Eßlingen soll wieder lebenswerter werden
Bürgerwerkstatt im Tuttlinger Ortsteil bringt einige interessante Ideen hervor
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TUTTLINGEN-ESSLINGEN - Die Tuttlinger Stadtverwaltung und die Eßlinger Ortsverwaltung haben die Eßlinger am Donnerstagabend zu einer Bürgerwerkstatt in die Pfarrscheuer eingeladen. Unter der Mediation von Wirtschaftsförderer Simon Gröger, Projektkoordinatorin Katharina Sauter und Nina Reichle wurde dabei in den Gruppen „Wohnen und Bauen“, „Infrastruktur und Ortskern“sowie „Miteinander und Freizeit“rege, fair und konstruktiv diskutiert und gearbeitet.
Die Ziele und Maßnahmen, auf die sich die meisten Teilnehmer nach rund dreieinhalb Stunden intensiver Zusammenarbeit geeinigt haben, sind: der Kindergartenerhalt, die Schaffung eines Radweges nach Talheim, eine Seniorenwohnanlage im ehemaligen Gasthaus „Adler“oder im Pfarrhaus sowie ein regelmäßiger Kommunikationstisch für alle Vereinsvorstände mit einem neutralen Moderator an einem neutralen Ort.
Aber auch die Gestaltung und Schaffung eines zentralen Dorfplatzes, ein Verkehrskonzept für den Ortskern, die Verschönerung des Ortsbilds, die Anschaffung oder Leasing von Elektrofahrrädern sowie einem Elektroauto (Car-Sharing) als Elektro-Pool für die Menschen in Eßlingen waren Themen. Team-Building für die Vereine, einen verbesserten persönlichen Kontakt zu Neubürgern und sogar ein Erlebnishotel und ein Erholungspark fanden sich auch auf der Prioritätenliste.
Eßlingen – etwas Besonderes
Tuttlingens Erster Bürgermeister, Emil Buschle sagte, wie wichtig ihm die Entwicklung des Ortsteils sei. „Eßlingen hat etwas ganz Besonderes. Wir fragen uns, wie wir diesen Ort revitalisieren können. Dazu benötigen wir Sie, Ihr bürgerschaftliches Engagement und Ihre Ideen, die sie selbst entwickeln. Wir wollen Ihnen diese seitens der Stadtverwaltung nicht überstülpen“, betonte er. Buschle stellte fest, dass Eßlingens Ortsvorsteher Hartmut Wanderer seitens der Stadtverwaltung, aber auch der Bürgerschaft in den zurückliegenden Jahren und bei vielen Belangen allein gelassen worden sei. Es sei nicht verborgen geblieben, dass in dem Ortsteil ein gewisses Spannungsverhältnis herrsche. Eine wichtige Rolle habe dabei auch die Windenergie gespielt: In der Diskussion darüber seien einige Scherben zerbrochen worden.
„Ich will bürgerschaftliches Engagement wieder rekrutieren. Eßlingen mit seinen herausragenden Gebäuden – Pfarrschopf, Pfarrscheuer, Pfarrhaus und Kirche – muss wiederbelebt werden“, unterstrich Buschle. Die bestehenden Gräben innerhalb des Ortsteils und zur Verwaltung sollen zugeschüttet werden. „Wichtig ist, dass der Zusammenhalt wieder entsteht. Es müssen Dialoge mit der Kirche, der Bürgerschaft und den Vereinen geführt werden, denn die beschränkte Eigenständigkeit der Gemeinde mit ihrer rund 1200 Jahre alten Tradition soll innerhalb der Stadtverwaltung erhalten bleiben“, erklärte er. Für die Umsetzung der erarbeiteten Maßnahmen soll laut Buschle der Erlös aus der Windkraft in den Ort investiert werden.
Bevor die Gruppen an die Arbeit gingen, verwies Wanderer darauf, dass in den vergangenen fünf Jahren versucht worden sei, verschiedene Projekte umzusetzen. „Das ist uns leider nur ansatzweise gelungen. Viele Dinge sind mit dem Erwerb des Pfarrhauses verbunden und durch den Nichtankauf gestorben“, stellte er fest. Es sei notwendig, dass Pfarrschopf, Pfarrscheuer, Pfarrhaus und Kirche – eine Konstellation, die so in Deutschland einmalig sei –, zu erhalten, um- und auszubauen sowie gemeinsam zu nutzen.
Gröger hatte noch aktuelle Zahlen dabei: So habe die Ortschaft mit ihren rund 370 Einwohnern eine positive Entwicklung genommen. „Mehr als die Hälfte der Bewohner sind zwischen 25 und 65 Jahre alt, und somit größtenteils erwerbstätig. Dafür gebe es nur wenige Kinder in Eßlingen. Er verwies auf das Potenzial der Bundesstraße 523 und ihren täglich vorbeifahrenden Personen, die mit besonderen Angeboten und Attraktionen vielleicht auch nach Eßlingen gelockt werden könnten.
„In Eßlingen wollen wir gezielt Gutes bewahren“oder „In Eßlingen wollen wir bewusst Neues gestalten“, gab Gröger als Denkanstoß an die Gruppen weiter, deren erarbeitete Maßnahmen der Stadtverwaltung, dem Ortschafts- und Gemeinderat vorgelegt werden und, je nach Finanzierungslage und Möglichkeit, kurz-, mittel, oder langfristig umgesetzt werden sollen.
Für ein Miteinander während der Freizeit könnten im Ortsteil die zahlreichen Vereine stehen. Doch das wurde in der Gruppe schnell deutlich: Hierbei stimmt bisher die Kommunikation unter- und miteinander nicht. Das Fazit: „Jeder kocht sein eigenes Süppchen.“An diesem Abend und dieser Gruppe wurde eindeutig herausgefiltert, woran das liegt: An dem oftmals fehlenden gegenseitigen Respekt, an den klärenden Gesprächen und der Tatsache, dass nicht offen aufeinander zugegangen werde. Doch das soll sich nach diesem Abend ändern, darin waren sich alle einig. Es soll ein neuer Anfang gesucht und gemacht werden. Dazu soll auch der gemeinsam erarbeitete Kommunikationstisch der Vorstände beitragen.
„Wir wollen Ihnen die Ideen seitens der Stadtverwaltung nicht überstülpen.“
Kindergarten wird viel diskutiert
Viel diskutiert wurde auch das Thema „Kindergarten“, der auch von nicht ortsansässigen Familien beziehungsweise von auswärtigen Berufspendlern genutzt werden könnte, Vorstellbar sei ein Natur- und Inklusionskindergarten mit angeschlossener Kindertagesstätte. Weitere Ziele sind: ein lebenswertes Altern in Eßlingen, gemeinsame Treffpunkte (auch für Jugendliche und Kinder), ein überdachter Rastplatz für Radtouristen, der Erhalt des Charakters der bestehenden Häuser, Vermeidung von Leerständen und Unternutzung und die Schaffung eines Tante-Emma-Ladens sowie einer ortsansässigen Gastronomie.