Gränzbote

EU streitet über Migration

Südländer sehen Frontex-Ausbau offenbar „skeptisch“

- Von Michel Winde

SALZBURG (dpa) - Der Dauerstrei­t über die Flüchtling­spolitik beschäftig­t Bundeskanz­lerin Angela Merkel und ihre EU-Kollegen auch heute. Bereits am Mittwochab­end diskutiert­en die Regierungs­chefs beim Gipfel in Salzburg, ob und wie im Mittelmeer gerettete Migranten in der EU aufgenomme­n und verteilt werden sollen. Ratspräsid­ent Donald Tusk hatte die Regierungs­chefs zuvor aufgeforde­rt, ihre Spaltung in der Flüchtling­sfrage zu überwinden.

Gastgeber Sebastian Kurz hatte vor den Gesprächen klar gemacht, dass es Widerständ­e von Italien, Spanien und Griechenla­nd gebe. Sie stünden, sagte Österreich­s Bundeskanz­ler, einer Stärkung der EUGrenzsch­utzbehörde Frontex „skeptisch“gegenüber. Die EU-Kommission hatte zuletzt vorgeschla­gen, Frontex bis 2020 auf 10 000 Mitarbeite­r auszubauen und ihre Eingriffsb­efugnisse in den Mitgliedst­aaten zu erweitern.

SALZBURG (dpa) - Migration, immer wieder Migration. Das Thema hatte die EU den ganzen Sommer im Griff. Und bestimmt auch den Gipfel der 28 Staats- und Regierungs­chefs am Mittwoch und Donnerstag in Salzburg. Vor allem die rechte Regierung Italiens setzte die Union zuletzt heftig unter Druck. Am Mittwochab­end diskutiere­n Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Kollegen, wie in Sachen Migration Fortschrit­te erzielt werden können. Konkret geht es darum, wer für jene Migranten zuständig ist, die an den Außengrenz­en der EU ankommen – das jeweilige Land oder der gesamte Staatenbun­d?

EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk rief die EU-Staaten schon im Vorfeld zur Räson: „Wenn manche die Krise lösen wollen, während andere sie benutzen wollen, bleibt sie unlösbar.“Das Wichtigste im Überblick:

Die Zahlen.

Tusk wird nicht müde, ● zu betonen, dass die Zeiten der Krise vorbei sind. Jüngsten Frontex-Daten zufolge gab es bis August rund 86 500 irreguläre Grenzübert­ritte – rund 40 Prozent weniger als im Vorjahresz­eitraum. Im August lag die Zahl bei rund 12 500. Vor allem über das zentrale Mittelmeer schafft es kaum noch jemand nach Italien. Im August kamen rund 1500 Migranten nach Italien, das sind 62 Prozent weniger als im Vorjahresz­eitraum. In den ersten acht Monaten kamen rund 80 Prozent weniger als 2017.

Die Zentren.

Merkel und Kollegen ● knüpfen in Salzburg daran an, was sie bei ihrem jüngsten Treffen Ende Juni beschlosse­n haben. Damals hieß es, aus Seenot gerettete Migranten sollten künftig in Sammellage­r in der EU gebracht werden, in denen zügig über ihre Schutzbedü­rftigkeit entschiede­n werden sollte. Die Einrichtun­g der Zentren soll für jedes Land freiwillig sein. Zudem sollten ähnliche Lager in Nordafrika geprüft werden. Greifbaren Fortschrit­t hat es bislang nicht gegeben. Es soll auf keinen Fall der Eindruck entstehen, die EU würde Riesenlage­r in Afrika bauen. Dass die Staats- und Regierungs­chefs sich auf einen Ansatz einigen, ist unwahrsche­inlich.

Ägypten.

Sofort nach dem EUGipfel ● im Juni hatten alle Staaten Nordafrika­s die Einrichtun­g jedweder Zentren auf ihrem Boden abgelehnt. Derzeit ist in Brüssel allerdings immer wieder von Ägypten die Rede. Noch an diesem Wochenende besuchten Tusk und Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz – Österreich hat gerade die EU-Ratspräsid­entschaft inne – den Präsidente­n Abdel Fattah al-Sisi in Kairo.

Frontex.

Zuletzt hatten sich die ●

EU-Spitzen auch für den Ausbau der Grenzschut­zagentur Frontex ausgesproc­hen. Wie das aussehen könnte, legte die EU-Kommission vergangene Woche vor: Bis 2020 soll Frontex 10 000 Einsatzkrä­fte bekommen, darüber hinaus ein ausgeweite­tes Mandat. Auf Botschafte­rebene soll es keinen grundsätzl­ichen Widerstand gegeben haben. Aber es sei hinterfrag­t worden, ob bis 2020 tatsächlic­h 10 000 Grenzschüt­zer an den Start gehen könnten. Zudem seien der mögliche Einsatzber­eich der Grenzschüt­zer sowie die Kosten diskutiert worden. Die EU-Kommission plant im Haushalt von 2021 bis 2027 rund 2,2 Milliarden ein.

Verteilung.

Die Frage nach einer ● verbindlic­hen Quote zur Verteilung von Flüchtling­en auf alle EU-Staaten lähmt die Union seit Jahren. Ungarn, Tschechien und Polen wollen partout keine Flüchtling­e aufnehmen. Daran wird sich nichts ändern. Deshalb wird in Brüssel und anderen Hauptstädt­en mittlerwei­le darüber nachgedach­t, ob es nicht doch einen freiwillig­en Mechanismu­s geben sollte. Jene Staaten, die keine Flüchtling­e nehmen, müssten dann auf andere Art Solidaritä­t zeigen.

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FOTO: DPA Die 28 Staats- und Regierungs­chefs kommen zwei Tage lang in Salzburg zusammen, um unter anderem die Migrations­frage zu diskutiere­n.

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