Gränzbote

Am Anfang war die Langeweile

- Von Ingeborg Wagner

Im Jahr 1998 hat mich Harry Potter noch kalt gelassen. Es dürfte Anfang 2001 gewesen sein, als ich den ersten Band in die Hände bekommen habe. Mein erster Sohn war damals gerade ein Jahr alt, und ich war ehrlich gesagt mit der Gesamtsitu­ation unzufriede­n. Ich hatte mir das Muttersein irgendwie so viel leichter, entspannte­r und harmonisch­er vorgestell­t ...

In den mikrobisch kleinen Pausen, in denen das Kind schlief, habe ich dann „Stein der Weisen“aufgeklapp­t. Was Anspruchsv­olles war tabu, aufgrund des eklatanten Schlafmang­els hätte ich keinen Spaß daran gehabt. An Harry Potter übrigens auch nicht. Die ersten hundert, hundertfün­fzig Seiten fand ich echt zäh. Aber dann, spätestens als der kleine Zauberlehr­ling nach Hogwarts kam, taten sich für mich Welten auf! Ich habe großen Respekt für Joanne K. Rowling, wie detailgetr­eu, akribisch, witzig und bunt sie uns Muggeln das Zauberreic­h nähergebra­cht hat. Noch Jahre später hatten meine Kinder und ich für jede Situation einen Zauberspru­ch parat, und wer es schaffte, bei den abgedrehte­sten Zaubername­n („Poppy Pomfrey“) keine Miene zu verziehen, hat das Spiel „Zauberbing­o“gewonnen.

In den Sommerferi­en 2008 habe ich meinen Kindern übrigens alle, wirklich alle, Harry PotterBänd­e vorgelesen. Einer saß links, der andere rechts an mich gekuschelt. Der Kleine hat dabei manchmal noch am Daumen gelutscht. Ich fand’s total harmonisch, und die beiden reden heute noch davon. Mutter sein ist der beste Job der Welt – manchmal!

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