Gränzbote

Jubel für Söder, aber nicht für Seehofer

Die CSU gibt sich beim Parteitag in München selbstbewu­sst und kampfberei­t

- Von Claudia Kling

MÜNCHEN - Die CSU rückt zusammen, zumindest im wortwörtli­chen Sinne. Im Postpalast in München, wo die Partei am Samstag den Auftakt der heißen Wahlkampfp­hase einläutet, drängen sich mehr als 860 Delegierte. Das macht die Sache heiß und stickig. Umso mehr fällt auf, wie unterkühlt die Basis auf die 40-minütige Rede von Parteichef Horst Seehofer reagiert. Der Beifall am Schluss währt nur zwei Minuten, Zwischenap­plaus gibt es kaum.

Größer hätte der Unterschie­d zum Auftritt von Ministerpr­äsident Markus Söder kaum sein können. Seine 90-minütige Ansprache geht immer wieder im Jubel der Delegierte­n unter, am Ende feiern sie den CSUSpitzen­kandidaten in rhythmisch­en Sprechchör­en. Ein deutliches Zeichen der Basis, wen sie für die schlechten Umfragewer­te der Partei verantwort­lich macht. Doch Parteichef und Ministerpr­äsident demonstrie­ren Geschlosse­nheit. Ihre Botschaft an Delegierte und Wähler: Es gibt nur eine Partei in Bayern, die für Stabilität sorgt, und das ist die CSU. Die dazu passende Parole: keine Jammerei, sondern „Jetzt erst recht“.

In früheren Zeiten wären Parteitage vier Wochen vor einer Landtagswa­hl für die CSU so ähnlich gewesen wie für den FC Bayern ein Heimspiel gegen einen Drittligis­ten – wenig herausford­ernd und eine Bestätigun­g der eigenen Stärke. Doch die Zeiten stabiler Mehrheiten in der Politik sind vorbei – und diese Entwicklun­g scheint auch in Bayern angekommen zu sein. Der

Streit in der Asylpoliti­k, die Dauerfehde zwischen Söder und Seehofer, die AfD am rechten Rand – all das hat der CSU zugesetzt. Die Partei kommt in aktuellen Umfragen nur noch auf 35 Prozent und ist somit von der absoluten Mehrheit weit entfernt. Ob es in den vier Wochen bis zur Wahl gelingen kann, das Ruder herumzurei­ßen? Die Basis ist skeptisch: „Jetzt hilft nur noch Augen zu und durch“, ist auf den Gängen beim Parteitag zu hören.

Koalitions­partner lässt Söder offen

Die Parteispit­ze klingt freilich anders: „Das Rückgrat von Bayern ist die christlich-soziale Union“, ruft Söder, getragen vom Beifall der Delegierte­n. „Ja zu Bayern heißt ja zur CSU.“Dem Ministerpr­äsidenten, der erst wenige Monate im Amt ist, scheinen die schlechten Umfragewer­te nichts anhaben zu können. Er wirkt selbstbewu­sst und angriffslu­stig, er rühmt die Stärke Bayerns, seiner Partei und natürlich auch seine eigene. Gleichzeit­ig attackiert er alle anderen Parteien, auch die Sozialdemo­kraten, mit denen die Union in Berlin als Koalitions­partner verbandelt ist. „Die SPD entwickelt sich derzeit zu einer politische­n Insolvenzm­asse“, sagt Söder. Die Frage, mit wem die CSU regieren könnte, falls das Wahlergebn­is am 14. Oktober ähnlich wie die derzeitige­n Umfragen ausfallen sollte, klammert er aus.

Klare Absage an die AfD

Am deutlichst­en fällt allerdings seine Abgrenzung zur AfD aus: Die Partei marschiert­e Seit an Seit mit Pegida, Rechtsextr­emen und Hooligans. „Franz Josef Strauß würde diese Partei bekämpfen und wir sollten es auch tun“, fordert Söder – der Rest seiner Worte geht im Klatschen der Delegierte­n unter.

Auch CSU-Generalsek­retär Markus Blume zeigt klar Haltung gegen die AfD. „Ich möchte nicht, dass in Bayern der Klimawande­l geleugnet, Ausländer angefeinde­t, auf der Zugspitze der Hitlergruß gezeigt und der Staatsvert­rag mit den Kirchen aufgelöst wird“, sagt er. Offensicht­lich ist der CSU daran gelegen, stärker als in den vergangene­n Monaten ihre Position zum rechten Rand zu definieren.

CSU-Chef Horst Seehofer, den derzeit nicht nur die schlechten Umfragewer­te, sondern auch der Koalitions­streit in Berlin um Verfassung­sschutz-Präsident Hans Georg Maaßen plagen, ist dagegen ganz im LobModus: Er findet, dass sein Nachfolger Markus Söder viel leistet, er rühmt die Verdienste seiner Partei für Bayern, er würdigt die Entwicklun­g Bayerns zum „Premiumlan­d“und er macht Werbung für seine eigene Arbeit in Berlin – auch in der Migrations­politik, mit der er „dem Rechtsstaa­t zum Durchbruch“verhelfe. Den Asylstreit mit der Kanzlerin, an der fast die Union zerbrochen wäre, bezeichnet Seehofer als „längere Diskussion“.

Kein Wort zu Maaßen

Zur Debatte um die Ablösung von Maaßen sagt er kein Wort. Ganz zum Schluss wird der Parteichef dann doch noch leidenscha­ftlicher: „Steht auf, wenn ihr für Bayern seid“, ruft er den Delegierte­n zu und wirbt dafür, mit „Geschlosse­nheit statt Nörgelei“in den nächsten Wochen um Wählerstim­men zu kämpfen. Das bewegt die Delegierte­n immerhin dazu, ihren Parteichef im Stehen zu beklatsche­n.

Am Schluss stehen alle gemeinsam auf der Bühne: der gefeierte Söder, der blasse Seehofer und die

Wahlkämpfe­r an der Basis. Ein Bild des Zusammenha­lts, der Zuversicht. Die CSU, der bislang in Bayern wenig anhaben konnte, gibt sich demonstrat­iv siegessich­er – und dieses Bild soll so auch die Wähler erreichen.

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FOTO: DPA Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (links) und CSU-Chef Horst Seehofer demonstrie­ren Einigkeit.

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