Sessel-Einbau bedeutet Millimeterarbeit
Spezialfirma aus Berlin installiert neue Polstermöbel im Theater am Ring
● VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Millimeterarbeit ist angesagt. Reinhard Graßmel und seine Söhne Florian und Matthias Graßmel vermessen den Boden im Villinger Theater am Ring mit Laser und Maßstab, markieren alle 60 Zentimeter einen Punkt: Sie bereiten den Einbau der neuen Polstersessel vor.
Das Familienteam der Graßmel Bestuhlungen GmbH ist am Montag mit einem 30-Tonner aus Berlin angereist, an Bord die roten Sessel samt der Seitenteile aus Holz und der Metallelemente für die Befestigung auf dem Boden. Seit Dienstag sind die drei nun im Theater, haben den Lastwagen entladen und treffen Vorbereitungen für die Montage.
Bereits im Juni waren sie in Villingen, um die alte Bestuhlung auszubauen. Die Aktion des Amts für Kultur, die ausgedienten Stühle zu verschenken, war gut angekommen. An die 80 Prozent der blauen Sessel hätten neue Besitzer gefunden, erzählt Christiane Rapp, beim Kulturamt zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. Es sei zwar möglich gewesen, die bereits ein Mal aufgearbeitete, fast 50 Jahre alte Bestuhlung nochmals auf Vordermann zu bringen, doch da gehe es auch um die Frage von Kosten und Nutzen, stellt sie fest – und des Komforts. Sitzen die Zuschauer doch bald höher und haben mehr Beinfreiheit als bisher. Dies ist durch einen größeren Reihenabstand möglich, so dass 200 Plätze wegfallen. 684 Sitze stehen künftig zur Verfügung.
Nach dem Ausprobieren einiger Modelle habe sich das Kulturamt schließlich für die dunkelroten Sessel entschieden, erklärt Christiane Rapp. Noch stehen sie in Einzelteile verpackt auf der Bühne.
Vier Wochen setzt Reinhard Graßmel für die Montage an. Der Tischlermeister widmet sich mit seinen Söhnen seit zwölf Jahren der Großraumbestuhlung und ist international gefragt, ob in Deutschland, Holland oder Schweden. Die vergangenen drei Jahre sei er auch immer wieder über Monate in der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh im Einsatz gewesen und habe das Nationaltheater und die Konzerthalle mit insgesamt 3200 Plätzen ausgestattet. Da scheint der Auftrag in der Doppelstadt doch eher überschaubar. Aber nicht weniger anspruchsvoll.
Denn am Ende müsse alles sitzen, die Stuhlreihen in Reih und Glied ohne Abweichungen stehen, erläutert er. So arbeiten sich die drei minutiös Stück um Stück vor, um zunächst auf dem Balkon die Sitze zu installieren. Jeweils nach 60 Zentimetern gilt es, ein Loch für die Unterkonstruktion zu bohren, schildert Geschäftsführer Matthias Graßmel den Ablauf. Den Metallfuß festgeschraubt, heiße es dann, das Seitenteil aus Holz zu fixieren. Erst im letzten Schritt gehe es an das Einfügen des Sessels samt Rückenlehne.
Pünktlich zur Eröffnung der Spielzeit am Freitag, 28. September, mit dem Auftritt des Bayerischen Junior Balletts München sollen die Polstermöbel eingebaut sein, eine Woche Puffer sei eingerechnet, gibt Matthias Graßmel den Zeitplan vor. Ab der neuen Saison sei der Saal auch barrierefrei zugänglich und verfüge über Plätze für Rollstuhlfahrer, nennt er einen weiteren Vorteil der neuen Bestuhlung.
Um den lang gehegten Wunsch der Besucher zu erfüllen, hatte der Gemeinderat im Frühjahr die erforderlichen Mittel in Höhe von 325 000 Euro im Haushalt bereitgestellt. Der Freundeskreis Kultur VillingenSchwenningen trägt über Stuhlpatenschaften zur Finanzierung bei und hat bereits zahlreiche Unterstützer gewonnen. Noch sei es möglich, sich in das Projekt einzubringen, werben Christiane Rapp und Matthias Graßmel um weitere Sponsoren. Sicher sind sie sich, dass die Besucher die bequemen Polstersessel zu schätzen wissen.