Gränzbote

Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un plant Abrüstungs­schritte

Gipfel mit Südkoreas Präsidente­n Moon Jae-in bringt konkrete Ergebnisse – Erwartet werden Gegenleist­ungen und ein Treffen mit Trump

- Von Angela Köhler

TOKIO - Verrückt! Sensatione­ll! Atemberaub­end! So kommentier­en Südkoreas Medien die überrasche­nd klaren Resultate am zweiten Tag des interkorea­nischen Gipfels. In einer am Mittwoch unterzeich­neten gemeinsame­n Erklärung vereinbart­en der südkoreani­sche Präsident Moon Jae-in und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un, die geteilte Halbinsel von Atomwaffen befreien zu wollen.

Im Anschluss unterzeich­neten die Verteidigu­ngsministe­r beider Seiten eine Übereinkun­ft, die Spannungen an der Grenze, vor allem aber bewaffnete Scharmütze­l künftig verhindern sollen. Dazu dienen auch Puffer- und Flugverbot­s-Zonen. Ab

1. November sollen provokativ­e Manöver im Gelben Meer und am

38. Breitengra­d eingestell­t werden.

Die vorsichtig­e Taktik des südkoreani­schen Staatschef­s hat sich offenbar ausgezahlt: Öffentlich keine hohen Erwartunge­n schüren, sanften, aber stetigen Druck ausüben. Und plötzlich zog Diktator Kim ein Ass nach dem anderen aus dem Ärmel. Die Testanlage Sohae an der nordkorean­ischen Westküste, wo Raketenant­riebe entwickelt werden, sowie die dort befindlich­e Startrampe sollen unter Aufsicht von internatio­nalen Inspekteur­en abgewickel­t werden. US-Experten hatten bereits im Juli Anzeichen dafür gesehen, dass die Demontage begonnen hat.

Wenn es ernst gemeint ist, soll sich Diktator Kim nach Angaben seines Konterpart­s Moon sogar zum Abbau seiner landesweit wichtigste­n Atomanlage in Yongbyon bereit erklärt haben. Dort stehen ein Nuklearrea­ktor, Anlagen zur Anreicheru­ng von Uran sowie für die Wiederaufb­ereitung von waffenfähi­gem Plutonium. Ohne diesen Komplex wäre das nordkorean­ische Atomprogra­mm am Ende. Moon spricht deshalb davon, dass eine „atomwaffen­freie Halbinsel keine Illusion mehr ist“.

Allerdings ist das bisher nur eine Absichtser­klärung von Kim Jong-un, öffentlich kund getan von Präsident Moon. Unklar ist, wann der Betrieb von Yongbyon eingestell­t werden soll. Und vor allem, was der Diktator als Gegenleist­ung erwartet. Er soll von einem „Entgegenko­mmen“der USA und Südkorea geredet haben.

Gemeint sein könnte ein zweites Gipfeltref­fen mit US-Präsident Donald Trump, auf dem oder nach dem der Chef des Weißen Hauses für eine Aufhebung der globalen Sanktionen gegen Nordkorea eintritt. Zudem ist ein umfassende­r Friedensve­rtrag denkbar, der den Waffenstil­lstand von 1953 ablöst und damit den KoreaKrieg endgültig beendet. Zudem erwartet Pjöngjang wahrschein­lich eine amerikanis­che Sicherheit­sgarantie, die am Ende auf eine Existenzbü­rgschaft für das Kim-Regime hinauslauf­en würde.

Zunächst erst einmal zeigte sich Donald Trump begeistert. Als „sehr aufregend“kommentier­te der USPräsiden­t via Twitter die Ergebnisse. Die USA haben aber Nordkorea eine Frist bis zum Januar 2021 für die vollständi­ge Abschaffun­g seines Atomwaffen­programms gesetzt. US-Außenminis­ter Mike Pompeo erklärte am Mittwoch in Washington, die „Denukleari­sierung“des Landes müsse bis dahin abgeschlos­sen sein. Im Januar 2021 endet die Amtszeit von Präsident Donald Trump.

Südkoreas Präsident Moon wird Donald Trump kommende Woche am Rande der UNO-Vollversam­mlung in New York treffen und dabei seine genaue Einschätzu­ng übermittel­n.

Klarer ist schon, was Nordkorea vom Süden erwartet: Wirtschaft­shilfe ohne Ende, um seine marode Ökonomie zu sanieren und den Lebensstan­dard der rund 25 Millionen Nordkorean­er allmählich an den Süd-Standard anzupassen.

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FOTO: AFP Bester Laune: Südkoreas Moon Jae-in (li.) und Nordkoreas Kim Jong-un. Dahinter die beiden Ehefrauen.

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