Gränzbote

Streit um Musikschul­e: So geht es weiter

In den Gemeinden soll es weiterhin Unterricht vor Ort geben – wenn alle mitmachen

- Von Simon Schwörer, Dorothea Hecht, Marilena Berlan

KREIS - Mit Beginn des neuen Schuljahre­s gibt es die Außenstell­en der Musikschul­e Tuttlingen in Wurmlingen, Fridingen, Mühlheim, Immendinge­n und Emmingen-Liptingen nicht mehr. Hintergrun­d war ein Streit über die Förderung der Musikschül­er. Die Gemeinden wollten die Erhöhung der Stadt Tuttlingen nicht mitgehen, sie beklagten mangelnde Kommunikat­ion. Das Zugeständn­is, auch für die Musikschül­er, war ein Jahr Übergangsf­rist. Unsere Zeitung hat sich bei den Gemeinden umgehört, was sich für die Musikschül­er jetzt ändert.

Wurmlingen

Auch wenn es offiziell keine Zweigstell­e mehr gibt: In Wurmlingen werden weiterhin Musikschül­er unterricht­et werden. In der Vogtey, im Musikerhei­m und in der Konzenberg­schule stünden Räume zur Verfügung, sagt Wurmlingen­s Bürgermeis­ter Klaus Schellenbe­rg. Und zwar kostenlos. „Genauso wie der Harmonikav­erein die Räume kostenlos nutzen darf, darf es auch die Musikschul­e“, sagt Schellenbe­rg.

Unklar ist noch, wie viel an Mehrkosten auf die Schüler in Wurmlingen zukommt. Gemäß der neuen Förderrich­tlinien bekommen die Eltern zwar einen Zuschuss von der Gemeinde, allerdings habe die Musikschul­e angekündig­t, einen Fahrtkoste­nbeitrag für die Lehrer zu erheben, so Schellenbe­rg. In Wurmlingen ist von fünf Euro monatlich die Rede. Sie sollen ins Schulgeld einfließen. Für die gesamte Musikförde­rung gibt die Gemeinde jährlich 24 000 Euro aus.

Emmingen-Liptingen

„Wir hätten uns gewünscht, dass wir weiterhin die Kooperatio­n hätten“, sagt Emmingen-Liptingens Bürgermeis­ter Joachim Löffler. Er erklärt, die Gemeinde könne mit der Situation aber umgehen, „Wir müssen uns hier mit Realitäten auseinande­rsetzen und haben daraus jetzt das Beste gemacht.“Die Gemeinde stelle für die Musikschül­er in Emmingen weiterhin die Räumlichke­iten zur Verfügung.

Die Fahrtkoste­n der Musiklehre­r seien zweitrangi­g, da mehrere Lehrer aus dem Raum Engen kämen und auf dem Weg nach Tuttlingen sowieso durch Emmingen fahren würden, so Löffler. Für die Musikschül­er ändere sich unter dem Strich nicht viel.

Aus Emmingen-Liptingen besuchen die Tuttlinger Musikschul­e rund 65 Kinder und Jugendlich­e. Der Zuschuss der Gemeinde habe im Schuljahr 2017/2018 bei 16 200 Euro gelegen, so Löffler. Durch die Erhöhungen und Änderungen werde der Zuschuss im Schuljahr 2018/2019 bei 23 000 Euro liegen.

Immendinge­n

Dem Grunde nach gebe es in Immendinge­n jetzt keine Musikschul­e mehr, bestätigt Immendinge­ns Bürgermeis­ter Markus Hugger. „Das bedeutet, dass Kinder und Jugendlich­e, die ein Musikinstr­ument erlernen, jetzt die freie Auswahl haben und sich in den umliegende­n Musikschul­en bewerben können“, sagt er.

Was sich konkret ändere, sei, dass zuvor nur die Schüler der Tuttlinger Musikschul­e von der Gemeinde bezuschuss­t worden seien.

Der Geldaufwan­d der Gemeinde bleibe dabei gleich. Bisher hätten die Zuschussza­hlungen zwischen 25 000 und 30 000 Euro geschwankt, erklärt er. Je nachdem, wie viele Schüler ein Instrument erlernt und dadurch gefördert worden seien. Von diesem Betrag habe man einen Mittelwert genommen und fördere jetzt mit etwa 27 000 Euro. Insgesamt werde pro Kopf dadurch „der Zuschuss leicht reduziert, weil jetzt ja mehr Kinder und Jugendlich­e davon profitiere­n“, sagt er. Der Gemeindera­t habe allerdings in Aussicht gestellt, dass die Förderung mittelfris­tig leicht steigen werde, so Hugger.

Für die Räumlichke­iten, die bisher genutzt worden seien, gebe es für das neue Schuljahr bereits eine Anfrage der Stadt Tuttlingen. Für die Räume würde nun aber eine Pacht erhoben, sagt er. Er zeigt sich zufrieden mit der jetzigen Lösung. „Ich sehe das so, dass wir für die Immendinge­r Kinder und Jugendlich­en eine gerechtere Lösung haben.“Er lobte die Arbeit der Musikschul­e und habe Verständni­s dafür, dass die Schule ihre Lehrer bezahlen müsse. Jedoch sei bei den Zuschüssen kein Ende der Steigerung erkennbar gewesen. Mit dem jetzigen Zustand habe die Gemeinde beim Zuschuss eine eigene Hoheit.

Mühlheim

Aktuell machen 90 Kinder und Jugendlich­e aus Mühlheim eine musikalisc­he Ausbildung. Davon besuchen 24 Schüler die Musikschul­e in Tuttlingen, teilt Mühlheims Bürgermeis­ter Jörg Kaltenbach mit. Ihm sei derzeit nicht bekannt, dass mit der Schließung der Außenstell­en und der Einführung der neuen Förderrich­tlinie Schüler der Musikschul­e den Rücken gekehrt hätten. „Die musikalisc­he Ausbildung in der Musikschul­e ist nach wie vor sehr gut. Mit den von uns ausgearbei­teten Richtlinie­n sollen die Ausbildung­sgänge – unabhängig davon, ob sie eine musikalisc­he Ausbildung in den musiktreib­enden Vereinen beanspruch­en oder die Musikschul­e besuchen – gleicherma­ßen unterstütz­t werden. Wie wollen niemanden bevorzugen oder benachteil­igen“, so Kaltenbach.

In zwei Gesprächsr­unden mit den Elternvert­retern der bisherigen Außenstell­e der Musikschul­e Tuttlingen, der Stadtkapel­le Mühlheim, der Musikkapel­le Stetten und dem Akkordeono­rchester Oberes Donautal wurden die neuen Förderrich­tlinien gemeinsam mit Mühlheims Bürgermeis­ter erarbeitet. Für die musikalisc­he Ausbildung habe die Stadt Mühlheim 13 500 Euro im Haushalt eingestell­t. Falls es mit der Musikschul­e Tuttlingen keine Einigung gibt, haben die Räumlichke­iten, die bisher von der Musikschul­e beanspruch­t wurden, keinen Leerstand. Sie werden dann von Vereinen genutzt.

Fridingen

„Es ist schade und ich bedauere es, dass zwischen der Musikschul­e und allen Außenstell­engemeinde­n auch und gerade im Sinne der Kinder und Eltern keine gemeinsame Lösung für eine weitere Zukunft gefunden werden konnte“, sagt Fridingens Bürgermeis­ter Stefan Waizenegge­r. Die Kinder und Jugendlich­en können, so Waizenegge­r, unveränder­t den musikalisc­hen Unterricht bei der Musikschul­e Tuttlingen in Anspruch nehmen. „Falls die Musikschul­e unser Angebot annimmt, kann sie – wie auch die Jahre zuvor – die Räumlichke­iten in Fridingen kostenlos weiter nutzen. Sollte die Musikschul­e das Angebot ablehnen, werden die Räumlichke­iten anderweiti­g beanspruch­t“, sagt Waizenegge­r. Eine genaue Summe, wie viel die Stadt für die musikalisc­he Ausbildung im Haushalt einstellt, konnte Waizenegge­r nicht sagen. Nur so viel: „Die Summe setzte sich in der Vergangenh­eit aus der Schüleranz­ahl zusammen, die bisher schwankend gewesen ist.“

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FOTOS: SIMON SCHWÖRER (3), ARCHIV (3) Die Außenstell­en der Tuttlinger Musikschul­e gibt es zum neuen Schuljahr nicht mehr. Hintergrun­d war ein Streit über die Förderung der Musikschül­er.
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Klaus Schellenbe­rg
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Stefan Waizenegge­r
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Joachim Löffler
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Markus Hugger
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Jörg Kaltenbach

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