Angeklagte legen Drogen-Beichte ab
Albanische Mitangeklagte im Prozess vor dem Landgericht Rottweil schwer belastet
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ROTTWEIL - Wie funktioniert die Drogen-Szene im Landkreis Tuttlingen? Einblicke hat der dritte Verhandlungstag vor dem Landgericht Rottweil am Donnerstag gegeben. In dem Prozess, der am 17. August begonnen hat, müssen sich sieben junge Männer wegen des bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in großen Mengen verantworten. Vier Angeklagte haben nun umfassende Geständnisse abgelegt.
Die Deutschen aus Geisingen und Umgebung beschuldigten dabei ihre drei Mitangeklagten – zwei aus Albanien, einer aus der Türkei –, die Drogen in den Kreis Tuttlingen eingeführt zu haben. Diese hatten bereits zu Beginn des Prozesses angekündigt, von ihrem Recht, die Aussagen zu verweigern, Gebrauch zu machen. Alle sieben Angeklagten befinden sich seit November des vergangenen Jahres in Untersuchungshaft und waren in Fußfesseln zum Prozess vorgeführt worden.
Zentren des Handels waren offenbar zwei Gaststätten und die Wohnung eines 33-Jährigen, der aus dem Rheinland stammt und in Geisingen Arbeit gefunden hatte. Er sei schon längere Zeit drogenabhängig gewesen, berichtete er, und so in die Szene geraten. „Um Geld zu sparen“, habe er irgendwann eine „Indoor-Plantage“in seinem Schlafzimmer eingerichtet und einen Teil des Cannabis auch an andere Abhängige in der Umgebung verkauft. Einer von ihnen, 30 Jahre alt, zog bei ihm ein und wenig später kam es zum Kontakt mit einem Albaner.
Albaner hätten „Zweigstelle“in Geisingen gründen wollen
Der Albaner, sagte der 33-Jährige, habe bei ihm zunächst fünf Kilogramm Marihuana deponiert und teilweise auch bei ihm gewohnt. Nicht nur die Drogen-Menge habe sich (bis auf 30 Kilogramm) schnell gesteigert, sondern auch die Anzahl der dort wohnenden Albaner. „Plötzlich waren es bis zu acht.“Manche hätten in seinem Bett geschlafen, während er mit dem Hund auf dem Sofa nächtigte.
„Die wollten sich dort niederlassen“, sagte der Angeklagte und erhielt darauf eine Nachfrage vom Vorsitzenden Richter, Karlheinz Münzer. Auf die Frage, ob die Albaner eine Zweigstelle hätten gründen wollen, erntete er ein Kopfnicken. Warum er sich nicht gewehrt habe? Darauf wich er zunächst aus. Er räumte aber ein, dass er Angst gehabt habe. „Dann waren Sie der gutmütige Herbergsvater“, sagte der psychiatrische Sachverständige. Die Regie hätten aber die Albaner geführt, meinte der 33-Jährige. Sie hätten „das Material“über Stuttgart bezogen. Ebenfalls nur auf Nachfrage erklärte der Angeklagte, dass er auch im Gefängnis bedroht worden sei.
Ohne Umschweife gab ein 22Jähriger aus Geisingen Auskunft. Er, selbst drogenabhängig, habe Rauschgift unter anderem an zwei 15-jährige Jugendliche und ein 16jähriges Mädchen verkauft, gestand er. Ob er keine Skrupel gehabt habe? „Nein“, gab er zurück. „Wir haben nicht nachgedacht, wir haben verkauft. Heute sehe ich das anders.“Unter anderem hätten auch Türken aus Blumberg Amphetamin angeboten, aber das Geschäft sei wegen minderer Qualität gescheitert. „Ich hätte nie gedacht, dass die uns erwischen“, bekannte der 22Jährige. Dabei war vor allem er es, der Drogen an verdeckte Emittler verkaufte.
Der Prozess wird am heutigen Dienstag um 9 Uhr fortgesetzt.