die Laudatorin den Künstler selber: „Meine Bilder sind das Ergebnis der Suche nach Augenblicken, in denen Menschen sich öffnen.“Geduldig warte er auf den perfekten Augenblick, denn eine zweite Chance gebe es dabei nicht. „Entweder das Foto ist geglückt oder nicht.“
Auf einige Exponate ging Ehrmann-Schindlbeck näher ein. Kopfüber, nur an den Füßen hängend, strahlt ein Shaolin-Mönch in Großaufnahme immer noch innere Ruhe aus. Aus der Ferne leuchten dagegen drei Mönche vor der imposanten Pagode von Mingun in Burma nur noch wie kleine orangene Punkte. In magisches Gold hat die gerade untergegangene Sonne den Felsen von Kyaito getaucht, der der Legende nach von einem einzigen Haar Buddhas über dem Abgrund gehalten wird. Neben vielen Motiven aus Asien sind auch europäische Ordensleute sowie Menschen in ganz unterschiedlichen Gebetssituationen aus der ganzen Welt zu sehen.
Kongenial zu den Bildern, umrahmte Rafael Diesch die Vernissage mit den magischen Klangfarben seines Vibrafons.