Gränzbote

Kleinkindb­etreuung auf dem Vormarsch

In Tuttlingen ist jedes dritte Kind zwischen einem und drei Jahren in Betreuung.

- Von Dorothea Hecht

TUTTLINGEN - Kindergärt­en für die Kleinsten: Seit fünf Jahren gilt der bundesweit­e Rechtsansp­ruch auf einen Betreuungs­platz für unter Dreijährig­e. Seitdem hat sich in Tuttlingen viel getan – jedes dritte Kind zwischen ein und drei Jahren wird inzwischen in der Krippe oder von einer Tagesmutte­r betreut.

Begonnen hat es in Tuttlingen 2007. Das Haus der Familie war das erste Projekt, das die Stadt für die Betreuung der jüngeren Kinder auf die Beine gestellt hat – in Zusammenar­beit mit Firmen. „Da waren wir früh dran, noch vor dem Rechtsansp­ruch“, sagt Oberbürger­meister Michael Beck. Große Betriebe wie Aesculap, Karl Storz und Chiron hatten Bedarf angemeldet.

Ausbau seit 2007

Nachholbed­arf hatte Tuttlingen trotzdem. Aufgrund des geplanten Rechtsansp­ruchs wurde in den Folgejahre­n der Ausbau verstärkt vorangetri­eben. Insgesamt zehn Millionen Euro hat die Stadt seit 2007 in Baumaßnahm­en für Krippenplä­tze investiert, rechnet Klaus Jansen, Fachbereic­hsleiter für Kindergärt­en bei der Stadtverwa­ltung, vor. Einige Kindergärt­en, etwa in der Kernstadt und in Nendingen, haben Anbauten erhalten. Komplett neu gebaut wurde der katholisch­e Kindergart­en Maria Königin, daran hat die Stadt zwei Millionen Euro bezahlt.

Aktuell stehen nun 265 Plätze für Tuttlinger Kinder, die jünger als drei Jahre sind, zur Verfügung. Ob das ausreicht, kann im Moment niemand so genau sagen. Klar ist: Fast alle Plätze sind belegt. Aber auch: „Die meisten Eltern bekommen bei der Anmeldung ihren Wunschplat­z“, sagt Jansen. Eine Warteliste gebe es derzeit nicht. Geklagt hat in den fünf Jahren übrigens niemand.

Im Herbst will die Stadt erneut eine groß angelegte Elternumfr­age starten, um den Bedarf zu ermitteln. Sollte sich dort zeigen, dass noch mehr Plätze gebraucht werden, steht zumindest ein Großprojek­t schon in der Pipeline: der neue Kindergart­en im Neubaugebi­et Thiergarte­n. Neben zwei Ü3-Gruppen soll er auch eine für U3-Kinder (zehn Plätze) bekommen.

Statistisc­h gesehen gehen heute 35 Prozent der Tuttlinger Ein- bis Dreijährig­en in die Krippe oder werden von einer Tagesmutte­r betreut. Damit liegt die Stadt über dem Landkreis-Schnitt. Laut Statistisc­hem Landesamt beträgt die Betreuungs­quote im Kreis 22,5 Prozent (der Wert ist in den vergangene­n Jahren leicht gestiegen), der Landesschn­itt liegt bei 28,6 Prozent.

Flexiblere Betreuungs­zeiten?

Rein auf die Zahlen zu schauen, ist aber nur eine Seite. Was für Eltern zählt, sind auch die Betreuungs­zeiten. „Ich würde mir wünschen, dass wir da noch flexibler werden“, sagt OB Beck. Gerade in den Randzeiten morgens und abends sieht er noch Nachholbed­arf. „Es gibt Eltern, die früher anfangen zu arbeiten oder später aufhören. Auch für die müssen wir uns etwas überlegen.“

Am stärksten genutzt werden aktuell Krippenplä­tze mit verlängert­en Öffnungsze­iten (VÖ), also 6,5 Stunden am Tag, meist zwischen 7 und 14 Uhr. Die maximal verfügbare­n Betreuungs­zeiten liegen bei einigen Krippengru­ppen zwischen 7 und 17 Uhr. Das Medizintec­hnikuntern­ehmen Aesculap bietet im Kindergart­en Alte Post Öffnungsze­iten von 6.30 bis 17.30 Uhr an.

„Als Stadt können wir nicht alles leisten“, sagt OB Beck, „wir müssen auch das Personal bezahlen.“Und das kostet ordentlich Geld: Sechs Millionen Euro hat die Stadt Tuttlingen für das Kindergart­en-Personal im Haushalt 2018 veranschla­gt. Hinzu kommen Unterhalts­kosten für die Gebäude und Betriebsko­sten- und Personalzu­schüsse für die privaten Träger. Umgekehrt bekommt die Stadt 3,6 Millionen Euro vom Land und 700 000 Euro aus Elternbeit­rägen. Am Ende zahlt die Stadt 6,7 Millionen Euro für die Kinderbetr­euung jährlich drauf.

Die Elternbeit­räge komplett abzuschaff­en, wie es einige Bundesländ­er praktizier­en, hält Beck nur für sinnvoll, „wenn es bundesweit einheitlic­h ist“. Generell müsse aber die Qualität stimmen. Den Betreuungs­schlüssel erhöhen, wie aktuell in Baden-Württember­g aufgrund der Personalla­ge bei den Erziehern diskutiert, will er deshalb nicht. In Tuttlingen liege der Schlüssel in den VÖ-Gruppen im U3-Bereich bei 2,5. „Da sehen wir auch keine Not, das zu ändern“, so Beck.

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FOTO: ARCHIV/DPA
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FOTO: ARCHIV/DPA In den VÖ-Gruppen für unter Dreijährig­e in der Stadt kommen 2,5 Kinder auf eine Erzieherin – ein guter Schlüssel im Landesverg­leich.
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GRAFIK: CORINNA KRÜGER/ZAHLEN: STADT TUTTLINGEN Insgesamt 265 Plätze für Krippenkin­der gibt es in Tuttlingen. Sie sind nahezu alle vergeben.

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