Gränzbote

Immer mehr Alleinerzi­ehende

Deutlich mehr Väter als Mütter arbeiten – Armutsrisi­ko bleibt hoch

- Von Sabine Lennartz

BERLIN – Die Formel ledig, geschieden, Großstadt, alleinerzi­ehend stimmt nicht mehr ganz. Der Süden Deutschlan­ds hat zwar die wenigsten Alleinerzi­ehenden. Doch selbst hier steigen die Zahlen in den letzten 20 Jahren an, von 12,7 Prozent 1997 auf 15,3 Prozent in Baden-Württember­g, von 12,2 auf 16,2 Prozent in Bayern. Deutschlan­dweit sind es im Schnitt 18,9 Prozent oder 2,4 Millionen Kinder, die entweder von der Mutter oder vom Vater erzogen werden. Damit verbunden steigt das Armutsrisi­ko. Vor allem für Frauen mit kleinen Kindern. Diese Mütter können oft nicht arbeiten. Das zeigen die neuen Zahlen des Statistisc­hen Bundesamte­s zu Alleinerzi­ehenden in Deutschlan­d 2017, die in Berlin vorgestell­t wurden.

In Großstädte­n gibt es mehr Alleinerzi­ehende als in kleinen Städten und Dörfern, im Osten Deutschlan­ds mehr als im Westen. In Berlin liegt die Quote bei über 27 Prozent. Die Tendenz aber ist in allen Bundesländ­ern mit Ausnahme von Bremen und Hamburg, wo die Zahl immer schon hoch war, steigend.

Etwas mehr Einkommen

Die gute Nachricht: Die Armutsgefä­hrdungsquo­te bei Alleinerzi­ehenden sinkt etwas, von 37 Prozent im Jahr 2011 auf 33 Prozent im Jahr 2016. Georg Thiel, Präsident des Statistisc­hen Bundesamte­s, führt dies auf familienpo­litische Maßnahmen wie eine bessere Kinderbetr­euung, mehr Teilzeitar­beit und Home Office sowie die allgemein gute Lage auf dem Arbeitsmar­kt zurück.

Denn die Armutsgefä­hrdung Alleinerzi­ehender hängt eng mit Arbeitslos­igkeit zusammen. Kleine Kinder sind überwiegen­d bei den Müttern, größere mitunter auch bei den Vätern. Nur 14 Prozent der Väter leben mit einem Vorschulki­nd zusammen, aber 32 Prozent mit einem Kind zwischen 15 und 18 Jahren. Bei den Müttern ist es umgekehrt. Sie leben zu 30 Prozent mit einem Vorschulki­nd und nur zu 20 Prozent mit einem Teenager im Alter zwischen 15 und 18 Jahren zusammen.

Von den Müttern mit Kindern unter drei Jahren gingen nur 27 Prozent einer Berufstäti­gkeit nach. Das sind zehn Prozentpun­kte weniger als bei den Müttern, die verheirate­t sind. Allein erziehende Väter gehen dagegen zu 69 Prozent arbeiten, auch wenn sie ein kleines Kind haben. In der Regel werden Männer besser unterstütz­t, heißt es zur Erklärung. Dementspre­chend verfügen alleinerzi­ehende Väter über ein höheres Einkommen als die Mütter.

Unerwartet­e Ausgaben von knapp 1000 Euro aus eigenen finanziell­en Mitteln stemmen, das können 63 Prozent der Alleinerzi­ehenden nicht. Und 39 Prozent können sich noch nicht einmal einen einwöchige­n Urlaub leisten. Für 14 Prozent ist es sogar schwer, wenigstens jeden zweiten Tag vollwertig­e Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Vier mal mehr als andere sind Alleinerzi­ehende überschuld­et.

Mehr Unterstütz­ung gefordert

Die Diakonie fordert eine Kindergrun­dsicherung. Das Zukunftsfo­rum Familie e.V. hält eine Reform des Kinderzusc­hlags für nötig. Denn vor allem Alleinerzi­ehende hätten wenig von dieser Leistung, da Unterhalt und Unterhalts­vorschuss angerechne­t würden.

Einig sind sich die meisten, dass es auch an passender Kinderbetr­euung noch fehlt. „Gerade Alleinerzi­ehende sind angewiesen auf gute Kitas und Kindertage­spflege“, sagt Familienmi­nisterin Franziska Giffey. Deshalb werde mit dem Gute-KitaGesetz in den nächsten drei Jahren 5,5 Milliarden Euro zusätzlich an die Länder fließen.

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FOTO: DPA 15,3 Prozent der Kinder in Baden-Württember­g wachsen mit nur einem Elternteil auf – in Bayern sind es 16,2 Prozent.

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