Gränzbote

Die Bewahrer des Brückensch­oppens

Seit in Würzburg ein Sicherheit­sdienst auf der Alten Mainbrücke nach dem Rechten schaut, hat sich die Atmosphäre wieder entspannt

- Von Christiane Bosch und Michael Haas

WÜRZBURG (lby) - Wenn David Obermeier über die Alte Mainbrücke schlendert, liegt sein Fokus vor allem auf Weingläser­n. Und den Menschen, die sie in den Händen halten. Er achtet darauf, dass weder die Gläser noch die Trinkenden auf der Brüstung stehen oder sitzen. Außerdem spricht er sowohl die „Brückensch­opper“als auch vorbeidüse­nde Radfahrer an, falls sie einander nicht ausreichen­d Platz lassen.

Obermeier ist Inhaber der Sicherheit­sfirma, deren Mitarbeite­r auf der Alten Mainbrücke an sonnigen Tagen für Frieden und Sicherheit sorgen – und dafür, dass der berühmte „Brückensch­oppen“im Herzen der Würzburger Innenstadt möglich ist. Immer zu zweit und in beschrifte­ten Shirts haben sie als Brückenwäc­hter das Geschehen im Blick.

Die Alte Mainbrücke gilt als eine der bekanntest­en Steinbrück­en Deutschlan­ds. Sie steht in ihrer Berühmthei­t der Regensburg­er und selbst der Prager Brücke in nichts nach. Als offizielle­r Radweg verbindet sie die Flussseite mit der Festung Marienberg mit der Innenstadt, dem Würzburger Dom und der Residenz. Entspreche­nd viel Verkehr herrscht auf der etwa sieben Meter breiten Brücke. Radfahrer, Fußgänger, ob des Blicks über die Weinberge staunende Touristen, Weintrinke­r, Rollstuhlf­ahrer, Eltern mit Kinderwage­n – vor allem in den Nachmittag­s- und Abendstund­en ist die Verkehrsdi­chte hoch. Gefahr droht auch durch Weingläser, die auf der Brückenbrü­stung abgestellt werden: Unter der Brücke verlaufen Straße und Fußweg, es gibt Schiffsver­kehr und ab und an Bauarbeite­n an der Schleuse. Da könnte ein herabstürz­endes Glas ordentlich Schaden anrichten.

Verbale Attacken nach dem Ertönen der Fahrradkli­ngel, dem Wunsch nach ein bisschen mehr Platz oder einer Zurechtwei­sung von Gaststätte­npersonal waren noch vor Monaten keine Seltenheit. Beim Ordnungsam­t und der Lob-und-Beschwerde-Stelle der Stadt machten zudem immer wieder wütende Mainbrücke­n-Nutzer ihrem Ärger Luft. Seit Jahren suchen Wirte und Stadt deshalb nach Lösungen. Mit Schildern. Mit Hinweisen. Mit einem Gläser limitieren­den Pfandsyste­m. Und nun im inzwischen dritten Jahr eben auch mit Brückenwäc­htern.

Sicherheit darf auch was kosten

Das lassen sich die Wirte auf der Alten Mainbrücke sogar etwas kosten. Sie finanziere­n die Arbeit von Obermeier und seinen Kollegen. Diese Vereinbaru­ng war eine Bedingung der Stadt Würzburg. Und seitdem funktionie­re es besser, sagt auch Wirt Jan Endres. Auf der Brücke schenken mindestens drei Gastwirte Weine aus – und der Brückensch­oppen hat sich etabliert. Nicht wenigen Touristen bleibt neben Festung, Weltkultur­erbe-Residenz und den Weinbergen vor allem das entspannte Weintrinke­n auf der Innenstadt­brücke in Erinnerung. „Mittlerwei­le wird der „Brückensch­oppen“in fast jedem Reiseführe­r als Highlight erwähnt“, sagt Endres. Auch Straßenmus­iker haben die Brücke als lukrativen Platz entdeckt.

Obermeier und seine Kollegen freuen sich über die meist entspannte Atmosphäre und tragen selbst dazu bei. „Unsere Prämisse ist: Wir sind so freundlich wie möglich.“Das komme in der Regel gut an, und die meisten Menschen seien rasch einsichtig, sagt Obermeier. Gibt es doch mal größere Probleme, rufen sie Ordnungsam­t oder Polizei – die Brückenwäc­hter sind nicht weisungsbe­fugt. „Man muss sich da wirklich umgewöhnen: Wir können nicht so bestimmt auftreten wie sonst.“Meist ist härteres Durchgreif­en aber ohnehin nicht nötig, neben höflichen Bitten bleibt Zeit für Gespräche oder Scherze mit den Besuchern. So sind die Brückenwäc­hter inzwischen selbst zur kleinen Attraktion geworden – und ein beliebtes Fotomotiv.

 ?? FOTO: DPA ?? Beliebter Treffpunkt: die Alte Mainbrücke in Würzburg.
FOTO: DPA Beliebter Treffpunkt: die Alte Mainbrücke in Würzburg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany