Hass-Liebe
Es gibt Menschen, die über eine Art Hass-Liebe miteinander verbunden sind. Sie können nicht wirklich miteinander, aber auch keinesfalls ohne einander. Zweifellos ganz schön anstrengend ist sie: diese Beziehung aus Sichständig-in-die-Wolle-kriegen und dem Auf-sich-angewiesen-sein!
Von diesem Dilemma kann keiner besser berichten als mein Schlüsselbund und ich. Ohne einander können wir zwei nun mal gar nicht: Öffnet er – und nur er – mir doch Räume, die nur für mich und einen kleinen, ausgewählten Personenkreis gedacht sind. Und was wäre er bloß ohne mich, die ihn meist komfortabel in Jackenoder Handtaschen gebettet durch die Weltgeschichte trägt und ihm immer wieder neue Orte zeigt?
Aber: Leider können wir auch nicht miteinander. Vielleicht fühlt er sich hin und wieder zu wenig beachtet, zu selten liebevoll in die Hand genommen und zu häufig schmerzhaft in ein Türschloss gestoßen? Jedenfalls zieht er es von Zeit zu Zeit vor, vorübergehend seinen Dienst zu quittieren und mir bewusst zu machen, was er mir eigentlich bedeuten sollte. Und schaut hämisch unter einem Schal in der Garderobe oder aus der Tasche einer selten getragenen Jacke zu, wie ich auf der Suche nach ihm verzweifelt die Wohnung auf den Kopf stelle. Bis ich ihn endlich wieder finde und mir schwöre, ihn ab sofort nur noch auf Rosen zu betten. Oder noch besser: Ihn endlich mit einem Peilsensor zu versehen! (skr)