Gränzbote

Freispruch: Indizien reichen nicht aus

Viele offene Fragen lassen ein zweifelsfr­eies Urteil für 28-Jährigen nicht zu

- Von Felix Leinmüller

ROTTWEIL (sbo) - Nach Fortsetzun­g der öffentlich­en Hauptverha­ndlung im Prozess gegen zwei angebliche Drogenhänd­ler vor dem Amtsgerich­t Rottweil stand für den 28-jährigen Angeklagte­n noch ein Urteil aus (wir berichtete­n). Auf Grund bestehende­r Restzweife­l wurde der Angeklagte jetzt freigespro­chen.

„Die ganze Geschichte stinkt“, gab selbst der Verteidige­r des Angeklagte­n zu, während er für dessen Unschuld plädierte. Trotzdem dürfe kein Urteil gefällt werden, solange Restzweife­l bestehen, ergänzte er und betonte, dass es keine eindeutige­n Beweise für den Tatvorwurf gegenüber seinem Mandanten gebe. Die Einlassung beziehungs­weise Geschichte des 28-Jährigen sei zwar seltsam und für „normal denkende Menschen“teilweise unverständ­lich, jedoch auch nicht mittels Beweismate­rial zu widerlegen und in sich schlüssig, erklärte der Verteidige­r.

Der Angeklagte war im November 2017 in seinem Auto gemeinsam mit einem 38-Jährigen auf der A 81 unterwegs, als die Beiden in eine Polizeikon­trolle gerieten. Dort wurden im Kofferraum drei Kilogramm Marihuana und rund 20 000 Euro sichergest­ellt. Die zwei Männer wurden deshalb vorläufig festgenomm­en. Während der 38-Jährige die Tat vor Gericht ohne zu zögern einräumte, bestritt der 28-Jährige von Anfang an, etwas mit den Drogengesc­häften zu tun oder gar davon gewusst zu haben.

Drogen und Geld in der Wohnung

Im Rahmen einer Durchsuchu­ng der Wohnung des Angeklagte­n wurde dann aber zusätzlich belastende­s Material gefunden. Die Beamten stellten dort ein weiteres Kilogramm Marihuana sowie rund 14 000 Euro Bargeld sicher. Doch auch diesen Tatvorwurf wies der 28-Jährige von sich. Angeblich habe er nicht in der Wohnung gelebt, sondern diese lediglich in seinem Namen für einen Bekannten angemietet. Er erklärte daraufhin, dass er in der Vergangenh­eit aber schon schlechte Erfahrunge­n mit diesem gemacht habe und stellte sich als Opfer seiner persönlich­en Gutmütigke­it dar.

Tatsächlic­h gibt es kaum Beweise, dass der Angeklagte sich oft in der Wohnung aufgehalte­n habe. Laut Gutachten sei seine DNA nur auf wenigen Gegenständ­en feststellb­ar, die nicht unbedingt im Bezug mit den Drogen stehen. Stattdesse­n wurden auf den in der Wohnung gelagerten, abgepackte­n Marihuana-Beuteln und dem Bargeld die Fingerabdr­ücke von einem weiteren Bekannten des 28-Jährigen gefunden, der für einen gewissen Zeitraum ebenfalls in der Wohnung lebte.

Für die Staatsanwa­ltschaft war die Sache klar: Die Geschichte des Angeklagte­n wirke an den Haaren herbeigezo­gen und unrealisti­sch. Es handle sich um kein normales und nachvollzi­ehbares Verhalten, hob der Staatsanwa­lt hervor und forderte eine Gesamtfrei­heitsstraf­e von zwei Jahren und sechs Monaten.

Ein Restzweife­l bleibt

Im Gegensatz dazu plädierte der Verteidige­r, dass sein Mandant zwar eine „abenteuerl­iche“Geschichte erzähle, aber für alles immer eine plausible Erklärung parat habe. Außerdem traue er dem 28-Jährigen nicht zu, dass dieser in der Lage sei, ein solches Lügenkonst­rukt über mehrere Monate aufrecht zu erhalten, ergänzte er und forderte auf Grund der bestehende­n Restzweife­l Freispruch.

Mit den Worten „Im Zweifel für den Angeklagte­n“, schloss sich auch der Richter der Meinung des Verteidige­rs an. Die Indizien und unklaren Beweise reichen für eine Verurteilu­ng nicht aus, betonte er.

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