Neue Perspektive für Immendingen
Weltweit größtes Prüf- und Testzentrum von Daimler eingeweiht
● IMMENDINGEN - Der Autobauer Daimler hat am Mittwoch in Immendingen (Landkreis Tuttlingen) sein weltweit größtes Prüf- und Testzentrum offiziell eingeweiht. Dort sollen künftig insbesondere Assistenzsysteme und autonome Fahrfunktionen sowie die Elektrofahrzeuge der Marke EQ getestet werden. „Wir wollen bis zu 80 Prozent der Erprobungsfahrten, die wir bislang auf öffentlichen Straßen in Süddeutschland fahren, hierher verlagern“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche während des Festakts vor rund 200 Gästen aus Politik und Wirtschaft, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU).
Das Prüf- und Testzentrum ist in rund dreijähriger Bauzeit für gut 200 Millionen Euro auf dem ehemaligen Gelände der OberfeldwebelSchreiber-Kaserne entstanden – und für Immendingen ein Glücksfall. Mit dem Abzug der deutsch-französischen Brigade drohte der Gemeinde ein wirtschaftlicher Aderlass. Durch die Ansiedlung von Daimler erhofft sich Immendingen nun eine völlig neue wirtschaftliche Perspektive. Bundeskanzlerin Merkel verwies auf Immendingen als „exzellentes Beispiel für einen gelungen Strukturwandel“.
Innenminister Strobl hob die Bedeutung der Automobilbranche insbesondere für Baden-Württemberg hervor und kündigte an, den Südwesten in den kommenden Jahren zur innovativsten Mobilitätsregion in Europa zu machen. „Das Prüf- und Technologiezentrum ist hier ein positives, ganz wichtiges Bekenntnis von Daimler zum Technologiestandort Baden-Württemberg.“
Nach einem umfangreichen Auswahlverfahren, bei dem rund 120 Flächen im Südwesten analysiert wurden, war die Entscheidung des Stuttgarter Autobauers 2011 auf Immendingen gefallen. Die Bauarbeiten auf dem 520 Hektar großen Areal begannen Anfang 2015. Erste Teststrecken wurden bereits im September 2016 in Betrieb genommen. Insgesamt sollen auf dem Prüf- und Technologiezentrum 300 neue Arbeitsplätze entstehen. Ganz vollendet sind die Arbeiten noch nicht: Noch prägen Baugruben, Kräne und Bagger an etlichen Stellen die Szenerie.
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● IMMENDINGEN - Deutschland ist Autoland. Wer einen weiteren Beweis für die dominante Rolle dieser Branche für Europas größte Volkswirtschaft erwartete, wurde am Mittwoch in Immendingen fündig. In der kleinen Gemeinde südwestlich von Tuttlingen, unweit der wohl deutlich bekannteren Donauversickerung, gaben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und zahlreiche Namen aus Landes- und Kommunalpolitik ein Stelldichein, darunter der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Baden-Württembergs, Thomas Strobl (CDU).
Merkel folgte dem Ruf von Daimler-Chef Dieter Zetsche, der bei Kaiserwetter das neue Prüf- und Technologiezentrum (PTZ) des weltweit größten Premiumautoherstellers einweihen durfte. Auf dem Gelände der ehemaligen Oberfeldwebel-Schreiber-Kaserne hat der Konzern in den vergangenen Jahren für 200 Millionen Euro ein Areal geschaffen, auf dem künftig die weltweite Fahrzeugerprobung gebündelt werden soll – insbesondere neue Technologien wie Assistenzsysteme und autonome Fahrfunktionen sowie Elektroantriebe der neu geschaffenen Marke EQ sollen dort getestet werden. „Wir erfinden derzeit das Auto neu. Und Immendingen nimmt bei der Entwicklung der Mobilität der Zukunft eine Schlüsselrolle ein“, sagte Zetsche beim Festakt zur Eröffnung des PTZ vor rund 200 Gästen aus Politik und Wirtschaft. Und an die Kanzlerin gewandt fuhr der Daimler-Boss fort: „Marseille, Skopje, Algier, Immendingen – mit Ihrem Besuch hier, Frau Bundeskanzlerin, haben Sie alle wichtigen Orte des Weltgeschehens gesehen.“Perspektivisch sollen rund 80 Prozent der jetzt noch auf öffentlichen Straßen stattfindenden Testund Prüffahrten nach Immendingen verlagert werden, so Zetsche. Nur gut 100 Kilometer vom Hauptentwicklungsstandort Sindelfingen entfernt bietet das PTZ dafür die besten Voraussetzungen.
Auf dem 520 Hektar großen Konversionsgelände lassen sich die unterschiedlichsten Fahrsituationen nachstellen: das typische Auf und Ab der Schwäbischen Alb, das auf dem sogenannten Albdauerlaufgelände nachgebaut wurde. Oder im Stadtquartier, wo mit einer Reihe von Kreuzungen und Kreisverkehren stadtähnliche Fahrsituationen simuliert werden können. Auch Alpenpässe mit ihren typischen Serpentinen finden sich auf dem Areal. Und zum Erproben und Testen von hochautomatisierten Fahrfunktionen steht eine 100 000 Quadratmeter große Asphaltfläche zur Verfügung, auf der herausfordernde und komplexe Verkehrssituationen hochgenau und beliebig oft reproduziert werden können.
Für Immendingen und die Region ist das PTZ ein Glücksfall. Nach dem Abzug der deutsch-französischen Brigade drohte ein wirtschaftlicher Aderlass. Bereits jetzt arbeiten auf dem Gelände 170 Daimler-Mitarbeiter auf den mehr als 30 verschiedenen Test- und Prüfstrecken. Langfristig sollen es 300 Arbeitsplätze werden. Dabei bleibt es nicht. Allein durch die Zuliefererindustrie rechnet Bürgermeister Markus Hugger mit 400 bis 600 Stellen zusätzlich, hinzu kämen Dienstleister für das Daimler-Gelände, beispielsweise für die Kantine, Servicepersonal oder die Werksfeuerwehr.
„Gelungener Strukturwandel“
„Immendingen ist damit auch ein exzellentes Beispiel für einen gelungenen Strukturwandel, die Stadt hat eine völlig neue wirtschaftliche Perspektive gewonnen“, sagte Merkel, die, nach eigener Aussage, erstmals von der 6400-Seelen-Gemeinde hörte, als CDU-Fraktionschef Volker Kauder „mächtig schimpfte“. Das war, als die Entscheidung fiel, den seit 1958 bestehenden Bundeswehrstandort zu schließen. Ohne Kauder, so viel steht fest, wäre das PTZ wohl nicht nach Immendingen gekommen. Der CDU-Politiker, dessen Heimatwahlkreis Tuttlingen ist, hat vor allem in der Anfangszeit alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass Daimler seine Entscheidung für Immendingen und nicht für einen der weiteren 120 Standorte in Baden-Württemberg trifft, die ebenfalls in der Auswahl waren. Seit dem Spatenstich im Frühjahr 2015 ist in nur drei Jahren in Immendingen ein „Vorzeigeprojekt entstanden, das sowohl im Zeit- als auch im Kostenrahmen blieb“, lobte Zetsche und bedankte sich ausdrücklich für die „super Unterstützung“auf Landesund Kommunalebene. Immendingen, so Zetsche, sei wie ein Sechser im Lotto.
Noch prägen Baugruben, Kräne und Bagger an etlichen Stellen die Szenerie. Doch große Teile des Testgeländes haben ihren finalen Zustand schon erreicht. Angela Merkel, der durchaus eine gewisse Nähe zur Automobilbranche nachgesagt wird, ließ es sich im Anschluss an den Festakt nicht nehmen, die Arbeit der Daimler-Ingenieure vor Ort zu begutachten. Zusammen mit Konzernchef Zetsche und Entwicklungsvorstand Ola Källenius ließ sich die Kanzlerin auf der sogenannten Bertha-Fläche automatisierte Fahr- und Sicherheitsfunktionen auf dem Testgelände vorführen.