Durch Bruder Otto kehrt Leben ein
Eremit lebt seit einem Jahr in der Einsiedelei der Annakapelle in Fridingen
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FRIDINGEN – Seit einem Jahr ist die Einsiedelei der Sankt Annakapelle in Fridingen wieder mit Leben gefüllt. Bruder Otto hat dort sein neues Zuhause gefunden und sich schnell an die einfachen Lebensumstände gewöhnt.
Nachdem vor rund zwei Jahren unsere Zeitung auf die leerstehende und frisch renovierte Einsiedelei aufmerksam machte, ist es letztlich Bruder Otto, der sich in den vier Wänden des spartanischen Wohnens seit einem Jahr richtig wohl fühlt.
Er reiste unter anderem von Freiburg nach Japan, um dort als Mönch in einem Kloster zu leben. Nach drei Jahren kehrte er nach Deutschland zurück, machte an verschiedenen Orten „Kloster auf Zeit“. Er entschied sich für das Leben der Franziskaner und absolvierte das Postulat und Noviziat. Aber: „Ich habe gemerkt, dass es doch nicht so meins war, gerade mit dem Denken und dem Gehorsam. Ich sollte noch Metzger lernen für die dortige Gemeinschaft, komme aber aus dem grafischen Gewerbe. Das hat nicht gepasst“, sagt Bruder Otto, der schließlich die Franziskaner verließ. Letztlich wurde er über die Diözese Augsburg auf die Eremiten aufmerksam. Dort fühle er sich aufgenommen, unterstützt und gehört seit rund zwei Jahren offiziell der Klausnervereinigung zum Frauenbründl an. Dort bin ich der Zweitoberste“, betont der Gläubige, der nach den Grundsätzen in eheloser Keuschheit, Gehorsam und in Armut lebt.
Vom Franziskaner-Mönch zum Eremit
Ein Franziskaner-Bruder von der Diözese Rottenburg-Stuttgart machte den Eremit auf die Einsiedelei in Fridingen aufmerksam. Beim Sankt Annafest im vergangenen Jahr schaute er sich die Kapelle mitsamt der Einsiedelei an und wohnte für zwei Tage auf Probe in den Räumen. „Ich habe mich in diesen Tagen in die Annakapelle verliebt und für mich beschlossen, dass ich hier bleiben will“, erzählt er mit freudestrahlendem Gesicht.
Sein erster Gedanke zur Einsiedelei: „Ist die schön renoviert. So viel Liebe und Herzblut, die hier drinstecken, ist toll. Ich fühle mich sehr wohl hier“. Er als Eremit war bereits ein sehr einfaches Leben gewohnt. Deshalb sei es für ihn keine große Umstellung gewesen, in den beengten Räumen zurechtzukommen. „Ich habe mich sehr schnell eingelebt. Für mich war alles sehr vertraut“, sagt der Weltmensch, der aus dem Schwarzwald stammt.
Dennoch erlebte er nicht alltägliche Dinge in seinen neuen Räumlichkeiten, vor allem in seinem ersten Winter in Fridingen. „Mir ist im Winter schon der Bart eingefroren und die Kaffeemaschine, teilweise war es auch bitterkalt“, gibt er zu. Und das ist nicht alles: „In der Kapelle selbst habe ich schon zwei Überschwemmungen mitgemacht“, berichtet der Gläubige, der es auch vor Kurzem mit der extremen Hitze zu tun bekam. Zusätzliche Außenfenster sollen künftig vor diesen Wetterkapriolen Abhilfe schaffen.
Trotz der beengten Wohnverhältnisse hält Bruder Otto für Gäste im unteren Stock ein Übernachtungszimmer bereit. Eine voll funktionsfähige Küche und ein neues Bad fand er bereits vor, genauso ist die Stube mit einem Holzofen bestückt. Ein Computer mit dem nötigen Zubehör sei ihm für die Kommunikation wichtig gewesen, gerade auch wegen dem Verfassen, Ausdrucken und Verschicken von Pfarrbriefen. Ein Satellitenanschluss sowie einen Fernseher hat er außerdem nachgerüstet.
Langweilig wird es dem Geistlichen in seinem neuen Zuhause nicht. Seine Aufgaben sind vielfältig. Die Sankt Annakapelle hält er in Schuss. Er kehrt sie durch, öffnet die Kapelle täglich, Besucher haben die Möglichkeit, Opferkerzen anzuzünden und mehrere Accessoires zu kaufen. Er pflegt zudem den Garten und das Grün um die Kapelle und schenkt damit der Kapelle neues Leben. „Viele Menschen besuchen mich, um mit mir zu reden, gerade in Bezug auf Sterbebegleitung“, sagt der Minimalist, der damit als Ansprechpartner oder Bezugsperson fungiert und ohnehin als ehrenamtlicher Sterbebegleiter stark aktiv ist.
Bruder Otto pflegt hilfsbedürftige Menschen
Von seiner absolvierten Umschulung zum Altenpfleger profitiert nicht nur er, sondern derzeit der gesamte Heuberg: Als „ganz tolle Arbeit und für mich eine Gottesfügung“bezeichnet er seine Tätigkeit beim Pflegedienst Stehle in Renquishausen. Er fährt die gesamten Gemeinden auf dem Heuberg ab und besucht pflege- und hilfsbedürftige ältere Menschen in ihrem Zuhause. Im Rahmen dieses Pflegedienstes betreut und unterhält er auch eine Gruppe, die sich am Dienstagnachmittag für mehrere Stunden im Renquishausener Bürgerhaus trifft, damit die pflegenden Angehörigen in dieser Zeit entlastet werden. Deswegen kenne er die Menschen auf dem Heuberg besser, als in Fridingen.
Für seine Gebete und die nötige Ruhe findet der Christ dennoch genügend Zeit. „Ich setze mich auch einfach mal hin, komme zur Ruhe und meditiere“, erzählte Bruder Otto, der sich im Donautal sehr wohl fühle. Mehrmals laufe er im Monat morgens um vier Uhr nach Beuron zur Morgenmesse und zurück.
Auf die Frage, wie lange er in der Einsiedelei wohnen bleibt, findet er eine ganz einfache Antwort: „Als Eremit bleibt man so lange dort wohnen, bis man rausgetragen wird“.
Jüngst stattete ihm ein Filmteam im Auftrag der ARD einen Besuch in Fridingen ab. Der Beitrag mit und über Bruder Otto läuft am Donnerstag, 29. November 2018, im Ersten Deutschen Fernsehen.