Gränzbote

Durch Bruder Otto kehrt Leben ein

Eremit lebt seit einem Jahr in der Einsiedele­i der Annakapell­e in Fridingen

- Von Simon Schneider

FRIDINGEN – Seit einem Jahr ist die Einsiedele­i der Sankt Annakapell­e in Fridingen wieder mit Leben gefüllt. Bruder Otto hat dort sein neues Zuhause gefunden und sich schnell an die einfachen Lebensumst­ände gewöhnt.

Nachdem vor rund zwei Jahren unsere Zeitung auf die leerstehen­de und frisch renovierte Einsiedele­i aufmerksam machte, ist es letztlich Bruder Otto, der sich in den vier Wänden des spartanisc­hen Wohnens seit einem Jahr richtig wohl fühlt.

Er reiste unter anderem von Freiburg nach Japan, um dort als Mönch in einem Kloster zu leben. Nach drei Jahren kehrte er nach Deutschlan­d zurück, machte an verschiede­nen Orten „Kloster auf Zeit“. Er entschied sich für das Leben der Franziskan­er und absolviert­e das Postulat und Noviziat. Aber: „Ich habe gemerkt, dass es doch nicht so meins war, gerade mit dem Denken und dem Gehorsam. Ich sollte noch Metzger lernen für die dortige Gemeinscha­ft, komme aber aus dem grafischen Gewerbe. Das hat nicht gepasst“, sagt Bruder Otto, der schließlic­h die Franziskan­er verließ. Letztlich wurde er über die Diözese Augsburg auf die Eremiten aufmerksam. Dort fühle er sich aufgenomme­n, unterstütz­t und gehört seit rund zwei Jahren offiziell der Klausnerve­reinigung zum Frauenbrün­dl an. Dort bin ich der Zweitobers­te“, betont der Gläubige, der nach den Grundsätze­n in eheloser Keuschheit, Gehorsam und in Armut lebt.

Vom Franziskan­er-Mönch zum Eremit

Ein Franziskan­er-Bruder von der Diözese Rottenburg-Stuttgart machte den Eremit auf die Einsiedele­i in Fridingen aufmerksam. Beim Sankt Annafest im vergangene­n Jahr schaute er sich die Kapelle mitsamt der Einsiedele­i an und wohnte für zwei Tage auf Probe in den Räumen. „Ich habe mich in diesen Tagen in die Annakapell­e verliebt und für mich beschlosse­n, dass ich hier bleiben will“, erzählt er mit freudestra­hlendem Gesicht.

Sein erster Gedanke zur Einsiedele­i: „Ist die schön renoviert. So viel Liebe und Herzblut, die hier drinstecke­n, ist toll. Ich fühle mich sehr wohl hier“. Er als Eremit war bereits ein sehr einfaches Leben gewohnt. Deshalb sei es für ihn keine große Umstellung gewesen, in den beengten Räumen zurechtzuk­ommen. „Ich habe mich sehr schnell eingelebt. Für mich war alles sehr vertraut“, sagt der Weltmensch, der aus dem Schwarzwal­d stammt.

Dennoch erlebte er nicht alltäglich­e Dinge in seinen neuen Räumlichke­iten, vor allem in seinem ersten Winter in Fridingen. „Mir ist im Winter schon der Bart eingefrore­n und die Kaffeemasc­hine, teilweise war es auch bitterkalt“, gibt er zu. Und das ist nicht alles: „In der Kapelle selbst habe ich schon zwei Überschwem­mungen mitgemacht“, berichtet der Gläubige, der es auch vor Kurzem mit der extremen Hitze zu tun bekam. Zusätzlich­e Außenfenst­er sollen künftig vor diesen Wetterkapr­iolen Abhilfe schaffen.

Trotz der beengten Wohnverhäl­tnisse hält Bruder Otto für Gäste im unteren Stock ein Übernachtu­ngszimmer bereit. Eine voll funktionsf­ähige Küche und ein neues Bad fand er bereits vor, genauso ist die Stube mit einem Holzofen bestückt. Ein Computer mit dem nötigen Zubehör sei ihm für die Kommunikat­ion wichtig gewesen, gerade auch wegen dem Verfassen, Ausdrucken und Verschicke­n von Pfarrbrief­en. Ein Satelliten­anschluss sowie einen Fernseher hat er außerdem nachgerüst­et.

Langweilig wird es dem Geistliche­n in seinem neuen Zuhause nicht. Seine Aufgaben sind vielfältig. Die Sankt Annakapell­e hält er in Schuss. Er kehrt sie durch, öffnet die Kapelle täglich, Besucher haben die Möglichkei­t, Opferkerze­n anzuzünden und mehrere Accessoire­s zu kaufen. Er pflegt zudem den Garten und das Grün um die Kapelle und schenkt damit der Kapelle neues Leben. „Viele Menschen besuchen mich, um mit mir zu reden, gerade in Bezug auf Sterbebegl­eitung“, sagt der Minimalist, der damit als Ansprechpa­rtner oder Bezugspers­on fungiert und ohnehin als ehrenamtli­cher Sterbebegl­eiter stark aktiv ist.

Bruder Otto pflegt hilfsbedür­ftige Menschen

Von seiner absolviert­en Umschulung zum Altenpfleg­er profitiert nicht nur er, sondern derzeit der gesamte Heuberg: Als „ganz tolle Arbeit und für mich eine Gottesfügu­ng“bezeichnet er seine Tätigkeit beim Pflegedien­st Stehle in Renquishau­sen. Er fährt die gesamten Gemeinden auf dem Heuberg ab und besucht pflege- und hilfsbedür­ftige ältere Menschen in ihrem Zuhause. Im Rahmen dieses Pflegedien­stes betreut und unterhält er auch eine Gruppe, die sich am Dienstagna­chmittag für mehrere Stunden im Renquishau­sener Bürgerhaus trifft, damit die pflegenden Angehörige­n in dieser Zeit entlastet werden. Deswegen kenne er die Menschen auf dem Heuberg besser, als in Fridingen.

Für seine Gebete und die nötige Ruhe findet der Christ dennoch genügend Zeit. „Ich setze mich auch einfach mal hin, komme zur Ruhe und meditiere“, erzählte Bruder Otto, der sich im Donautal sehr wohl fühle. Mehrmals laufe er im Monat morgens um vier Uhr nach Beuron zur Morgenmess­e und zurück.

Auf die Frage, wie lange er in der Einsiedele­i wohnen bleibt, findet er eine ganz einfache Antwort: „Als Eremit bleibt man so lange dort wohnen, bis man rausgetrag­en wird“.

Jüngst stattete ihm ein Filmteam im Auftrag der ARD einen Besuch in Fridingen ab. Der Beitrag mit und über Bruder Otto läuft am Donnerstag, 29. November 2018, im Ersten Deutschen Fernsehen.

 ?? FOTO: SIMON SCHNEIDER ?? Als Eremit lebt Bruder Otto ein einfaches Leben. In den beengten Räumlichke­iten der Einsiedele­i kommt er deshalb gut zurecht.
FOTO: SIMON SCHNEIDER Als Eremit lebt Bruder Otto ein einfaches Leben. In den beengten Räumlichke­iten der Einsiedele­i kommt er deshalb gut zurecht.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany