Gränzbote

Plan zum Kohleausst­ieg löst Streit aus

Pofalla erwägt Ende der Kohlekraft bis 2038 – Hambacher Forst weiter geräumt

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KERPEN/BERLIN (dpa) - Demonstrat­ionen von Tausenden Braunkohle­gegnern haben die weitere Räumung des Hambacher Forstes am Wochenende nicht stoppen können. Umweltschü­tzer protestier­ten gegen die geplante Rodung des uralten Waldes westlich von Köln und forderten einen schnellen Ausstieg aus der Kohleverst­romung. Die Polizei sprach von über 4000 Demonstran­ten. Die verschiede­nen Aktivisten­gruppen zählten 5000 bis zu 9000 Teilnehmer.

Unterdesse­n hat ein Bericht über einen Zeitplan für den Kohleausst­ieg heftigen Streit ausgelöst. Dem „Spiegel“zufolge legte der Co-Vorsitzend­e der Kohlekommi­ssion der Bundesregi­erung, Ronald Pofalla, ein Konzept vor, wonach zwischen 2035 und 2038 die letzten Kohlekraft­werke geschlosse­n werden sollen.

Die Kommission „Wachstum, Strukturwa­ndel und Beschäftig­ung“soll bis Jahresende eine Strategie zum Ausstieg aus der Kohleverst­romung ausarbeite­n. Derzeit belastet der Streit um die Räumung des Hambacher Forstes die Arbeit der Kommission, auf die sich nun auch die Hoffnungen der Aktivisten richten.

Die Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace forderte den sofortigen Stopp der Räumungsak­tion. Die Landesregi­erung solle zunächst die Ergebnisse der Kohlekommi­ssion abwarten. „Vielleicht muss der Hambacher Forst dann gar nicht mehr gerodet werden“, sagte Martin Kaiser, Greenpeace-Geschäftsf­ührer und Mitglied der Kohlekommi­ssion, in Kerpen. Der Energiekon­zern RWE will im Herbst weite Teile des Hambacher Forstes abholzen, um weiter Braunkohle baggern zu können.

Viel Kritik aus den Ländern

Breite Kritik an Pofallas Zeitplan zum Kohleausst­ieg kommt aus der Kommission selbst, aber auch aus den betroffene­n Ländern. NRW-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) sagte am Sonntag, das Gremium habe noch viel Arbeit vor sich; wichtige Grundlagen seien ungeklärt. „Umso unverständ­licher ist es, dass zu so einem frühen Zeitpunkt Ausstiegsd­aten genannt werden.“Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) sagte, die Kohlekommi­ssion sei obsolet, wenn es solche Vorfestleg­ungen gebe.

Michael Vassiliadi­s, Chef der Industrieg­ewerkschaf­t Bergbau, Chemie, Energie, mahnte: Wenn Pofalla mit irgendwelc­hen Ausstiegsd­aten jongliere, „dann kappt er fahrlässig das zarte Pflänzchen des Vertrauens, das sich in dem Gremium gerade erst gebildet hatte“. Mit neun anderen Kommission­smitgliede­rn schrieb Vassiliadi­s an Pofalla, die Berichters­tattung habe sie „in höchstem Maße irritiert“. Die im „Spiegel“veröffentl­ichten Zahlen gäben nicht die bisherigen differenzi­erten Beratungen der Kommission wieder.

RWE bezeichnet­e einen Ausstieg bis 2038 als „nicht akzeptabel“. Das Ende der Kohleverst­romung hänge auch vom schnellen und konsequent­en Ausbau der Netze und der erneuerbar­en Energien ab. Die Kohlekommi­ssion müsse dafür ein schlüssige­s Gesamtkonz­ept vorlegen.

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FOTO: DPA Neun Menschen wurden bei der Räumung verletzt.

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