Gränzbote

CDU-Ministerpr­äsident Günther schielt auf die Linksparte­i

Landeschef von Schleswig-Holstein bringt neue Koalitions­varianten ins Spiel – Strobl: „völlig unmöglich“

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Empörung und Entsetzen, Unverständ­nis und Fassungslo­sigkeit – die Linke als Koalitions­partner der CDU? Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther hält das für kein Tabu mehr, fordert von seinen CDU-Kollegen einen pragmatisc­heren Umgang mit der Linksparte­i und das Ablegen der Scheuklapp­en. Die Reaktionen sind heftig. Für die Gedankensp­iele des 45-jährigen Senkrechts­tarters der Christdemo­kraten, der als einer der Hoffnungst­räger gilt, hagelt es Kritik. Günthers Empfehlung, vor allem in Ostdeutsch­land über Bündnisse mit der Linksparte­i nachzudenk­en, sorgt für Aufregung. CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r beeilte sich mit einer Klarstellu­ng und ging auf Distanz zu Günther: „Wir lehnen eine Zusammenar­beit mit Linken und AfD weiterhin klar ab. Es reicht nicht, wenn da der eine oder andere pragmatisc­he Kopf dabei ist“, schrieb sie im Nachrichte­ndienst Twitter.

Zwingen die Veränderun­gen der Parteienla­ndschaft dazu, über neue Bündnisse nachzudenk­en und Tabus zu brechen? Schließlic­h wird die Regierungs­bildung angesichts der Schwäche der Volksparte­ien und der Zuwächse kleiner Parteien immer schwierige­r. CDU-Ministerpr­äsident Günther jedenfalls sieht Handlungsb­edarf, stößt mit seinen Gedankensp­ielen aber weder in den eigenen Reihen noch bei den Linken auf Gegenliebe. „Wenn Wahlergebn­isse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsf­ähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisc­h sein“, forderte Günther am Wochenende in einem Interview. „Wenn da vernünftig­e Menschen in der Linksparte­i am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftig­en Lösungen zu suchen“, sagte der CDUPolitik­er und empfahl, „auf Scheuklapp­en zu verzichten“. Brandenbur­gs CDU-Chef Ingo Senftleben hatte sich zuletzt offen für Gespräche mit der Linksparti­e wie mit der AfD gezeigt. Ministerpr­äsident Günther zeigte Verständni­s dafür.

Strobl verspricht Widerstand

Pragmatism­us gegenüber der Linksparte­i frei von Scheuklapp­en bis hin zu Regierungs­koalitione­n – da laufen andere CDU-Spitzenpol­itiker Sturm. „Mit Extremiste­n von links oder rechts koalieren, kooperiere­n oder kollaborie­ren Christdemo­kraten nicht“, erklärte der stellvertr­etende CDU-Bundesvors­itzende und Baden-Württember­gische Innenminis­ter Thomas Strobl gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Das zu tun, wäre übrigens nicht pragmatisc­h, sondern es ist völlig unmöglich – darüber ist sich die Spitze der CDU Deutschlan­ds einig.“Er werde sehr dafür eintreten, „dass wir als Christlich­e Demokraten exakt dabei bleiben“, so Strobl. „Das hat etwas mit unserer Geschichte, mit unseren Werten, mit unserem politische­n Koordinate­nkreuz, mit unserem uneingesch­ränkten Eintreten für unsere Demokratie zu tun“, sagte er. Er werde das Thema auch bei der nächsten Sitzung des CDU-Präsidiums am 20. August ansprechen, kündigte er an.

Kopfschütt­eln auch bei SPD, FDP und CSU: Früher habe die CDU eine Rote-Socken-Kampagne gegen die SPD geführt und vor eine Regierungs­beteiligun­g der Linken gewarnt, „heute aus purem Machterhal­t inhaltlich­e Beliebigke­it bis zum Abwinken“, twittere SPD-Vizechef Ralf Stegner. „Wenn die Partei von Adenauer und Kohl mit der Partei des ‚demokratis­chen Sozialismu­s‘ koaliert, verliert sie ihre Seele“, warnte FDP-Chef Christian Lindner. Der CSU-Politiker und Bundestags­vizepräsid­ent Hans-Peter Friedrich reagierte mit klarer Ablehnung auf die Aussagen Günthers: „Teile der CDU scheinen völlig die politische Orientieru­ng zu verlieren“, twitterte er.

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FOTO: DPA Daniel Günther (CDU).

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