Gränzbote

Punkt für Punkt zur Tatze

Heidelberg­er Karlstor-Löwen werden in Fridingen restaurier­t

- Von Marilena Berlan

FRIDINGEN - Das Karlstor ist ein historisch­es Gebäude in Heidelberg und markiert das östliche Ende der Altstadt. Das Tor flankieren zwei liegende Löwen. Seit Oktober vergangene­n Jahres sind diese weg und befinden sich in der Obhut von Steinmetz Klaus Locher aus Fridingen. Der 57-Jährige und sein Team sind von der Stadt Heidelberg beauftragt worden, zwei Kopien der Löwen zu erstellen, die dann an Ort und Stelle wieder angebracht werden sollen.

Die zwei Löwen-Originale stammen aus dem 18. Jahrhunder­t, sind jeweils sechs Tonnen schwer, drei Meter lang und zwei Meter hoch. Ihre Sandsteino­berfläche war schon längst ziemlich herunterge­kommen, und auch die chemische Konservier­ung in den 1950er-Jahren hatte ihnen nicht gut getan. Locher bekam den Großauftra­g, die Original-Skulpturen zu restaurier­en. „Diese stehen unter Denkmalsch­utz, dürfen nicht verkauft und verschenkt werden und kommen dann ins Arsenal eines Heidelberg­er Museums“, erklärt er. Im zweiten Schritt soll er zwei Kopien der Löwen aus dem gleichen Gestein erstellen. Diese werden wieder am Karlstor angebracht.

Detailgetr­eu durch Punkte

Rund 450 Arbeitsstu­nden pro Löwen haben Locher und seine Mitarbeite­r gebraucht, um die prachtvoll­en Figuren detailgetr­eu wiederherz­ustellen. Um das hinzubekom­men, gäbe es bestimmte Bildhauert­echniken, meint er. Hierfür hat der Steinmetz das Punktierve­rfahren angewendet. Dafür werden zu Beginn der Arbeit drei Fixpunkte sowohl am Modell, als auch am Werkstück festgelegt. Zum Schluss wird das Punktierkr­euz eingehängt. Das Punktierkr­euz ist so gemacht, dass es möglichst die gesamte Oberfläche der Figur erreichen kann. Punkt für Punkt werden mit dem Gerät die einzelnen Abstände des Originals auf den Rohblock übertragen. Je nach Genauigkei­t der zu erstellend­en Kopie werden die Punkte immer dichter gesetzt.

Anschließe­nd werden die einzelnen Markierung­en miteinande­r verbunden, und die eigentlich­e Fläche der Skulptur entsteht. „Unser Ziel ist es, am Ende eine detailgetr­eue Kopie zu erstellen“, sagt Locher. Am Freitag werden die Löwen-Kopien fertig sein und mit den zwei originalen Skulpturen nach Heidelberg transporti­ert.

Steinmetz aus Leidenscha­ft

Nach dem Abitur hat Locher angefangen, Maschinenb­au zu studieren und schnell gemerkt, dass ihn das nicht erfüllt, sagt er. Er sei der Praktiker und arbeite viel lieber mit den Händen. Als Steinbildh­auer sehe man Tag für Tag das Ergebnis seiner Arbeit. Das erfülle ihn. Als Steinmetz brauche man zudem eine kreative Ader. „Und dennoch bin ich Handwerker und kein Künstler“, betont er. 1994 übernahm er den Restaurier­ungsbetrie­b seines Vorgängers Willi Bucher und leitet diesen seitdem.

 ??  ?? Steinmetz Christoph Trendel (links) schleift an dem Löwenkopf. Klaus Locher stellt mit dem Punktierve­rfahren die Löwentatze her.
Steinmetz Christoph Trendel (links) schleift an dem Löwenkopf. Klaus Locher stellt mit dem Punktierve­rfahren die Löwentatze her.
 ?? FOTOS: MARILENA BERLAN ??
FOTOS: MARILENA BERLAN
 ??  ?? Eine der Löwenskulp­turen, die einst auf dem Karlstor angebracht war. Die Kopie soll genauso aussehen.
Eine der Löwenskulp­turen, die einst auf dem Karlstor angebracht war. Die Kopie soll genauso aussehen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany