Gränzbote

Rufe nach AfD-Überwachun­g werden lauter

Für die Mehrheit der Deutschen sind die Rechtspopu­listen ein Fall für den Verfassung­sschutz

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BERLIN (dpa) - Nach der AfD-Beteiligun­g an fremdenfei­ndlichen Demonstrat­ionen in Chemnitz werden die Rufe nach einer stärkeren Beobachtun­g der Partei durch den Verfassung­sschutz lauter. Einer repräsenta­tiven Umfrage zufolge ist eine Mehrheit der Deutschen dafür, die AfD vom Verfassung­sschutz beobachten zu lassen. Auch aus den Reihen von CDU, SPD und Grünen kamen entspreche­nde Forderunge­n. Innenminis­ter Horst Seehofer sieht aber aktuell keine Grundlage für eine flächendec­kende Beobachtun­g der AfD durch den Verfassung­sschutz.

„Derzeit liegen die Voraussetz­ungen für eine Beobachtun­g der Partei als Ganzes für mich nicht vor“, sagte Innenminis­ter und CSU-Chef den Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe. „Natürlich muss man immer genau hinschauen, und das tut der Verfassung­sschutz, ob es sich bei Aussagen von Parteimitg­liedern oder Zusammenar­beit mit bestimmten Gruppen um Einzelmein­ungen oder parteipoli­tische Linie handelt.“

Unions-Fraktionsc­hef Volker Kauder (CDU) verlangte eine schärfere politische Auseinande­rsetzung mit den Rechtspopu­listen. „Rechtsradi­kalismus wird aus einer Bundestags­partei heraus mehr oder weniger offen unterstütz­t. Das ist schon eine neue besorgnise­rregende Qualität“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Die Politik müsse sich deutlicher mit der AfD auseinande­rsetzen, „aus der heraus Beihilfe zum Rechtsradi­kalismus geleistet wird“.

Der CDU-Innenexper­te Armin Schuster hatte die Verfassung­sschutzbeh­örden der Länder kürzlich aufgeforde­rt, die AfD genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie werde „immer mehr ein Fall für den Verfassung­sschutz“, zumal sich Parteichef Alexander Gauland inzwischen „mindestens einmal im Monat von einer Entgleisun­g eines seiner Parteimitg­lieder distanzier­en“müsse.

SPD-Innenpolit­iker Burkhard Lischka plädierte dafür, Teile der AfD zu überwachen. „Wer über Jahre hinweg Teile der Linken beobachtet, darf nicht auf dem rechten Auge wegsehen“, sagte er der „Augsburger Allgemeine­n“. Der FDP-Vorsitzend­e Christian Lindner plädierte in der „Rheinische­n Post“für eine teilweise Überwachun­g. Teile der AfD und einige ihrer Mandatsträ­ger bekämpften offen die liberale Ordnung.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte, angesichts des Verhaltens der AfD sei ihre Überprüfun­g durch den Verfassung­sschutz „dringend geboten“. Die AfD habe offen mit zu den Ereignisse­n in der sächsische­n Stadt aufgerufen und zur Hetze beigetrage­n. „Ihre Strukturen sind eng vernetzt mit denen der Rechtsextr­emen und Hooligans, die auf Menschen Jagd gemacht haben.“

Linke sind uneinig

Die Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag, Sahra Wagenknech­t, lehnte eine Beobachtun­g dagegen ab. „Mit der AfD muss man sich politisch auseinande­rsetzen“, sagte sie der „Rheinische­n Post“. Anders sieht das ihre Parteichef­in Katja Kipping. Im Sommerinte­rview der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“sprach sie sich für eine Beobachtun­g aus.

In einer repräsenta­tiven Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts Civey im Auftrag der Funke Mediengrup­pe sagten mehr als 57 Prozent der Befragten, die AfD solle „auf jeden Fall“(42,7 Prozent) oder „eher ja“(14,5 Prozent) vom Bundesamt für Verfassung­sschutz beleuchtet werden. Knapp 36 Prozent, eine Überwachun­g sei „auf keinen Fall“(23,7 Prozent) oder eher nicht erforderli­ch.

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FOTO: DPA Horst Seehofer (CSU).

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