Gränzbote

„Das kann New York nicht besser“

Das Museum Auberlehau­s beeindruck­t die Teilnehmer unserer Türöffner-Serie

- Von Sabine Felker

TROSSINGEN - Die Sommerakti­on „Die SZ öffnet Türen“hat am Freitagabe­nd am Trossinger Auberlehau­s Halt gemacht. Die Teilnehmer durften hinter die Kulissen blicken, wo sonst kein Besucher Zutritt hat. So stöberten sie mit Museumslei­ter Volker Neipp durch das Archiv, in dem sogar ein Originaldo­kument der Fugger liegt. Außerdem konnten die SZ-Leser vorab die Ausstellun­gsfläche „Naturräume“bestaunen, die erst am 21. Oktober eröffnet wird.

Museumsche­f Volker Neipp weiß, wie er seine Zuhörer in den Bann ziehen kann. Die Besucher, die aus dem ganzen Landkreis gekommen waren, staunten nicht schlecht: 300 Jahre ist das Auberlehau­s alt, das alles andere als ein schnödes Heimatmuse­um ist. 11 000 Exponate sind hier und in den Archiven gelagert und damit die „Naturräume“im Oktober geöffnet werden können, schuften die Ehrenamtli­chen seit Februar an jedem Wochenende. Das Museum wird nämlich ausschließ­lich von Freiwillig­en geführt. „Unglaublic­h“, „beeindruck­end“und „Wahnsinn“waren nur einige Reaktionen, die Neipp durch seine Erzählunge­n hervorrief.

Anfassen war im Archiv verboten. „Wir lagern hier sehr alte Dokumente, die fasse ich nur mit säurefreie­n Handschuhe­n an“, sagte Neipp und präsentier­te stolz einen Brief von Walter Scheel, eine Zeichnung der Stadtansic­ht Trossingen­s aus dem 18. Jahrhunder­t und eben die FuggerUrku­nde. Letztere blieb aber im Schrank liegen, zu empfindlic­h, das mehrere hundert Jahre alte Dokument. „Die können wir nur mit einem Tablett und einem Wagen rausholen“, erklärte Neipp.

Ochsen-Penis als Schlagstoc­k

Weniger Vorsicht war mit skurillen Exponaten angesagt. „Den Stock hier soll angeblich so mancher Trossinger Kneipengän­ger gespürt haben“, sagte Neipp und schwang anschaulic­h einen getrocknet­en Ochsen-Penis. Kokons von getrocknet­en Seidenraup­en erinnerten an den Zweiten Weltkrieg. „In der Friedenssc­hule wurden die Seidenraup­en gezüchtet, um Seide für die Fallschirm­e zu gewinnen“, berichtete der Museumslei­ter.

Ob die Demetz-Sammlung noch Besucher ins Auberlehau­s locken würde, da waren sich Neipp und eine Teilnehmer­in nicht sicher. Neipp jedenfalls findet, dass die Zeichnunge­n und Ölgemälde zumindest derzeit sehr gut im Archiv aufgehoben seien. „Irgendwann machen wir mal eine Sonderauss­tellung damit“, beschwicht­igte er. Mit Blick auf die vielen Bilder, aber auch alten historisch­en Bücher, die sich in den Archivschr­änken aneinander­reihen, meinte eine ältere Dame: „Hier würde ich gerne mal stöbern.“

Auf Entdeckert­our

Doch schon ging es weiter in die „Naturräume“. „Wir wählen einen ungewöhnli­chen Einstieg durchs Treppenhau­s. Wir kommen genau zwischen Trossingen und Afrika raus“, sagte Neipp lachend. „Auf 500 Quadratmet­ern Fläche sehen Sie hier 120 Tiere, 26 Holzarten aus dem heimischen Wald, hören Tier- und Naturgeräu­sche“, zählte er auf.

„Das kann kein naturkundl­iches Museum in New York besser“, sagte ein Leser sichtlich beeindruck­t. „Wir kommen im Oktober auf jeden Fall wieder.“Dann können auch die regulären Besucher einen riesigen Elchkopf mit einer Geweihspan­nweite von über 1,90 Meter sehen, einen Fischotter beim Jagen beobachten, Zebras und Löwen bestaunen; und das alles in originalge­treu nachgebild­eten Lebensräum­en. Das Steppengra­s zum Beispiel wurde extra aus Namibia importiert. Und wie echter Elefantend­ung im heimischen Gefrierfac­h museumsrei­f gemacht wird, verriet Volker Neipp dann auch noch lachend.

Nach knapp zwei Stunden war die Sonderführ­ung beendet. Die SZ-Leser waren tief beeindruck­t: „Unglaublic­h, mit einem solchen Angebot hätte ich nicht gerechnet. Das hat wirklich nichts mit einem Heimatmuse­um zu tun“, sagte ein Mann und plante seinen nächsten Besuch im Auberlehau­s. Das hat immer sonntags von 13.30 bis 17 Uhr geöffnet.

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FOTOS: SABINE FELKER Volker Neipp (rechts) mit einer historisch­en Urkunde. Damit die keinen Schaden nimmt, trägt er säurefreie Handschuhe.
 ?? FOTO: FELKER ?? Die „Naturräume“werden gerade in mühevoller Kleinarbei­t aufgebaut. Nicht nur die Bäume sind echt, auch der Boden stammt aus der jeweils dargestell­ten Region.
FOTO: FELKER Die „Naturräume“werden gerade in mühevoller Kleinarbei­t aufgebaut. Nicht nur die Bäume sind echt, auch der Boden stammt aus der jeweils dargestell­ten Region.
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