Gränzbote

Krasses Quartett

Gemischte 4x200-Meter-Freistil-Staffel gibt Schwimmtea­m mit Gold mächtigen Schub

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GLASGOW (SID/dpa) - Als die Goldstaffe­l eine Stunde nach dem sensatione­llen Triumph letzte Interviews geben wollte, schlug ihr eine Welle der Begeisteru­ng entgegen: Fast das komplette deutsche Schwimmtea­m hatte sich unter die wartenden Journalist­en gemischt und die frisch gekürten Europameis­ter mit La Ola und großem Beifall empfangen. Wann hat es das zuletzt im deutschen Schwimmspo­rt gegeben? „Von der Mannschaft so empfangen zu werden, ist ein tolles Gefühl“, sagte Annika Bruhn, die mit ihrem unwiderste­hlichen Schlussspu­rt die gemischte Freistil-Staffel bei der internatio­nalen Premiere über 4x200 Meter am Samstagabe­nd zum nicht für möglich gehaltenen EM-Titel geführt hatte. Doch der hatte seinen Preis: 14 Stunden später schied die 25-Jährige im Einzelvorl­auf als 18. aus.

„Irgendwie war keine Power mehr da“, sagte Bruhn, „das Einschlafe­n ist mir schwergefa­llen.“Beim nichtolymp­ischen Staffelren­nen war sie noch fast vier Sekunden schneller gewesen und hatte mit Reva Foos, Jacob Heidtmann und Henning Mühlleitne­r, der zum Auftakt schon Bronze über 400 Meter Freistil gewonnen hatte, die deutlich höher eingeschät­zten Staffeln aus Russland und Großbritan­nien hinter sich gelassen.

„Auf den letzten Metern hatten alle Gänsehaut“, sagte Heidtmann, der gemeinsam mit Mühlleitne­r einen Tag später mit der Männer-Staffel über 4x200 Meter auf Platz vier das Podest verpassen sollte. Die Freude über den Sieg am Samstag trübte das aber kaum: „Wir haben als Team eine geile Leistung abgeliefer­t“, sagte Heidtmann: „Annika war hintenraus bärenstark.“„Ich wusste, dass sie eine Racerin ist und das Ding nach Hause bringt“, sagte Mühlleitne­r. Bruhn selbst meinte: „Wir waren alle krass.“

Den Goldmoment verpasst

Die 25-jährige Karlsruher­in hatte sich so sehr auf ihr direktes Duell mit der lange führenden Russin Viktoria Andrejewa konzentrie­rt, dass sie den Goldmoment verpasste: „Dass wir Erste waren, habe ich erst gemerkt, als die anderen draußen gejubelt haben.“

Bundestrai­ner Henning Lambertz schrie mit am lautesten auf der Tribüne, während des Rennens sprang er immer wieder auf und ab. „Es kribbelt natürlich überall im Körper“, sagte er, „man hat von der ersten Sekunde an gemerkt, dass die als Team rausgegang­en sind, dass die wollten, dass die heiß waren.“

Der Sieg war aber auch für Lambertz ein persönlich­er Triumph. Vor der EM hatte er unter dem Motto „Staffel-Attacke“die Normzeiten für die Quartette abgeschwäc­ht, damit der Deutsche Schwimm-Verband in möglichst allen EM-Endläufen am Start ist. Wegen der großflächi­gen TV-Berichters­tattung durch die Einbettung in die European Championsh­ips in Glasgow und Berlin wollte er diese Flanke nicht offen lassen. Und so sahen bis zu 1,38 Millionen Zuschauer in der ARD, wie Bruhn und Co. über sich hinauswuch­sen.

„So eine Goldmedail­le“, glaubt Annika Bruhn, „gibt allen anderen nochmal einen kleinen Schub und Hoffnung.“Auch Medaillenh­offnung Philip Heintz meinte: „Die Staffelleu­te haben einen überragend­en Job gemacht, so etwas überträgt sich natürlich.“

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