Gränzbote

Zwei kreative Köpfe aus dem Schwarzwal­d

Die Trend Factory aus Rottweil hat einen begehrten Preis der Eventbranc­he in Cannes abgeräumt

- Von Maike Woydt

ROTTWEIL - Wenn in Cannes rote Teppiche ausgerollt werden und Menschen in teuren Designerkl­eidern auf der Straße zu sehen sind, möchte man meinen, dass die internatio­nalen Filmfestsp­iele stattfinde­n. Doch weit gefehlt – bei der Gala zur Verleihung der Heavent Awards werden Veranstalt­ungen ausgezeich­net. In der Kategorie „Event Award B to B“waren unter anderem der Elektronik­riese Sony, Automobilh­ersteller Nissan und der Bloggingdi­enst Twitter nominiert. Letztlich gewann das Event der Technologi­ekonzern Zeiss aus Aalen-Oberkochen. Erdacht, geplant und umgesetzt hat die Convention „The Future of Optics 2017“aber nicht der Milliarden­konzern von der Ostalb, sondern zwei kreative Köpfe aus dem Schwarzwal­d.

Thomas Wenger und Mike Wutta führen in Rottweil die Event- und Werbeagent­ur Trend Factory. Über den Gewinn der Auszeichnu­ng zeigten sich die Geschäftsf­ührer stolz: „In Cannes unter den letzten fünf Nominierte­n in dieser hochkaräti­gen Konkurrenz zu sein, hat uns mit großem Stolz erfüllt. Diesen Award dann auch noch mit so klarem Vorsprung zu gewinnen, war für uns schlicht überwältig­end.“

Für Zeiss ist der Gewinn das Zeichen, „dass es gemeinsam gelungen ist, innovativ, informativ und unterhalts­am die Vielfalt der Zukunftsth­emen in einer Veranstalt­ung zu bündeln, die auch internatio­nal Beachtung findet“, sagt Joachim Kuss, Sprecher der Sparte Vision Care/ Consumer Products. Bei dem Event hatte Zeiss 2000 Augenoptik­ern, Filialiste­n und Experten aus 30 Ländern die Zukunft der Augenoptik präsentier­t. Zeiss zeigt sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis, da viele Geschäfte abgeschlos­sen wurden.

Anfang der 1990er-Jahre hatten sich Thomas Wenger und Mike Wutta beim Zivildiens­t kennengele­rnt. Beide waren beim Rottweiler Kulturzent­rum „MuM“eingesetzt und haben zum Beispiel ein Open-Air-Kino organisier­t. Seitdem arbeiten die beiden Männer zusammen. Und das funktionie­rt: „Wir ergänzen uns gut“, sagt der 47-jährige Mike Wutta. „Wir haben viele Gemeinsamk­eiten, haben Kinder, sind leicht begeisteru­ngsfähig, fußballbeg­eistert und mutig“, fügt Kompagnon Wenger an.

Eventagent­ur wird 1996 gegründet

Die Erfahrunge­n aus dem gemeinsame­n Zivildiens­t haben die beiden Männer genutzt und sich 1996 dazu entschiede­n, eine Eventagent­ur aufzubauen. Beide hatten ursprüngli­ch im Handwerk gelernt und keine Erfahrung im Eventberei­ch. „Wir sind Kinder der ersten Stunde“, sagt Wutta. Damals hätte man Events noch Feste genannt und Firmenfeie­rn seien von der Sekretärin organisier­t worden. Sie sind mit der Branche gewachsen, aber immer in einer Größe geblieben, die es den beiden Geschäftsf­ührern ermöglicht, auch weiter als projektlei­tende Mitarbeite­r zu arbeiten. Die Agentur nur zu managen, kommt für beide nicht in Frage. Aktuell beschäftig­t die Trend Factory rund 50 Mitarbeite­r in Rottweil. Das sei die richtige Größe, um die Kundenansp­rüche im Bereich „Live-Kommunikat­ion“zu erfüllen.

Neben Zeiss und vielen regionalen Mittelstän­dlern gehören auch Aesculap, Mobilcom-Debitel, Telefónica, Daimler und Thyssenkru­pp zu den Kunden der Trend Factory. Für letztere Firma hatte die Agentur im vergangene­n Jahr die Eröffnungs­feier des Aufzugtest­turms in Rottweil organisier­t. Das sei emotional eines der wichtigste­n Projekte gewesen, so Thomas Wenger. Um die Ausschreib­ung zu gewinnen, musste sich die Rottweiler Trend Factory gegen große Agenturen aus Stuttgart und München durchsetze­n. Genauere Angaben zu den Mitbewerbe­rn wollen weder die Geschäftsf­ührer der Trend Factory noch Thyssenkru­pp machen. „Den Ausschlag für die Zusammenar­beit hat schlussend­lich das kreativste Konzept mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis gegeben“, teilt Thyssenkru­pp-Pressespre­cherin Jasmin Fischer mit.

Bei anderen Konzeptprä­sentatione­n sind die Rottweiler bereits gegen Vok Dams aus Wuppertal, follow red ehemals Roth und Lorenz aus Stuttgart und Avantgarde aus München angetreten. Alle drei tauchen in den Mit der Zeiss Convention „The future of optics 2017“(oberes Bild) holte sich die Trend Factory von Thomas Wenger (links) und Mike Wutta aus Rottweil den Heavent Award. Eine der größten Auszeichnu­ngen in der Eventbranc­he.

vergangene­n Jahren immer wieder in verschiede­nen Kreativ- und Umsatzrank­ings der Branche unter den ersten zehn auf und beschäftig­en zwischen 100 und 500 Mitarbeite­r an mehreren teils internatio­nalen Standorten. „Das ist wie die Championsl­eague. Wir spielen da ganz oben mit“, sagt Thomas Wenger. Dennoch hätten sie bei der täglichen Arbeit nie die Konkurrenz im Auge. Ihnen sei es wichtig, dass die Kunden mit ihrer Arbeit zufrieden

sind. „Für uns ist nicht der erste Auftrag das Schöne, sondern der zweite. Dann wissen wir, dass der Kunde zufrieden war“, sagt Wutta.

Dass dieser Plan aufgeht, zeigt die Zahl der Aufträge. Pro Jahr bestreitet die Trend Factory 185 Events in ganz Europa. Das Budget der Aufträge liegt bei bis zu 4,5 Millionen Euro. Damit verbunden schwankt auch der Jahresumsa­tz. Dieser lag im Jahr 2017 bei 18,5 Millionen Euro. Im Jahr zuvor waren es noch 15,6 Millionen Euro. Die Schwankung­en spielen für die Chefs keine Rolle, solange sich der Umsatz im zweistelli­gen Millionenb­ereich bewege, so Wutta. Über den

Gewinn des Unternehme­ns wollen die beiden Geschäftsf­ührer keine Aussage treffen. „Es handelt sich um ein gesundes Unternehme­n“, sagt Wutta. Auf Fremdkapit­al seien sie nicht angewiesen.

Zum Kapital der Agentur gehört auch das Kraftwerk, das eigene Veranstalt­ungsareal im Rottweiler Neckartal und der Sitz der Eventagent­ur. Bei dem Gebäude handelt es sich um das ehemalige Kohlekraft­werk der Rottweiler Pulverfabr­ik. Dort veranstalt­en Mike Wutta und Thomas Wenger seit rund 20 Jahren regelmäßig Partys, Konzerte und Firmenvera­nstaltunge­n. „Das Kraftwerk war für uns und unsere Arbeit der Turbo“, sagt Mike Wutta. Das besondere Flair des Gebäudes verleihe den Veranstalt­ungen einen eigenen Stil. Außerdem sei es auch für potenziell­e Kunden ein Türöffner. „Das Kraftwerk war ein wichtiger Aspekt für die Kundengewi­nnung und die Glaubwürdi­gkeit der Agentur“, sagt der 48-jährige Wenger.

Für größere Events weichen die beiden Unternehme­r aber auch mal nach Berlin aus, und suchen sich dort die passende Location. Das sei heute einfach der Ort, an dem im Eventberei­ch am meisten läuft. Auch die Zeiss-Convention „The Future of Optics 2017“hatten sie in Berlin ausgericht­et. Dass sie dadurch letztlich in Cannes auf dem roten Teppich im Blitzlicht­gewitter der Fotokamera­s stehen und einen Preis entgegen nehmen würden, damit hatten die beiden kreativen Köpfe aus dem Schwarzwal­d nicht gerechnet.

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Nachtansic­ht des ehemaligen Kohlekraft­werks der Rottweiler Pulverfabr­ik: Seit 20 Jahren Veranstalt­ungsort von Trend Factory.
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