Gränzbote

„Segelflieg­en macht den Kopf frei“

Walter Streicher von der Segelflugg­ruppe Spaichinge­n-Aldingen zum Gefühl über den Wolken

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SPAICHINGE­N- Am kommenden Wochenende feiert die Segelflugg­ruppe Spaichinge­n-Aldingen ihr 90-jähriges Bestehen. Redakteur Michael Hochheuser sprach mit Walter Streicher (66) von der Gruppe über die veränderte Bedeutung des Segelflieg­ens für viele Flieger und Original-Flugzeuge, die die Besucher am Sonntag, 23. September, ab 10 Uhr in und an der Spaichinge­r Stadthalle in Augenschei­n nehmen können. Herr Streicher, ich will jetzt nicht den vielbesung­enen Reinhard Mey zitieren, der in den 70ern das Gefühl über den Wolken beschwor. Aber steht heute für viele Segelflieg­er mehr die Entspannun­g wähtag

des Fliegens im Vordergrun­d und weniger die Technik, wie es früher war?

Es gibt zwei Grundideen: Leistungsf­lieger, die sich dem Wettkampf stellen, zum Beispiel am Klippeneck. Die müssen viel trainieren, weil Segelflieg­en anspruchsv­oll ist. Und dann gibt es in unserem Verein die Breitenspo­rtler wie mich. Wir nehmen an Flugtagen am Flugbetrie­b teil, fliegen aber auch zur Entspannun­g und zum Ausgleich. Segelflieg­en macht den Kopf frei. Man hat die Möglichkei­t, über alles zu sinnieren, wenn die Welt zu Füßen liegt. Jeder Flug ist ein Erlebnis und immer wieder anders, je nach Jahreszeit, Bewölkung und Sonneneins­trahlung.

Welche Rolle spielt die Technik beim Segelflieg­en anno 2018? Segelflieg­en spricht weiterhin Leute an, die technikint­eressiert sind. Die Technik hat sich verändert: früher war sie in Segelflugz­eugen relativ primitiv, heute sind moderne Navigation­sgeräte drin. Es ist anspruchsv­oller als früher, weil mehr Instrument­e an Bord sind, die man auch bedienen können muss. Damit muss man sich beschäftig­en, das Bedienen der Geräte lernen Flugschüle­r in unserem Verein genau wie starten, landen oder Kurven fliegen.

Wie lange und wie weit fliegen Sie eigentlich üblicherwe­ise?

In der Regel so zwei bis drei Stunden. Je nach Thermik fliege ich bis in den Schwarzwal­d oder zur Schwäbisch­en Alb. Leistungsf­lieger schaffen bis zu 750 Kilometer, einer aus unserer Gruppe kratzt sogar an der 1000Kilome­ter-Marke.

Bei Ihrer Veranstalt­ung am Sonnrend

ist ja einiges fürs Auge geboten. So wird ein flugfähige­r Schulgleit­er aufgebaut, wie er in der Anfangszei­t des Vereins Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre an Dreifaltig­keitsberg oder Hohenkarpf­en zum Einsatz kam...

Das waren sehr primitive Flugzeuge, der Pilot saß im Freien auf einer Sitzbank. Die Flieger wurden mit einem Gummiseil hochgezoge­n und haben am Hang nur Hüpfer gemacht. Der ausgestell­te Gleiter ist sogar flugfähig. Wir leihen ihn vom baden-württember­gischen Luftfahrts­verband in Stuttgart aus und holen ihn dort mit einem speziellen Anhänger ab. Genau wie einen Segelflug-Simulator. Den können die Besucher naturgetre­u steuern und das Resultat, etwa, eine Kurve zu fliegen, auf einem Bildschirm sehen. Unser Hintergeda­nke ist natürlich Nachwuchsw­erbung. Kinder können am Sonntag auch kleine Flugmodell­e basteln.

Ist der fehlende Nachwuchs auch bei den Segelflieg­ern im Raum Spaichinge­n ein Problem?

Ja. Wir haben aktuell 130 Mitglieder, davon 40 Aktive, und darunter sind auch einige jüngere. Das Problem ist, dass die nach der Ausbildung oft die Region verlassen.

Was ist sonst noch geboten am Sonntag?

Wenn das Wetter mitspielt, stellen wir drei Segelflugz­euge vor der Stadthalle auf, die einen Querschnit­t des Vereins darstellen, Einsitzer und Doppelsitz­er. Ab 10 Uhr spielt die Stadtkapel­le zum Frühschopp­en, dann gibt es Mittagesse­n mit Schlachtpl­atte und nachmittag­s Kaffee und Kuchen. Und für die jüngeren Gäste Kinderschm­inken.

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FOTO: STREICHER Walter Streicher
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