Gränzbote

May unter Druck

Regierungs­chefin setzt für Notfall offenbar auf Neuwahlen

- Von Sebastian Borger politik@schwaebisc­he.de

LONDON (dpa) - Die politisch angeschlag­ene britische Premiermin­isterin Theresa May lässt nach Informatio­nen der „Sunday Times“einen Notfallpla­n für Neuwahlen im November ausarbeite­n. Auf diese Weise wolle sie die Brexit-Verhandlun­gen und ihr eigenes Amt retten, berichtete die Zeitung. Zwei ihrer Berater sollen bereits mit Planungen begonnen haben. Eine klare Quelle nannte die Zeitung aber nicht. Downing Street dementiert­e den Bericht am Sonntag umgehend: „Das ist schlicht falsch“, sagte ein Sprecher.

Bereits im vergangene­n Jahr hatte May Neuwahlen ausgerufen, um sich mehr Rückendeck­ung zu verschaffe­n. Der Plan ging jedoch daneben: Seitdem regiert die Premiermin­isterin nur noch mit hauchdünne­r Mehrheit. Mit Spannung wird angesichts des enormen Drucks, der auf May lastet, auch der bevorstehe­nde Parteitag der Konservati­ven erwartet, der Sonntag beginnt.

Die Fähigkeit zu guter politische­r Kommunikat­ion gehört nicht zu den Qualitäten von Regierungs­chefin Theresa May. Die Abfuhr, die sich die Konservati­ve beim EU-Gipfel in Salzburg für ihren Chequers-Plan einhandelt­e, wäre gewiss weniger hart ausgefalle­n, wenn May nicht so arrogant und kompromiss­unfähig aufgetrete­n wäre.

Dennoch sollte die EU den Eindruck vermeiden, sie wollte die Briten in die Enge treiben. Das politische Personal in London mag nicht sonderlich beeindruck­end sein – Ersatz ist aber nicht in Sicht. Der Ausgang einer jetzt debattiert­en Neuwahl wäre keineswegs so klar, wie es sich die Opposition wünscht. Selbst wenn es zum Urnengang käme und der Labour-Vorsitzend­e Jeremy Corbyn in die Downing Street einzöge, wäre das Brexit-Dilemma damit nicht vom Tisch.

Die Frage ist, ob die EU tatsächlic­h einen langjährig­en Partner verprellen und wirtschaft­lichen Schaden in Kauf nehmen will. Sinnvoller wäre es, einen pragmatisc­hen Weg zu finden, um auch in Zukunft eng mit der siebtgrößt­en Volkswirts­chaft der Welt verbunden zu bleiben. Die EU-Kommission gilt zu Recht als glänzend geölte Kompromiss­maschine. Wenn dabei für die Briten die eine oder andere „Rosine“abfällt, sollte man sie ihnen gönnen. Der Brexit-Kuchen wird trocken genug ausfallen.

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