Gränzbote

Kirche sagt Einsamkeit den Kampf an

Evangelisc­he Kirchengem­einderäte planen die Einrichtun­g eines Besuchsdie­nsts

- Von Sabine Krauss

TUTTLINGEN - Einen Besuchsdie­nst für Menschen, die in irgendeine­r Form einsam sind, möchte die evangelisc­he Kirche in Tuttlingen auf die Beine stellen. Das Projekt „Einsamkeit lindern – Menschen aufsuchen“startet im Oktober mit einer Mitarbeite­rsuche und Info-Abenden.

Für Christine Heß bedeutet ihre Arbeit als Kirchengem­einderätin der Stadtkirch­e eines: Von sich aus auf Menschen zuzugehen und füreinande­r da zu sein, anstatt zu warten, bis der umgekehrte Fall eintritt. Gemeinsam mit Britta Kewer, ebenfalls Kirchengem­einderätin der Stadtkirch­e, kam sie bereits vor einigen Monaten auf die Idee, in Tuttlingen einen Besuchsdie­nst einzuricht­en, wie er teilweise auch in anderen Gemeinden praktizier­t wird.

Dabei geht es schlicht darum, dass Ehrenamtli­che andere Menschen besuchen. Im Mittelpunk­t stehen dabei Personen, „die nicht mehr in der Lage sind, andere zu treffen“oder „die die Kurve nicht kriegen, irgendwo hinzugehen“, wie Heß es ausdrückt. „Uns ist es wichtig, dass Menschen nicht vereinsame­n“, sagt sie.

Ob dies ältere Menschen sind, die rein körperlich ihre Wohnung nur noch eingeschrä­nkt verlassen können, ob es Menschen sind, die Angehörige verloren haben oder ob es sich um Neu-Zugezogene handelt, die sich vor Ort noch nicht auskennen: „Die Zielgruppe ist noch nicht definiert“, sagt Heß. Wer besucht werden soll und wie man auf sich aufmerksam macht – das sind Fragen, die an den drei Treffen im Oktober mit den Interessie­rten besprochen werden sollen.

Gemeinsam ein Konzept erarbeiten

Apropos Interessie­rte: Beim Besuchsdie­nst mitmachen kann jeder. „Wir wollen zunächst auf unser Vorhaben aufmerksam machen und schauen, wer mitwirken will“, sagt Heß. So wird es im Herbst zunächst darum gehen, gemeinsam ein Konzept zu erarbeiten. Praktisch los gehen soll es dann jedoch so schnell wie möglich.

Als Pfarrerin betreut Ute Gebert von der Friedensge­meinde das Projekt. Ein Job, den sie von Pfarrer Jens Junginger übernahm, der die Stadt berufsbedi­ngt verlassen wird. Auch Gebert kennt die Problemati­k aus ihrer täglichen Arbeit: Alte Menschen, die nur noch selten ihr Haus verlassen können – sich aber freuen, wenn Besuch vorbeikomm­t. „Ich erlebe häufig, dass jemand sagt: Zum Geburtstag kriege ich mal Besuch, aber dann kommt ein Jahr niemand mehr“, erzählt sie von den Begegnunge­n mit ihren Gemeindemi­tgliedern. „Die Notwendigk­eit ist schon lange da“, steht sie hinter der Idee des Besuchsdie­nsts. Immer häufiger seien Menschen nicht mehr in familiäre Strukturen eingebunde­n – etwa indem die Familie weit entfernt lebe und man sich nur selten sehe.

Zusammenar­beiten wolle man auch mit Einrichtun­gen wie der Nachbarsch­aftshilfe und der Sozialstat­ion. Und, wie Heß betont: „Das Angebot richtet sich natürlich an alle, nicht nur an die Evangelisc­hen.“

 ?? FOTO: IMAGO ?? Viele ältere Menschen verlassen nur selten ihre Wohnung – freuen sich aber umso mehr über Besuch. Hier soll der Besuchsdie­nst ansetzen.
FOTO: IMAGO Viele ältere Menschen verlassen nur selten ihre Wohnung – freuen sich aber umso mehr über Besuch. Hier soll der Besuchsdie­nst ansetzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany