„Es sind gute Figuren und es war der perfekte Zeitpunkt“
Tuttlinger Bücherprofis sprechen über den Erfolg der Harry-Potter-Bücher – 450 Millionen Mal verkauft
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TUTTLINGEN - Es fing an mit ein paar Notizen auf einer Serviette in einem Café – heute haben sich die insgesamt sieben Teile von Joanne K. Rowling’s Fantasy-Reihe „Harry Potter“weltweit über 450 Millionen Mal verkauft. Allein die Verkäufe von deutschsprachigen Büchern betrug im Juni des vergangenen Jahres insgesamt 33,2 Millionen Exemplare. In diesem Jahr jährte sich die deutsche Erscheinung des ersten Bandes „Harry Potter und der Stein der Weisen“zum 20. Mal.
Dabei gehen die Meinungen über die Buchreihe eher auseinander – zumindest bei den Tuttlinger Literaturprofis der Stadtbibliothek und von „Stiefels Buchladen“: „Ich muss zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich nicht eins der Harry PotterBücher von vorne bis hinten gelesen habe“, erzählt Christof Manz, Geschäftsführer von „Stiefels Buchladen“. Er habe die Aufregung, die sich im Juli 1998 rund um die Veröffentlichung abspielte, am eigenen Leibe erfahren: „Schon ein halbes Jahr vorher kam eine Vertreterin zu mir in den Laden, die mir ans Herz legte, das Buch vorzubestellen.“
Einen Hype wie der, der auf die Erscheinung der Bücher folgte, werde es nie mehr geben, wie Manz weiter erzählt. „Es war einfach eine andere Zeit, in der allgemein noch mehr analoge Bücher gelesen wurden“, sagt er. Warum genau diese Buchreihe so viel Erfolg hatte und auch heute noch hat, kann er nicht genau erklären: „Es sind gute Figuren, und es war der perfekte Zeitpunkt für eine solche Fantasy-Reihe.“
Diese Meinung teilt auch Sibylle Dölker, Mitarbeiterin der Stadtbibliothek in Tuttlingen. „Ich halte Harry Potter für gut geschriebene Fantasy-Literatur, die zur richtigen Zeit veröffentlicht wurde“, erklärt sie. Dölker habe dasie Erscheinen des ersten Buches durch ihre Kinder miterlebt, die damals im Grundschulalter waren: „Ich habe meiner älteren Tochter aus dem ersten Band vorgelesen, als sie krank war. Sie war so fasziniert, dass sie dann selbst weitergelesen hat.“Auch in der Stadtbibliothek waren laut Dölker die Harry-Potter-Bände immer schon vor dem Erscheinungstermin mehrfach reserviert.
Dölkers Chefin, die Leiterin der Stadtbibliothek Yvonne Grausam, fühlte sich durch die Fantasy-Reihe zwar „nicht besonders mitgerissen“, ist aber trotzdem dankbar dafür: „Viele Kinder haben dadurch ihren Spaß am Lesen entdeckt. Ich erlebe heute noch, dass Eltern ihre Kinder zum Lesen der Harry-Potter-Reihe anregen, weil sie als Jugendliche so begeistert davon waren“, so Grausam. So werden auch 20 Jahre nach dem Erscheinen noch häufig Harry Potter-Bücher, Hörbücher und DVD ausgeliehen.
Auch in „Stiefels Buchladen“gehen die Bücher heute noch regelmäßig über die Ladentheke. „Es gab nochmal deutlich mehr Verkäufe, als die jeweiligen Filme erschienen sind. Es wollen aber auch viele zusätzlich zur deutschen Fassung die originale Englische lesen“, erzählt Christof Manz.