Wehinger gehen auf Revival-Tour
Gemeinde erinnert an Zusammenwirken der Bürger zum 1200-jährigen Jubiläum des Orts vor 25 Jahren
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WEHINGEN - 25 Jahre ist es her, dass die Gemeinde Wehingen ihren 1200. Geburtstag gefeiert hat. Das ist, bezogen auf die 1200 Jahre, eine relativ kurze Zeit und dennoch ist die Erinnerung daran verblichen bzw. weiß die jüngere Generation fast nichts mehr, was damals die Wehinger ein ganzes Jahr auf die Beine gestellt haben. Erich Mayer hatte die Idee, das Jubiläumsjahr vor allen Dingen für diejenigen, die damals noch gar nicht auf der Welt waren oder im Kinderwagen saßen, aufzufrischen und ihnen zu vermitteln, wie großartig dieses damalige Zusammenwirken der Bürger war.
Wie aber kann man dieses Ereignis am besten wieder zurückholen, aktualisieren und in die Köpfe der Bürger bringen? Den Beweis dafür, dass das geht, lieferten einige Akteure am Samstag vor und in der Schlossberghalle. Den Älteren ist sicher das emsige Treiben der Marktleute, Handwerker und Waschfrauen noch in Erinnerung, die sich damals im Rahmen eines historischen Markts im Ort präsentierten und damit die Geschichte ein stückweit zurückblätterten. Diese Idee rief Akteure aus dem Kulturverein auf den Plan, einen kleinen historischen Markt mit dem Handwerk von damals auf die Beine zu stellen. Dafür wurden eigens die vorhandenen Markthütten umgebaut, um dem Schuster, den Zimmerleuten, den Maurern, den Schreinern, Schmieden und den Wagnern Raum für ihre handwerkliche Kunst zu geben.
Es entpuppte sich als tolle Idee, altes Handwerk neu aufleben zu lassen. Vor der Schlossberghalle bot sich ein illustres Bild. Den zahlreichen Besuchern des Markts wurde vor Augen geführt, wie man mit einfachsten Mitteln die Werkstoffe, Leder, Holz, Stein und Eisen so bearbeiten konnte, dass am Ende ein „Tagwerk“ sichtbar wurde. Garniert wurde dieses Markttreiben von mittelalterlich gewandeten Marktbesuchern und dem traditionellen Drehorgelspiel von Alfons Hermle.
Ältester Handwerker war zweifellos Karl Reger, der damals schon seine Wagenräder auf dem Markt zusammenfügte und es sich auch 25 Jahre später nicht nehmen ließ, seine Handwerkskunst den Besuchern zu zeigen. Josef Mayer war vor einem Vierteljahrhundert noch im Schatten seines Vaters mit dem Herstellen von Lederschuhen beschäftigt. Am Samstag setzte er diese Tradition alleine fort. Die Zimmerleute, rekrutiert aus der Holzfirma Klaiber & Haas, boten ein imposantes Bild, ebenso Maurer Holger Gut und das Schreiner-Ehepaar Alwin und Sonja Unterhuber. Die Tradition des Schmiedens setzten Anton Rees und die „Walzen-Buben“fort, die ihr eisernes Rohmaterial, so als hätten sie nie etwas anderes gemacht, im Schweiße ihres Angesichts zu Feuerhaken schmiedeten. Schließlich durfte die kleine Moschte vom Obstund Gartenbau nicht fehlen, mit der Udo Bruder und Hans Jelicic frischen Apfelsaft herstellten. Das war für viele Jugendliche sicherlich ausgesprochen interessant.
Am Abend in der Schlossberghalle sollte dieses „Revival“in Noten gekleidet werden. Dafür sorgte zunächst der Musikverein Wehingen unter der Leitung von Karl-Heinz Dreher. Bürgermeister Gerhard Reichegger erinnerte an das damalige Heimatgefühl, das durch das aktive Wirken bestimmter Führungspersönlichkeiten die damalige Bevölkerung so richtig mitriss. Zu ihnen zählten sicherlich Erich Mayer und Robert Walz, die einen Wehinger „Geschichtsschmöker“in mühseliger Arbeit in gedruckte Form brachten, Horst Weible, der als Motor der 1200-Jahr-Feier geschickt die Fäden in der Hand hielt, und viele andere Akteure, wie der zum Beispiel für den Abend „reimportierte“Zahnarzt Dr. Alexander Hafen, der das schwäbisch geprägte Duo Mayer-Walz sprachlich so ergänzte, als wäre er nie weg gewesen.
Und wenn man von „Wähinga“schwätzt, dann darf der „Sprungschnaps“nicht fehlen, der mit seinen schwäbisch-gefärbten und inhaltlich die Alltäglichkeiten des Lebens beschreibenden Liedern bereicherte. Den Gedankentransfer von alt nach jung vermittelten Melitta Hafen, Cornelia Hugger und Günter Mayer, die den Jungfüchsen Marco Schulz und Tobias Hussal als thematische Einfädler einige Anschubser der Erinnerung gaben. Richtig geimpft wurden die Gäste durch einen gekürzten Querschnittsfilm von Norbert Hermle, der dieses Zusammenwirken der Bürger dokumentierte.
Die guten alten Zeiten
Ernster wurde es durch die vergleichende Bilderschau, die die baulichen Veränderungen der letzten 25 Jahre darstellten, die nicht nur positive Momente an den Tag brachten. Zu Tränen gerührt waren sicherlich einige Besucher, die beim gemeinsam gesungenen Lied „Wo`s Dörflein traut zu Ende geht“etwas wehmütig an die guten alten Zeiten erinnert wurden. Für die Hauptakteure und für Reichegger und den Vorsitzenden des Kulturvereins, Dieter Volz, gab`s am Ende einen frisch geschmiedeten Feuerhaken. So ein Gerät hätte sich der Neu-Ehrenbürger und Altbürgermeister Josef Bär sicherlich auch verdient gehabt, in dessen Gemeinde sich so ein lebhaftes Miteinander entwickeln konnte, das durch dieses Revival nun wieder in der Erinnerung verankert wird.