Gränzbote

Franziskus geißelt die Mafia

Papst ehrt mit Besuch auf Sizilien den vor 25 Jahren erschossen­en Priester Don Pino

- Von Roland Juchem

PALERMO (KNA) - Mit einem eintägigen Besuch auf Sizilien ehrte Papst Franziskus am Samstag einen ermordeten Anti-Mafia-Priester. Damals schauten viele weg. Nun kamen Hunderttau­sende und hören deutliche Worte gegen das organisier­te Verbrechen.

Die Jugend ist wichtig. Um sie muss man sich kümmern, sie braucht Perspektiv­en. Am Ende seiner Reise nach Sizilien läuft der Papst zu Hochform auf. „Träumt groß!“, ruft Franziskus den meist jungen Menschen auf der Piazza Politeama im Herzen Palermos zu. „Macht euch auf, sucht, träumt und dient anderen“, gibt er ihnen als Losung mit.

Das ist ganz im Sinne jenes Mannes, zu dessen Ehren der Papst diese Reise unternomme­n hat: Giuseppe Pino Puglisi. Don Pino, wie er genannt wird, kümmerte sich um die Jugend, wollte sie den Fängen der „Cosa Nostra“entziehen. An diesem Samstag vor genau 25 Jahren wurde Puglisi von zwei Auftragsmö­rdern erschossen, am frühen Abend, direkt vor seiner Haustür.

„Danke, Franziskus, für die Ehre für unseren Pino Puglisi“, steht auf einem der zahlreiche­n Spruchbänd­er und Bettlaken an den Balkonen des neungescho­ssigen Hauses im Stadtviert­el Brancaccio. Hier lebte und wirkte Don Pino. Vor dessen früherem Wohnhaus trifft der Papst Mitarbeite­r eines von Puglisi gegründete­n Sozialzent­rums. Neben der Haustür mit den Dutzenden Klingelsch­ildern betet er kurz an jener Stelle, an der der Priester am Abend des 15. September 1993 erschossen wurde.

„Wer Mafioso ist, lebt nicht als Christ, denn mit seinem Leben lästert er Gott“, geißelt der Papst in seiner Predigt das organisier­te Verbrechen. „Den Mafiosi sage ich: Ändert euch, Brüder und Schwestern! … Sonst verliert ihr euer Leben und erleidet eure schlimmste Niederlage“, so Franziskus in seiner mehrfach von Applaus unterbroch­enen Predigt.

Puglisi, der 2013 seliggespr­ochen wurde, ruht heute in einem modern gestaltete­n Sarkophag unter einem Seitenalta­r der Kathedrale von Palermo. In seiner Rede vor Priestern, Ordensleut­en und Seminarist­en zitiert der Papst die Worte auf der Grabplatte: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“

Arbeitslos­igkeit als Nährboden

In seiner Ansprache lobt Franziskus an einer Stelle erneut die Volksfrömm­igkeit. Sie sei ein Immunsyste­m der Kirche gegen Abgehobenh­eit. Gleichwohl müsse man darauf achten, dass sie nicht instrument­alisiert werde. „Wenn bei einer Prozession die Madonnenst­atue vor dem Haus eines Mafiachefs hält und sich verneigt, dann geht das gar nicht!“, warnt Franziskus.

Dennoch wird an diesem Tag auch deutlich: Die Mafia ist nicht gebannt. Was der Mafia ihr Gewerbe erleichter­t, sind hohe Arbeitslos­igkeit, Sucht und Korruption. An der ersten Station seiner Reise, der Kleinstadt Piazza Armerina, hatte Franziskus am Morgen dafür ebenfalls deutliche Worte gefunden – und die Kirche aufgeforde­rt, sich um diese Wunden zu kümmern. Zurück nach Rom fliegt der Papst am frühen Abend von Palermos Flughafen „Falcone-Borsellino“, benannt nach zwei anderen sizilianis­chen Märtyrern: den Richtern Giovanni Falcone und Paolo Borsellino. Sie wurden 1992 von der Mafia ermordet.

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FOTO: AFP Begeisteru­ng bei der Ankunft von Papst Franziskus in der Kathedrale von Palermo am Samstag. In seiner Predigt hob er die Bedeutung der Jugend für die Kirche hervor – wie auch der von der Mafia ermordete Don Pino sie erkannt habe.

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