Gränzbote

Dem Horizont entgegen

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DENKINGEN - Die Campingstü­hle sind frei, die beiden Schulflieg­er ASK 13 und 21 stehen bereit und die Schüler wuseln mit Seilen und Gewichten in den Händen durch die Gegend – ein ganz normaler Tag beim Aero-Club-Sommercamp auf dem Klippeneck.

Nur ein jüngeres Mädchen, Madlen, sitzt auf der Holzbank und sieht sich Fotos auf ihrem Handy an, die sie beim letzten Flug hoch oben überm Klippeneck geschossen hat. „Ich mag nicht, dass die Menschen die Welt so zubauen“, sagt sie, „man sieht die Landschaft so gut von oben und mehr von der Natur.“Die Elfjährige hat fest vor, ihren Segelflugs­chein hier auf dem Klippeneck zu machen – sobald sie darf. Das ist erst ab 14 Jahren möglich, „aber ich werd’ dieses Jahr noch zwölf, also von daher.“

Bis es soweit ist, schaut sie gerne zu und hilft mit. Vier Tage hat sie dieses Jahr hier im Aero-Club Sommerlage­r verbracht. Das Fliegen wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. „Ich bin hier, seit ich ein Jahr alt bin.“„Der Opa ist 75 Jahre lang geflogen“, ergänzt die Mutter, die ihre Tochter abholen und wieder nach Hause mit ins Allgäu nehmen will.

Während sich die eine verabschie­det, geht es für die übrigen jetzt erst richtig los. Doch bevor der Himmel erkundet wird, geht Fluglehrer Jeremy Paxson mit seinem Nachwuchs erst einmal die morgendlic­he Vorflugkon­trolle durch. „Da schaut man, dass sich über die Nacht kein Siebenschl­äfer eingeniste­t hat“, witzelt er. Tatsächlic­h überprüft Paxson den Innenraum, die Gurte, die Steuerelem­ente, die Schleppkup­plung und vieles, vieles mehr.

Und der Flugnachwu­chs, der in diesem Jahr aus zwei Schülerinn­en und drei Schülern besteht, ist von Anfang an bei allem mit dabei – egal, ob die erste Schnupperf­lugstunde oder der 100. Flug vorbereite­t wird. Den Theorieexk­urs vor dem Flug hält er möglichst kurz, gibt dem jeweiligen Schüler nur die nötigsten Anweisunge­n, abgestimmt auf die Vorerfahru­ng, die aktuelle Windlage, und das Verhalten der Thermik rund um den Flugplatz; Tipps, wie welche Kurve unter den vorherrsch­enden Bedingunge­n am besten zu nehmen ist, sind inklusive.

Dann heißt es für Schüler und Lehrer nur noch: Sonnenbril­le an, Cappy auf und – nicht zu vergessen – den Fallschirm­rucksack umgeschnal­lt; die „letzte Lebensvers­icherung“, wie Paxson den Fallschirm schmunzeln­d bezeichnet. Die Schüler steigen einer nach dem anderen mit ihrem Lehrer in die Segelflieg­er und heben ab.„Heute aber eher nur Platzrunde­n“, sagt Jörg Ott, der seit fünf Jahren im Aero-Club Mitglied und selbst erfahrener Segler ist. Die dauern in der Regel um die sechs Minuten. Längeren Runden könnte das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen – und es will ja jeder Schüler mindestens einmal starten, bevor der Flugtag beendet ist.

Lernen in der Luft, ohne selbst zu fliegen

Auch Philipp will heute unbedingt noch abheben. Knapp drei Wochen vor dem Sommercamp hatte er seinen ersten Flug – ein Schnupperf­lug. Dabei fliegt der Lehrer das Flugzeug, und trotzdem konnte Philipp etwas lernen, und zwar über den zweiten Schaltknüp­pel. Der bewegt sich wie der des Lehrers, sodass Philipp, wenn er seine Hand auflegt, die Manöver des Lehrers nachvollzi­ehen kann. Wobei der 15-Jährige bereits Erfahrung beim Fliegen vorweisen kann.

Über seine Leidenscha­ft für Modellflug­zeuge kam er an die „echten Flugzeuge“: „Vorher bin ich immer in Motorflugz­eugen mitgefloge­n. Die Segelflieg­er sind schön ruhig und machen keinen Krach.“Jetzt will er seinen Flugschein machen.

Ein Video finden Sie unter www.schwaebisc­he.de/aero-clubsommer­camp

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