Fritz Reichle verlässt internationale Bühne
Leichtathlet der LG Tuttlingen-Fridingen will bei Senioren-WM noch einmal vorne mitlaufen
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MALAGA - Beim Blick auf die Wettervorhersage wird Fritz Reichle zufrieden strahlen. Gut 30 Grad Celsius und Sonnenschein sind für Malaga am Mittwoch und Donnerstag vorhergesagt. „Ich habe es gerne, wenn es warm ist. Für Sprinter ist Wärme nicht so schlecht“, meint der Leichtathlet der LG Tuttlingen-Fridingen, der an der Senioren-WM in Spanien teilnimmt.
In der Klasse M 75 geht der 76-Jährige aus Nendingen über die 100 und 200 Meter an den Start. Die Vorläufe finden am heutigen Mittwoch statt. „Ich möchte den Endlauf erreichen“, sagt Reichle. Ob am Donnerstag der Gewinn einer Medaille möglich ist, sei schwierig einzuschätzen, sagt der Sprinter. Mit ihm wären sechs Sportler für die Geschwindigkeits-Disziplinen gemeldet, die bereits bei einer Welt- oder Europameisterschaft gewonnen haben, meint der Nendinger mit dem Blick auf die gemeldeten Sportler. Insgesamt werden mehr als 8000 Athleten am globalen Wettbewerb der Leichtathletik-Senioren teilnehmen. „Da wird schwer etwas los sein“, freut sich Reichle auf den weltweiten Wettbewerb.
Weltmeister 1997 in Südafrika
Es ist die 13. WM, bei der der LGRoutinier mitläuft. Die Schönste, erzählt Reichle, sei die im japanischen Miyazaki 1993 gewesen. „Das war die am besten organisierte WM“, meint der Sprinter, der vier Jahre danach in Südafrika die Goldmedaille gewinnt. Die Chancen auf einen erneuten Sieg – elf Jahre nach dem Triumph von Durban – schätzt Reichle nicht sonderlich hoch ein. „In den vergangenen zwei, drei Jahren ging es mit den Zeiten schon bergab. Aber, das war bei den anderen ja auch“, sagt der 76Jährige, dessen Vorbereitung nicht optimal war.
„Ich war gesundheitlich gehandicapt“, erklärt er. Seit er sich vor neun Jahren die Leber habe transplantieren müssen, sei er für Infektionen anfällig. Wochen vor der WM habe er eine Erkrankung mit Antibiotika behandeln müssen, die sich auch auf die Achillessehne ausgewirkt hatte. Deshalb, so Reichle, habe er nur auf weicherem Boden trainieren können. Unterkriegen lassen will sich der ehemalige Lehrer nicht. „Einige der chronischen Krankheiten habe ich durch den Sport in den Griff bekommen. Und selbst nach einer Organspende und einer Transplantation geht das Leben weiter“, meint der schnelle Pensionär. Die gespendete Leber „war vor neun Jahren ein Geschenk. Darüber bin ich sehr glücklich.“
Reichle will 30 voll machen
Mit der geschenkten Zeit will er in Zukunft sorgsamer umgehen. „Ich weiß, dass ich meinem Körper viel zumute. Deshalb wird die WM mein letzter internationaler Wettkampf sein“, sagt Reichle, der danach aber weiter trainieren und bei Wettkämpfen bis zur Verbandsebene starten will. Sport sei in physischer und psychischer Hinsicht wichtig für ihn.
Sollte der Nendinger bei den Einzelstarts über 100 und 200 Meter gute Ergebnisse erzielen, winken ihm weitere Chancen, eine Medaille zu gewinnen. „Die besten vier Sprinter werden für die Staffel nominiert“, meint Reichle, der dann – wenn Gesundheit und Achillessehne mitmachen – gerne noch einmal starten möchte. Auch wenn er mit der Teilnahme an dem Endlauf schon zufrieden wäre, liebäugelt er auch mit den Plätzen eins bis drei. „Ich habe bisher 28 Medaillen gewonnen. Ich würde mich freuen, wenn noch zwei weitere Medaillen dazukämen. Und die Enkel spielen damit auch so gerne“, sagt er.