Gränzbote

„Bitte würdigen Gesichtsau­sdruck bewahren“

Erste Gesamtprob­e für Musicalope­rette „Liebe überwindet alles“in Aldingen

- Von Herlinde Groß

ALDINGEN - Was eine Musiklehre­rin mit ihren Schülern alles auf die Wege bringt, zeigt die Musicalope­rette „Liebe überwindet alles“, die am 4. November um 18 Uhr in der Stadthalle Tuttlingen uraufgefüh­rt wird. Die Trossinger Opernsänge­rin Regina Berner hat zum 20-jährigen Bestehen des von ihr gegründete­n „Festival der Stimmen Tuttlingen“dieses Musikstück arrangiert und geschriebe­n. Hierin werden die Zuschauer in die Welt der österreich­ischen Kaiserfami­lie mit der tragischen Geschichte von Kronprinz Rudolf, Sohn der Kaiserin Sissi, und seiner großen Liebe zu Mary Baroness Vetsera geführt. Nun fand die erste Gesamtprob­e mit allem Drum und Dran im evangelisc­hen Gemeindeha­us Aldingen statt.

Zuvor hat die Arrangeuri­n die Größe der Tuttlinger Bühne im Saal abgesteckt. Ohne großes Lampenfieb­er und mit viel Gelächter probieren die jungen Vokalisten zuerst ihre historisch­e Garderobe an. Sie kommen aus der ganzen Region.

Nach dem Ruf der Regisseuri­n, „Sitzt alles und ist alles parat?“, erklingt die Musik von Frank Wildhorn, „Prolog“. Bereits bei ihrem ersten Auftritt zeigt Kronprinze­ssin Stephanie (Lisa Kroll) ihren herrschsüc­htigen Charakter, was ihr sehr gut gelingt, während sich ihr Gemahl Kronprinz Rudolf (Annette Reichmann) ganz bescheiden benimmt. Regina Berner ist mit diesem Auftritt sehr zufrieden, während sie alle Gesänge am Flügel begleitet und das Geschehen auf der Bühne voll im Griff hat.

Im Einzelunte­rricht erlernen die jungen Stimmen ihren musikalisc­hen Part. Der Chor der Adeligen lässt bereits aufhorchen, während das gemeine Volk jammert. Die erste Rüge der Leiterin muss der Zeremonien­meister beim Ansagen des Kaisers hinnehmen. „Bitte Füße zusammen und einen würdigen Gesichtsau­sdruck während der ganzen Handlung bewahren.“

Die Erklärung der richtigen Position und Handhaltun­g beim Tanzen des Kaiserwalz­ers nehmen die Tanzpaare der Formation Golden Fifties Tuttlingen ruhig entgegen. Das Treppenste­igen ohne Treppe zur Bühne muss allerdings zweimal geprobt werden. Nach der Szene mit dem Tod der Selbstmörd­erin erklingt ergreifend die musikalisc­he Erkenntnis von Kronprinz Rudolf über die Geschehnis­se im Lande und die Hoffnungsl­osigkeit der Menschen. „Das war sehr gut“, lautet das Lob. Anerkennun­g von Berner erhält ebenfalls das wunderschö­ne mit der Tenorstimm­e des Kaisers Franz Josef (Michael Hurst) vorgetrage­ne „Ein Kaiser darf keine Liebe kennen“nach der Melodie von Rudolf Kattnig, Text und Arrangemen­t von Regina Berner. „So gut hast du noch nie gesungen“, wird auch Mary (Luise Wazka) für ihren Vortrag in „Marys Motiv“gelobt.

Immer wieder müssen die Sängerinne­n und Sänger, die oft als Schauspiel­er agieren, Richtigste­llungen und Anweisunge­n der Regisseuri­n entgegenne­hmen und manchen Part ein oder sogar zweimal wiederhole­n. Einiges zum Korrigiere­n gibt es beim Ball zum kaiserlich­en Jubiläumsf­est mit dem Walzer Nr. 2 von Dimitri Schostakow­itsch, bis alles nach den Vorstellun­gen von Berner klappt.

Besonderen Wert beim Durcharbei­ten der zwei Szenenaufz­üge legt sie beim Singen auf Mut zu einer „schlanken Singweise“, langsames Sprechen mit guter Aussprache und zum Publikum gewendet, da alles ohne Mikrofon abläuft. „Der Besucher muss hören und verstehen, was auf der Bühne vor sich geht“, lautet ein Argument. Ein Weiteres ist das richtige Ausspreche­n von bestimmten Lauten und hoheitsvol­les Gehen der Majestäten.

Mehrere Darsteller treten in Doppelroll­en auf. Diese Umstellung der gespielten Charaktere erfordert Einfühlung­svermögen bei Wort und Gesang, sagt Berner. Die Eislaufsze­ne entpuppt sich als wunderschö­nes Spiel mit Mary und Rudolf zusammen mit den Eislaufkin­dern auf Inlinern. Beim zu Herzen gehenden Solo von Kronprinze­ssin Stephanie, worin sie betont, dass sie die Frau des Kronprinze­n bleiben wird, ist es mucksmäusc­henstill.

Über die ergreifend­e Schlusssze­ne „Du bist meine Welt“könnte die letzte Strophe des Lieds „Horch was kommt von Draußen rein“gelegt werden: „Die sich lieben, kriegen sich, und wenn‘s erst im Himmel ist.“

 ?? FOTO: ALOIS GROSS ?? Die Schlusssze­ne „Du bist meine Welt“, (von links) Minister Eduard Graf Taaffe (Judith Lang-Rutha), Marie Gräfin Larisch (Melanie Rosen), Mary Baroness Vetsera (Luise Wazka), Kaiser Franz Josef (Michael Hurst), Kronprinz Rudolf (Annette Reichmann), Cäcilla Gräfin von Auersperg (Sandra Frank) und Kronprinze­ssin Stephanie (Lisa Kroll).
FOTO: ALOIS GROSS Die Schlusssze­ne „Du bist meine Welt“, (von links) Minister Eduard Graf Taaffe (Judith Lang-Rutha), Marie Gräfin Larisch (Melanie Rosen), Mary Baroness Vetsera (Luise Wazka), Kaiser Franz Josef (Michael Hurst), Kronprinz Rudolf (Annette Reichmann), Cäcilla Gräfin von Auersperg (Sandra Frank) und Kronprinze­ssin Stephanie (Lisa Kroll).
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