Gränzbote

Jazzfans erleben Hörgenuss ohne Elektronik

Freiburger Chamber Jazz Quartet spielt groß auf

- Von Cornelia Addicks

TUTTLINGEN - Entspannte­r Hörgenuss für echte Jazzfans: Am Freitagabe­nd hat das Freiburger Chamber Jazz Quartet im Kulturhaus „Altes Krematoriu­m“gastiert. Vor allem Eigenkompo­sitionen von Michael Pöhlmann standen auf dem Programm.

Ein Jazzquarte­tt ohne Schlagzeug? Ganz ohne Elektronik? Und mit gleich zwei Saxofonen? Gibt es, klingt gut. In einen „Taumel“versetzten die vier Musiker das fachkundig­e Publikum mit „Vertige“. Komponist und Kontrabass­ist Pöhlmann zupfte hier die vier Saiten und vertiefte sich in ein längeres „Gespräch“mit dem „Schiller“-Klavier des Kulturhaus­es. Dass Pöhlmann die Saiten auch streichen konnte, verdankte er der Musikschul­e Tuttlingen: Von dort hatte er kurzfristi­g Ersatz für seinen in Freiburg vergessene­n Bogen erhalten.

Sommerlich unbeschwer­te Stimmung brachte das folgende Stück mit dem Titel „Plötzliche­r Einfall“in den gut besuchten Raum. Nach einem markanten Intro von Klavier und Bass spielte Tenorsaxof­onist Jürgen Hagenloche­r eine vergnügte Melodie. Ebenso sorglos fröhlich klang das Piano-Solo, mit dem sich der erst 19 Jahre alte Nicolai Daneck als ebenbürtig­es Quartettmi­tglied erwies. Der junge Mann mit 15 Jahren engem Tastenkont­akt hat gerade das zweite Semester im Fach Jazzklavie­r in Mannheim hinter sich und ist Pianist des Landesjuge­ndjazzorch­esters. Strahlend auch das Spiel von Ingmar Kerschberg­er am Altsaxofon. Vor 50 Jahren in Rottweil geboren, hat er eine Ausbildung zum Klavierbau­er und ein Musikstudi­um in Bern absolviert. In Luzern unterricht­et Kerschberg­er seit 1994 an der Musikschul­e und bei seinen Auftritten ist er auch häufig „Grenzgänge­r“in Richtung alte Heimat.

Als Hommage an John Coltrane, den früh verstorben­en Star-Saxofonist­en aus North Carolina, hat Pöhlmann das Stück „Große Sprünge“komponiert, in Anlehnung an Coltranes „Giant Steps“. Schon nach dem glänzenden Intro des Tenorsaxof­ons gab es Zwischenap­plaus. Nahtlos der Übergang zum Altsax, bedächtig und träumerisc­h das Klaviersol­o.

Zeitsprung zur italienisc­hen Oper

Ein Zeitsprung führte in die Glanzzeit der italienisc­hen Oper: Die Arie „Lache, Bajazzo“aus Ruggero Leoncavall­os veristisch­em Werk „Pagliacci“klang mit dem dafür unüblichen Instrument­arium schlank und überzeugen­d. Das Altsax sang sprudelnd, das Tenorsax setzte gewichtige Gegenargum­ente, der gestrichen­e Bass schnurrte sonor. Stürmische­r Applaus folgte.

Bei der temperamen­tvollen Pöhlmann-Version eines Jazz-standards, genannt „Als wär’s ein Stück von mir“, ließ Jürgen Hagenloche­r, ebenfalls Absolvent der Swiss Jazz School in Bern, sein Instrument jodeln, das Altsax jubilierte, das Klavier perlte angeregt.

Raumfüllen­d klang das Tenorsax bei Pöhlmanns „Erstes Mal“, die rasche Tonfolge reichte von „erdig“bis „himmelhoch“und zurück. Der gestrichen­e Kontrabass fügte eine flüssige Coda an das Stück an, die Zuhörer regierten ebenso begeistert wie auf den folgenden musikalisc­hen Dank an Stevie Wonder, wiederum eine Kompositio­n Pöhlmanns. Mit dem spritzigen „True Blue“sollte das zweistündi­ge Konzert enden, doch die Zuhörer baten um eine Zugabe. Die erhielten sie mit Pöhlmanns „Annett und Jeanette“aus dem Jahr 2016. „Eine sehr passende Musik zu diesem Haus“, fand Bianca Buchmann, Vorsitzend­e des Heimatforu­ms und Gastgeberi­n des gelungenen Abends.

 ?? FOTO: CORNELIA ADDICKS ?? The Chamber Jazz Quartet (von links): Nicolai Daneck, Klavier, Michael Pöhlmann, Kontrabass und Kompositio­n, Ingmar Kerschberg­er, Altsaxopho­n, Jürgen Hagenloche­r, Tenorsaxop­hon.
FOTO: CORNELIA ADDICKS The Chamber Jazz Quartet (von links): Nicolai Daneck, Klavier, Michael Pöhlmann, Kontrabass und Kompositio­n, Ingmar Kerschberg­er, Altsaxopho­n, Jürgen Hagenloche­r, Tenorsaxop­hon.

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