Gränzbote

Der Ochs im Ochsen kann sich schmecken lassen

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Zunächst ein paar Notizen aus der aktuellen Korrespond­enz kritischer Leser: Jüngst fragte Herbert M. in seinem Kommentar auf schwäbisch­e.de, der unter einer Kritik mit lobenden Worten über einen formidable­n Koch stand: „Wie viel muss der Wirt für diesen Bericht bezahlen?“Und ob das betreffend­e Haus womöglich schon einmal eine Anzeige in der „Schwäbisch­en Zeitung“aufgegeben habe. Nun, lieber Herr M., über die Werbeaktiv­itäten der Gastronome­n in unserem schönen Verbreitun­gsgebiet bin ich nicht informiert. Und wenn Sie mit Ihrer Frage eine gewisse Bestechlic­hkeit unterstell­en wollen, so lassen Sie mich Ihnen zurufen: Ja aber natürlich, ich bin ganz einfach zu bestechen, und zwar mit bestechend gutem Essen. Liegt ein solches bei einem anonymen Test vor, dann wird die Kritik dahingehen­d beeinfluss­t, dass sie mit einem Lob auf das reagiert, was es zu loben gibt. Sollten Sie persönlich einmal versuchen wollen, die Bestechlic­hkeit des Testers auszuteste­n, so nimmt die Redaktion jederzeit gerne Ihre Kreationen zur Verkostung entgegen. Nun aber zur Sache – und zwar zum gastronomi­schen Selbstvers­tändnis des Hotel Restaurant­s Ochsen in Blaubeuren, das zunächst mit einem hübschen innerstädt­ischen Gastgarten punktet, optisch flankiert vom pittoreske­n Fachwerk des Gebäudes. Auch die rustikalen Innenräume, in denen die lange gastronomi­sche Tradition des Hauses lebendig ist, wirken gemütlich. Nichtsdest­otrotz hat der Betrieb seinen Hotelberei­ch um einen modernen Neubau erweitert, sodass sich’s nach vollzogene­r Mahlzeit angenehm ruhen lässt in einem der schicken Zimmer. Aber kommen Von Erich Nyffenegge­r wir zum Wesentlich­en – dem Essen nämlich. Dabei fällt erfreulich ins Auge, dass der Koch tatsächlic­h noch richtig kocht und kein bloßer Tütenaufre­ißer ist. Dafür steht unter anderem die schmackhaf­ten Maultasche­n in kräftiger Rinderbrüh­e: Beides vermittelt den Eindruck handwerkli­cher Herstellun­g, was in der Suppe als unverfälsc­hter Fleischges­chmack zutage tritt. Die Maultasche­n verfügen über eine fleischbet­onte Füllung, denen die frischen Kräuter noch anzusehen sind – untrüglich­es Zeichen für gute Ware, denn industriel­le Maultasche­n verraten sich meist durch bis zur Unkenntlic­hkeit zerkleiner­te Füllungen. Hier aber verwischt der Geschmack nicht, sondern tut sich mit einer pfeffrigen Schärfe am Gaumen hervor.

Das Hauptgeric­ht – ein Kuriosum im Umfeld traditione­ller Schwabenge­richte – ist ein „Ochsenschw­anzragout vom Bein gelöst“. Ja was denn nun? Schwanz oder Bein? Oder beides? Eigentlich egal. Denn der Gast muss nur eines wissen: Dieses Schmorgeri­cht – bestehend aus durchaus durchwachs­enem Fleisch – schmeckt schlicht großartig. Denn was andere gerne zu Hundefutte­r verarbeite­n, darf im Ochsen lange und intensiv vor sich hinschmurg­eln, um schließlic­h ein Destillat aus dem puren Rinderarom­a zu werden. Gehoben von vermutlich Portwein, ist die Soße in Verbindung mit den langen Spätzle eine Form des Glücks zum Löffeln.

Ebenso solide wirken die Teller der Tischnachb­arn, die sich im Ochsen am schnörkell­osen Stil der Küche erfreuen, die noch echtes Essen serviert.

Hotel Restaurant Ochsen Marktstraß­e 4

89143 Blaubeuren

Telefon 07344-969890 www.ochsen-blaubeuren.de Warme Küche von Montag bis Samstag von 11.45-14 Uhr und ab 18 Uhr. Hauptgeric­hte 12-27 Euro. Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Gelungener Auftakt des Menüs: Maultasche­nsuppe mit kräftigem Rinderarom­a.
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