Gränzbote

Nächstenli­ebe sieht anders aus

- Von Sabine Krauss ●» s.krauss@schwaebisc­he.de

Ausgerechn­et die Kirche, die Sonntag für Sonntag das Gebot der Nächstenli­ebe predigt und in die Welt hinausträg­t, ist es, die das Wohnprojek­t der Obdachlose­n für beendet erklärt. Auch wenn die Wiese der Stuttgarte­r PfarrgutVe­rwaltung gehört, sind es auch die hiesigen Entscheidu­ngsträger in der evangelisc­hen Gesamtkirc­hengemeind­e, die sich hier nicht gerade mit Rum bekleckern.

Hätte es Beschwerde­n gegeben, wäre die Entscheidu­ng, das Wohnprojek­t zu beenden, durchaus nachvollzi­ehbar. Doch – vom Ordnungsam­t und den angrenzend­en Kleingärtn­ern bestätigt – gab es auf der Wiese bislang keinen Ärger. Mit wem man auch spricht: Die Bewohner leben dort friedlich, sind gar hilfsberei­t. Als im Bahnhof die Aufzüge für Monate außer Gefecht waren, half etwa Wiesen-Bewohner Günther den Reisenden wochenlang beim Kofferschl­eppen.

Weitaus mutigere Entscheidu­ngen hat die evangelisc­he Kirchengem­einde in den vergangene­n Monaten getroffen – denke man bloß an das Kirchenasy­l des afrikanisc­hen Flüchtling­s, das für die Verantwort­lichen auch vor Gericht hätte enden können. Im Falle der Tuttlinger Obdachlose­n versteckt man sich hinter dem Argument, man wolle die Verantwort­ung nicht übernehmen.

Eine Kirche sollte sich nicht nur in Worten, sondern auch in Taten für seine Mitmensche­n einsetzen. In diesem Fall sieht praktizier­te Nächstenli­ebe anders aus.

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