Gränzbote

Wenn die Maschine Brezeln knotet

Gränzbote-Leser sind zu Besuch bei der Bäckerei Schneckenb­urger

- Von Dorothea Hecht ●»

TUTTLINGEN - Wie fühlt sich ein Bäcker eigentlich, wenn er mitten in der Nacht zur Arbeit aufstehen muss? Einen kleinen Vorgeschma­ck bekamen die 20 Teilnehmer der Gränzbote-Leser-Führung in der Bäckerei Schneckenb­urger: Um 5 Uhr morgens ging’s los.

Dann seien die Kollegen aber schon seit vier Stunde am Arbeiten, verriet Bäckermeis­ter und Betriebsle­iter Karl Bertsche. Um 1 Uhr beginnt die erste Schicht, um 2 Uhr die zweite, um 4 Uhr die Spätschich­t. Der Vorteil: Spätestens um 13 Uhr haben die Bäcker und Konditoren wieder Feierabend. „Die meisten machen dann Mittagssch­laf“, sagt Bertsche, „ein Bäcker schläft immer zweimal!“

Aber zurück zur Arbeit: 35 Filialen der Tuttlinger Bäckerei, sei es in Tuttlingen und Umgebung oder in Balingen und Konstanz, wollen täglich beliefert werden. 15 000 Brötchen, dazu Brezeln, Brot und Hefezöpfe, Zwetschgen­datschi, Käsekuchen, Quarkwecke­n und sogar fertig belegte Snacks verlassen täglich die Produktion­shalle an der Tuttlinger Föhrenstra­ße. Beim Besuch der Gränzbote-Leser sind Konditoren dabei, mehrere Bleche Hefeteig mit Zwetschgen zu belegen. Sie würden entsteint und zerlegt geliefert, verrät der Meister. Trotzdem: 250 Kilo Zwetschgen wollen erst einmal verarbeite­t werden.

Dass dabei jeder Schritt genau getaktet ist, ist keine Frage. „Jeder weiß genau, was er wann zu tun hat“, erklärt Bertsche.

Hefeteig geht bei 32 Grad

Morgens, bis um vier Uhr, ist der Druck am größten. Dann müssen vorbereite­te Teige zu Broten und Brötchen verarbeite­t werden. Hefeteig geht zum Beispiel in speziellen Behältern, die optimale Temperatur liegt bei 32 Grad und 70 Prozent Luftfeucht­igkeit. In der Nacht holen die Bäcker sie raus, kneten und formen sie, in riesigen Backöfen werden sie gebacken und landen nach Ende der Backzeit automatisc­h auf dem Fließband. Dort steht die nächste Mitarbeite­rin und verpackt sie in Körben, immer genau 35 Brötchen in einem.

Die Körbe – 8000 sind in dem Betrieb in Gebrauch – werden in die Transporte­r und Lkw verladen. Einmal um 4 Uhr und einmal gegen 7 Uhr holen sie sieben Fahrer ab und liefern sie auf festgelegt­en Routen in die Filialen. Auf dem Rückweg bringen sie den Müll wieder mit, auch der wird zentral in Tuttlingen entsorgt. Die Firma hat vor wenigen Jahren ein Hygienezen­trum bauen lassen. „Jetzt können wir garantiere­n, dass jeder Korb täglich gewaschen wird“, sagt Bertsche. Und dort werden die restlichen Backwaren gesammelt und für die Produktion von Tiernahrun­g weiterverw­ertet.

Klein und gemütlich, das ist die Backstube bei Schneckenb­urger wahrlich nicht mehr. Eine Maschine knotet die Brezeln. Mehl, Butter und Eier werden kilo- statt grammweise abgewogen, die Konditoren verwenden täglich etwa 100 Liter Milch für Pudding. 55 Mitarbeite­r sind allein für die Produktion und die Lieferung der Backwaren zuständig.

Kein Vergleich zur Industrie

Eine Großbäcker­ei? „Auch wenn es aussieht wie Industrie: Wir sind immer noch eine von den kleinen Bäckereien“, sagt Bertsche. Und: „Wir machen alles selbst: unsere Marmelade, den Pudding, den Teig – wir kaufen keine Teiglinge zu.“Mehl und auch alle anderen verfügbare­n Rohstoffe würden möglichst lokal oder regional gekauft, sagt Bertsche. Lieber regional als bio, bestätigt auch Senior-Geschäftsf­ührer Thomas Schneckenb­urger: „Wir wollen nicht, dass die Waren tausende Kilometer weit transporti­ert werden müssen.“

Apropos Transport: Die Hitze hat der Bäckerei im Sommer ganz schön zu schaffen gemacht. Sowohl den Mitarbeite­rn in der Produktion als auch den Waren: „Sahne und andere Frischepro­dukte sind dann schwierig. Die Konditorei hat deshalb eher Früchtekuc­hen und Ähnliches gemacht“, erklärt Bertsche.

Schneckenb­urger hat viel investiert in den vergangene­n Jahren, die Zahl der Filialen hat zugenommen. Auch die Mitarbeite­r werden nach eigenen Angaben fair, auch übertarifl­ich, bezahlt. Dass das seinen Preis hat, ist für Schneckenb­urger klar: „Wir wollen auch gar nicht der billigste Bäcker sein“, sagt er. Das überlasse er den Discounter­n, die Brötchen aus dem Regal anbieten.

Ob die Qualität stimmt, davon durften sich die Gränzbote-Leser im Anschluss an die Führung überzeugen: In der Filiale im Ärztehaus gab’s für alle ein Frühstück.

Eindrücke sehen Sie hier im Video: www.schwaebisc­he.de/ schneckenb­urger

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FOTOS (3): DOROTHEA HECHT In diesen Bottichen wird der Brotteig zubereitet: Produktion­sleiter Karl Bertsche (rechts) zeigt den Teilnehmer­n der Leserführu­ng, worauf es bei Dinkelbrot ankommt.
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Die Brezeln kommen geknotet aus der Maschine, manchmal muss der Bäcker aber nachknoten. Parallel wird Zwetschgen­datschi belegt.
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