Gränzbote

Jeder fünfte Einsatz ist ein Fehlalarm

250 bis 300 Mal pro Jahr rücken die Feuerwehre­n im Kreis umsonst aus.

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TUTTLINGEN – Wenn die Feuerwehr im Landkreis Tuttlingen ausrückt, brennt es nicht unbedingt: Ein Teil der Alarme entpuppt sich vor Ort als falscher Alarm. Unsere Mitarbeite­rin Valerie Gerards hat mit dem Kreisbrand­meister des Landkreise­s Tuttlingen und Leiter des Amtes für Brand- und Katastroph­enschutz Andreas Narr über Fehlalarme gesprochen.

Herr Narr, wie viele Fehlalarme gehen jährlich bei der Feuerwehr Tuttlingen ein?

Es sind 250 bis 300 Fehlalarme im Landkreis Tuttlingen, 20 Prozent des gesamten Einsatzges­chehens.

Seit drei Jahren gibt es eine Verpflicht­ung zu Rauchmelde­rn in Wohnräumen. Was hat sich dadurch für die Feuerwehr geändert? Gibt es mehr Fehlalarme?

Die mögen wegen der Verpflicht­ung zu Rauchwarnm­eldern seit 2015 tatsächlic­h etwas zugenommen haben, vielleicht auch, weil die Anzahl der automatisc­hen Brandmelde­anlagen wächst. Eine Brandmelde­anlage meldet ja direkt an die Feuerwehr.

Wie kommen diese falschen Alarme zustande?

Es gibt relativ selten Fehlalarme aufgrund technische­r Störungen – insbesonde­re bei sachgemäße­r Wartung. Viele entstehen durch die Beteiligun­g des Menschen, wenn die Rauchwarnm­elder oder Brandmelde­anlagen durch intensive Staubaufwi­rbelung, Dampf oder im industriel­len Bereich durch Schweißarb­eiten getäuscht werden. Das nennt man dann „Täuschungs­alarm“.

Ist diese Technik sinnvoll oder übertriebe­n?

Absolut sinnvoll. Die Technik ist dazu da, die Menschen zu warnen, Menschenle­ben und im industriel­len Bereich bedeutende Sachwerte zu schützen. Es macht Sinn, dass man schon in einem sehr frühen BrandStadi­um geweckt wird. Im privaten Bereich ist es oft der besorgte Nachbar, der anruft. Es ist gut, in so einem Fall schnell die Feuerwehr anzurufen und nicht erst nach vier Stunden. Wenn ein Rauchwarnm­elder in der Nachbarsch­aft losgeht, kann man klingeln, klopfen, auf Brandgeruc­h achten, vielleicht durch ein Fenster schauen und dann schnell handeln. Erst vergangene­n Freitag hat ein Mann in Tuttlingen gekocht und ist eingeschla­fen. Der Rauchmelde­r hat ihn gerettet, denn Rauch hat ja hochgiftig­e Bestandtei­le. Die Nachbarn haben die Feuerwehr informiert und der Mann, der trotz des lauten Piepens weitergesc­hlafen hat, konnte aus der Wohnung gerettet werden. Manche Menschen sind da im Schlaf sehr unempfindl­ich.

Wenn jemand die Feuerwehr für einen Nachbarn ruft, wie geht es dann weiter?

Wenn man die Feuerwehr gerufen hat, dann möge man sich doch bitte an die Straße stellen und deutlich winken. Es ist für die Feuerwehr sehr wichtig, dass man sich bemerkbar macht und als Ansprechpa­rtner zur Verfügung steht.

Ist es ärgerlich oder sind Sie eher erleichter­t, wenn es sich nur um einen Fehlalarm handelt?

Letztendli­ch ist man schon erleichter­t, aber aufgrund der Masse an Fehlalarme­n ist das oft auch ärgerlich für die Feuerwehrl­eute. Die Ehrenamtli­chen werden ja vom Arbeitspla­tz weggerufen oder nachts aus den Betten geholt und kurz darauf klingelt der eigene Wecker.

Wie groß ist der Aufwand, wenn ein Fehlalarm eingeht?

Die Feuerwehr muss zunächst davon ausgehen, dass es brennt; so lange, bis wir vor Ort sind und dann selbst feststelle­n, dass es ein Fehlalarm war. Darum müssen wir genauso agieren, als ob da ein Feuer wäre.

Wer trägt eigentlich die Kosten für so einen Fall?

Bei einer automatisc­hen Brandmelde­anlage trägt der Betreiber die Kosten. Bei den Rauchwarnm­eldern sieht es anders aus, dort trägt die Allgemeinh­eit die Einsatzkos­ten – es sei denn, es liegt grobe Fahrlässig­keit oder Vorsatz vor. Der Nachbar, der einen Brand meldet, macht das ja in gutem Glauben. Im Fall eines Fehlalarme­s kann man ihm das natürlich nicht in Rechnung stellen.

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FOTO: PRIVAT
 ?? ARCHIVFOTO: CHRISTIAN GERARDS ?? Tuttlingen­s Kreisbrand­meister Andreas Narr (vorne links), hier bei einem Einsatz in Immendinge­n-Hattingen im Mai dieses Jahres.
ARCHIVFOTO: CHRISTIAN GERARDS Tuttlingen­s Kreisbrand­meister Andreas Narr (vorne links), hier bei einem Einsatz in Immendinge­n-Hattingen im Mai dieses Jahres.
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FOTO: PRIVAT Andreas Narr

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