Jubel für Söder, aber nicht für Seehofer
Die CSU gibt sich beim Parteitag in München selbstbewusst und kampfbereit
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MÜNCHEN - Die CSU rückt zusammen, zumindest im wortwörtlichen Sinne. Im Postpalast in München, wo die Partei am Samstag den Auftakt der heißen Wahlkampfphase einläutet, drängen sich mehr als 860 Delegierte. Das macht die Sache heiß und stickig. Umso mehr fällt auf, wie unterkühlt die Basis auf die 40-minütige Rede von Parteichef Horst Seehofer reagiert. Der Beifall am Schluss währt nur zwei Minuten, Zwischenapplaus gibt es kaum.
Größer hätte der Unterschied zum Auftritt von Ministerpräsident Markus Söder kaum sein können. Seine 90-minütige Ansprache geht immer wieder im Jubel der Delegierten unter, am Ende feiern sie den CSUSpitzenkandidaten in rhythmischen Sprechchören. Ein deutliches Zeichen der Basis, wen sie für die schlechten Umfragewerte der Partei verantwortlich macht. Doch Parteichef und Ministerpräsident demonstrieren Geschlossenheit. Ihre Botschaft an Delegierte und Wähler: Es gibt nur eine Partei in Bayern, die für Stabilität sorgt, und das ist die CSU. Die dazu passende Parole: keine Jammerei, sondern „Jetzt erst recht“.
In früheren Zeiten wären Parteitage vier Wochen vor einer Landtagswahl für die CSU so ähnlich gewesen wie für den FC Bayern ein Heimspiel gegen einen Drittligisten – wenig herausfordernd und eine Bestätigung der eigenen Stärke. Doch die Zeiten stabiler Mehrheiten in der Politik sind vorbei – und diese Entwicklung scheint auch in Bayern angekommen zu sein. Der
Streit in der Asylpolitik, die Dauerfehde zwischen Söder und Seehofer, die AfD am rechten Rand – all das hat der CSU zugesetzt. Die Partei kommt in aktuellen Umfragen nur noch auf 35 Prozent und ist somit von der absoluten Mehrheit weit entfernt. Ob es in den vier Wochen bis zur Wahl gelingen kann, das Ruder herumzureißen? Die Basis ist skeptisch: „Jetzt hilft nur noch Augen zu und durch“, ist auf den Gängen beim Parteitag zu hören.
Koalitionspartner lässt Söder offen
Die Parteispitze klingt freilich anders: „Das Rückgrat von Bayern ist die christlich-soziale Union“, ruft Söder, getragen vom Beifall der Delegierten. „Ja zu Bayern heißt ja zur CSU.“Dem Ministerpräsidenten, der erst wenige Monate im Amt ist, scheinen die schlechten Umfragewerte nichts anhaben zu können. Er wirkt selbstbewusst und angriffslustig, er rühmt die Stärke Bayerns, seiner Partei und natürlich auch seine eigene. Gleichzeitig attackiert er alle anderen Parteien, auch die Sozialdemokraten, mit denen die Union in Berlin als Koalitionspartner verbandelt ist. „Die SPD entwickelt sich derzeit zu einer politischen Insolvenzmasse“, sagt Söder. Die Frage, mit wem die CSU regieren könnte, falls das Wahlergebnis am 14. Oktober ähnlich wie die derzeitigen Umfragen ausfallen sollte, klammert er aus.
Klare Absage an die AfD
Am deutlichsten fällt allerdings seine Abgrenzung zur AfD aus: Die Partei marschierte Seit an Seit mit Pegida, Rechtsextremen und Hooligans. „Franz Josef Strauß würde diese Partei bekämpfen und wir sollten es auch tun“, fordert Söder – der Rest seiner Worte geht im Klatschen der Delegierten unter.
Auch CSU-Generalsekretär Markus Blume zeigt klar Haltung gegen die AfD. „Ich möchte nicht, dass in Bayern der Klimawandel geleugnet, Ausländer angefeindet, auf der Zugspitze der Hitlergruß gezeigt und der Staatsvertrag mit den Kirchen aufgelöst wird“, sagt er. Offensichtlich ist der CSU daran gelegen, stärker als in den vergangenen Monaten ihre Position zum rechten Rand zu definieren.
CSU-Chef Horst Seehofer, den derzeit nicht nur die schlechten Umfragewerte, sondern auch der Koalitionsstreit in Berlin um Verfassungsschutz-Präsident Hans Georg Maaßen plagen, ist dagegen ganz im LobModus: Er findet, dass sein Nachfolger Markus Söder viel leistet, er rühmt die Verdienste seiner Partei für Bayern, er würdigt die Entwicklung Bayerns zum „Premiumland“und er macht Werbung für seine eigene Arbeit in Berlin – auch in der Migrationspolitik, mit der er „dem Rechtsstaat zum Durchbruch“verhelfe. Den Asylstreit mit der Kanzlerin, an der fast die Union zerbrochen wäre, bezeichnet Seehofer als „längere Diskussion“.
Kein Wort zu Maaßen
Zur Debatte um die Ablösung von Maaßen sagt er kein Wort. Ganz zum Schluss wird der Parteichef dann doch noch leidenschaftlicher: „Steht auf, wenn ihr für Bayern seid“, ruft er den Delegierten zu und wirbt dafür, mit „Geschlossenheit statt Nörgelei“in den nächsten Wochen um Wählerstimmen zu kämpfen. Das bewegt die Delegierten immerhin dazu, ihren Parteichef im Stehen zu beklatschen.
Am Schluss stehen alle gemeinsam auf der Bühne: der gefeierte Söder, der blasse Seehofer und die
Wahlkämpfer an der Basis. Ein Bild des Zusammenhalts, der Zuversicht. Die CSU, der bislang in Bayern wenig anhaben konnte, gibt sich demonstrativ siegessicher – und dieses Bild soll so auch die Wähler erreichen.