Gränzbote

Schreiber, eine Heilsbring­erin?

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Es ist schon erstaunlic­h, wie viel Aufwand betrieben werden muss, um eine AutorenLes­ung im Jahr 2018 zu schützen – 85 Jahre nach der Bücherverb­rennung durch die Nationalso­zialisten. Schauderha­ft!

Da kam am Donnerstag­abend AfD-Aussteiger­in Franziska Schreiber nach Tuttlingen, und vor dem evangelisc­hen Gemeindeha­us hatten sich drei Polizisten postiert. Im Saal war der Leiter der Tuttlinger Polizeirev­iere zu finden. Doch bis man ins Gemeindeha­us gekommen war, musste man sich auch noch einer Leibesvisi­tation unterziehe­n und den Inhalt seiner Tasche vorzeigen. Dagegen wirkte der Besuch von Bundeskanz­lerin Angela Merkel bei Daimler in Immendinge­n am Tag zuvor völlig entspannt.

Das zeigt, wie verroht und angespannt die politische Lage in Deutschlan­d inzwischen geworden ist. Nach ihrem Rücktritt als Vorsitzend­e der Jungen Alternativ­e in Sachsen und ihrem öffentlich­keitswirks­amen Parteiaust­ritt im September des vergangene­n Jahres bekommt Franziska Schreiber massive Drohungen. Das muss man ernst nehmen und darf dies nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das ist kein Kindergart­en-Geplänkel mehr!

Dass die junge Frau, die einige Jahre in verantwort­licher Position bei der AfD war und sich für die teilweise kruden Positionen einer ehemaligen AfD-Vorsitzend­en Frauke Petry begeistert­e und sich gegen „Multi-Kulti-Schmatz“aussprach, nun in Tuttlingen aber fast als Heilsbring­erin gegen die Rechten beklatscht wird, das ist schon befremdlic­h. Es zeigt aber wohl auch, wie verunsiche­rt die Menschen derzeit sind und nach Ankern gegen Rechts suchen. (cg)

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