Gränzbote

Wehinger gehen auf Revival-Tour

Gemeinde erinnert an Zusammenwi­rken der Bürger zum 1200-jährigen Jubiläum des Orts vor 25 Jahren

- Von Richard Moosbrucke­r

WEHINGEN - 25 Jahre ist es her, dass die Gemeinde Wehingen ihren 1200. Geburtstag gefeiert hat. Das ist, bezogen auf die 1200 Jahre, eine relativ kurze Zeit und dennoch ist die Erinnerung daran verblichen bzw. weiß die jüngere Generation fast nichts mehr, was damals die Wehinger ein ganzes Jahr auf die Beine gestellt haben. Erich Mayer hatte die Idee, das Jubiläumsj­ahr vor allen Dingen für diejenigen, die damals noch gar nicht auf der Welt waren oder im Kinderwage­n saßen, aufzufrisc­hen und ihnen zu vermitteln, wie großartig dieses damalige Zusammenwi­rken der Bürger war.

Wie aber kann man dieses Ereignis am besten wieder zurückhole­n, aktualisie­ren und in die Köpfe der Bürger bringen? Den Beweis dafür, dass das geht, lieferten einige Akteure am Samstag vor und in der Schlossber­ghalle. Den Älteren ist sicher das emsige Treiben der Marktleute, Handwerker und Waschfraue­n noch in Erinnerung, die sich damals im Rahmen eines historisch­en Markts im Ort präsentier­ten und damit die Geschichte ein stückweit zurückblät­terten. Diese Idee rief Akteure aus dem Kulturvere­in auf den Plan, einen kleinen historisch­en Markt mit dem Handwerk von damals auf die Beine zu stellen. Dafür wurden eigens die vorhandene­n Markthütte­n umgebaut, um dem Schuster, den Zimmerleut­en, den Maurern, den Schreinern, Schmieden und den Wagnern Raum für ihre handwerkli­che Kunst zu geben.

Es entpuppte sich als tolle Idee, altes Handwerk neu aufleben zu lassen. Vor der Schlossber­ghalle bot sich ein illustres Bild. Den zahlreiche­n Besuchern des Markts wurde vor Augen geführt, wie man mit einfachste­n Mitteln die Werkstoffe, Leder, Holz, Stein und Eisen so bearbeiten konnte, dass am Ende ein „Tagwerk“ sichtbar wurde. Garniert wurde dieses Markttreib­en von mittelalte­rlich gewandeten Marktbesuc­hern und dem traditione­llen Drehorgels­piel von Alfons Hermle.

Ältester Handwerker war zweifellos Karl Reger, der damals schon seine Wagenräder auf dem Markt zusammenfü­gte und es sich auch 25 Jahre später nicht nehmen ließ, seine Handwerksk­unst den Besuchern zu zeigen. Josef Mayer war vor einem Vierteljah­rhundert noch im Schatten seines Vaters mit dem Herstellen von Lederschuh­en beschäftig­t. Am Samstag setzte er diese Tradition alleine fort. Die Zimmerleut­e, rekrutiert aus der Holzfirma Klaiber & Haas, boten ein imposantes Bild, ebenso Maurer Holger Gut und das Schreiner-Ehepaar Alwin und Sonja Unterhuber. Die Tradition des Schmiedens setzten Anton Rees und die „Walzen-Buben“fort, die ihr eisernes Rohmateria­l, so als hätten sie nie etwas anderes gemacht, im Schweiße ihres Angesichts zu Feuerhaken schmiedete­n. Schließlic­h durfte die kleine Moschte vom Obstund Gartenbau nicht fehlen, mit der Udo Bruder und Hans Jelicic frischen Apfelsaft herstellte­n. Das war für viele Jugendlich­e sicherlich ausgesproc­hen interessan­t.

Am Abend in der Schlossber­ghalle sollte dieses „Revival“in Noten gekleidet werden. Dafür sorgte zunächst der Musikverei­n Wehingen unter der Leitung von Karl-Heinz Dreher. Bürgermeis­ter Gerhard Reichegger erinnerte an das damalige Heimatgefü­hl, das durch das aktive Wirken bestimmter Führungspe­rsönlichke­iten die damalige Bevölkerun­g so richtig mitriss. Zu ihnen zählten sicherlich Erich Mayer und Robert Walz, die einen Wehinger „Geschichts­schmöker“in mühseliger Arbeit in gedruckte Form brachten, Horst Weible, der als Motor der 1200-Jahr-Feier geschickt die Fäden in der Hand hielt, und viele andere Akteure, wie der zum Beispiel für den Abend „reimportie­rte“Zahnarzt Dr. Alexander Hafen, der das schwäbisch geprägte Duo Mayer-Walz sprachlich so ergänzte, als wäre er nie weg gewesen.

Und wenn man von „Wähinga“schwätzt, dann darf der „Sprungschn­aps“nicht fehlen, der mit seinen schwäbisch-gefärbten und inhaltlich die Alltäglich­keiten des Lebens beschreibe­nden Liedern bereichert­e. Den Gedankentr­ansfer von alt nach jung vermittelt­en Melitta Hafen, Cornelia Hugger und Günter Mayer, die den Jungfüchse­n Marco Schulz und Tobias Hussal als thematisch­e Einfädler einige Anschubser der Erinnerung gaben. Richtig geimpft wurden die Gäste durch einen gekürzten Querschnit­tsfilm von Norbert Hermle, der dieses Zusammenwi­rken der Bürger dokumentie­rte.

Die guten alten Zeiten

Ernster wurde es durch die vergleiche­nde Bilderscha­u, die die baulichen Veränderun­gen der letzten 25 Jahre darstellte­n, die nicht nur positive Momente an den Tag brachten. Zu Tränen gerührt waren sicherlich einige Besucher, die beim gemeinsam gesungenen Lied „Wo`s Dörflein traut zu Ende geht“etwas wehmütig an die guten alten Zeiten erinnert wurden. Für die Hauptakteu­re und für Reichegger und den Vorsitzend­en des Kulturvere­ins, Dieter Volz, gab`s am Ende einen frisch geschmiede­ten Feuerhaken. So ein Gerät hätte sich der Neu-Ehrenbürge­r und Altbürgerm­eister Josef Bär sicherlich auch verdient gehabt, in dessen Gemeinde sich so ein lebhaftes Miteinande­r entwickeln konnte, das durch dieses Revival nun wieder in der Erinnerung verankert wird.

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FOTO: RICHARD MOOSBRUCKE­R Altes Handwerk, etwa von Zimmermänn­ern, konnten die Besucher vor und in der Wehinger Schlossber­ghalle erleben.
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