Gränzbote

Nur drei Wochen Zeit zur Klage vor Gericht

Wenn Arbeitgebe­r ihren Mitarbeite­rn Kündigunge­n ausspreche­n, kann es sich in bestimmten Fällen lohnen, dagegen vorzugehen

- ANZEIGE Von Rolf Winkel

SCHONDORF - Wie viele Arbeitnehm­er eine Kündigung erhalten, wird amtlich nicht erfasst. Experten gehen jedoch von deutlich über einer Million Kündigunge­n pro Jahr aus. Für die Betroffene­n sind das meist harte Schicksals­schläge. Schlagzeil­en machen Einzel-Kündigunge­n nur selten – so wie etwa der „Fall Emmely“, mit dem sich das Bundesarbe­itsgericht (BAG) befassen musste. Es ging um die Kassiereri­n Barbara Emme. Sie hatte bei ihrem Arbeitgebe­r, der Supermarkt­kette Tengelmann, zwei ihr nicht gehörende Flaschenpf­andbons eingelöst und war deshalb fristlos entlassen worden. Zu Unrecht, wie das BAG befand (Az.: 2 AZR 541/09). Die Reaktion des Arbeitgebe­rs auf das geringe Vergehen sei unverhältn­ismäßig und damit unwirksam gewesen. Das Beispiel zeigt: Gegenwehr gegen eine Kündigung kann sich lohnen. Das ist bei einem Einspruch zu beachten:

Schriftfor­m: Mündliche Kündigunge­n ● sind unwirksam. Das regelt Paragraf 623 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s (BGB): „Die Beendigung von Arbeitsver­hältnissen durch Kündigung oder Auflösungs­vertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkei­t der Schriftfor­m; die elektronis­che Form ist ausgeschlo­ssen“, heißt es dort. Die Kündigung muss also in Papierform erfolgen und von jemandem unterschri­eben sein, der zur Kündigung berechtigt ist. Eine Kündigung per E-Mail ist nichtig.

Betriebsra­t: Ohne die Anhörung ● des Betriebs- oder Personalra­ts ist die Kündigung unwirksam – jedenfalls dort, wo es diese Interessen­svertretun­g gibt. Hat der Arbeitgebe­r sich hieran nicht gehalten, sollten Betroffene sofort eine Kündigungs­schutzklag­e einreichen. Kündigungs­frist: Gekündigte sollten stets sofort prüfen, ob die für sie geltende Kündigungs­frist eingehalte­n wurde. Die Regeln hierzu finden sich in Paragraf 622 BGB. Hat ein Arbeitsver­hältnis zum Beispiel schon acht Jahre bestanden, so gilt eine dreimonati­ge Kündigungs­frist.

Kündigungs­schutz: Dieses schützt ● nicht generell vor Kündigunge­n, sondern nur vor solchen, die „sozial ungerechtf­ertigt“sind. Wer feststellt, dass Jüngere oder Junggesell­en sowie Arbeitnehm­er, die dem Betrieb erst kurze Zeit angehören, von der Entlassung verschont wurden, hat vor Gericht gute Karten. Geschützt werden aber nur Entlassene, deren Arbeitsver­hältnis seit sechs Monaten besteht. Zudem muss der Betrieb mehr zehn Beschäftig­te haben. als

Besonderer Schutz: Für Schwerbehi­nderte ● und Schwangere gilt ein besonderer Kündigungs­schutz, ebenso für Betriebsra­tsmitglied­er und für Arbeitnehm­er, die sich in der Eltern- oder Pflegezeit befinden. Wenn es im Betrieb kriselt, kann es sich für Arbeitnehm­er mit einem kleinen Kind also durchaus lohnen, die Karte „Elternzeit“zu ziehen.

Klagefrist: Kündigungs­schutzklag­e ● kann nur innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung erhoben werden. Diese Frist wird nicht durch ein Protestsch­reiben an den Arbeitgebe­r, sondern nur durch die Einreichun­g der Klage beim Arbeitsger­icht gewahrt. Nach Ablauf der Frist wird die Kündigung wirksam. Wichtig: Dies gilt auch für unwirksame Kündigunge­n (etwa weil die Schriftfor­m nicht eingehalte­n wurde).

Arbeitsage­ntur: Spätestens drei ●

Monate vor dem Ende des Arbeitsver­hältnisses müssen sich die Betroffene­n bei der Arbeitsage­ntur melden. Bei Arbeitsver­hältnissen mit kürzerer Kündigungs­frist gilt: Die Meldung muss spätestens drei Tage nach Erhalt der Kündigung erfolgen – sonst wird das Arbeitslos­engeld später für eine Woche gestrichen.

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FOTO: DPA Kündigungs­schreiben: Gesetzlich­er Kündigungs­schutz besteht nur für Entlassene, deren Kündigung „sozial ungerechtf­ertigt“ist und deren Arbeitsver­hältnis seit mindestens sechs Monaten besteht.

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