Gränzbote

Fußball im Fernsehen: Zu viele Live-Anbieter verderben den Spaß

- ●» j.lindinger@schwaebisc­he.de ●» d.uhlenbruch@schwaebisc­he.de

Vorab ein Geständnis: Das Europa-League-Spiel Qarabag Agdam – Worskla Poltawa kommt uns nicht auf den Computer am

25. Oktober. Auch Galatasara­y Istanbul hat in der Champions League nicht unseren Stream-gestützten Beistand genossen gegen Lok Moskau. Dabei (Augen auf bei der Berufswahl!) hat so ein Sportredak­teur ja alle Möglichkei­ten, gibt es an seinem Arbeitspla­tz doch jedweden der kostenpfli­chtigen Kanäle, auf denen das nächste Spiel immer das liveste ist.

Nur: Selbst Sportredak­teure leben ein Leben abseits der Schreibstu­be, und da haben wir Eurosport Player, Sky Go und Konsorten die Rote Karte gezeigt: Wohnzimmer­verbot! Spiele, die die Welt nicht braucht, werden auch für 9,99 im Monat keine Offenbarun­g. Zumindest nicht über eineinhalb Stunden Echtzeit. Auch um den FC Nimmersatt langweilig siegen zu sehen, braucht’s kein Pay-TV-Bundesliga­Abo. Da reicht die gute alte Sportschau, in frühester Kindheit schon der Kick der Woche, frisch gebadet zumeist verfolgt – viele Tore, wenig Leerlauf. Europapoka­l übrigens, damals Meister-Privileg und spät mittwochab­ends telegen komprimier­t, war mal Fernsehfuß­ball-Hochfest, nicht aufgebläht­es Mittelmaß. Das, für die Generation DAZN, war im vorigen Jahrtausen­d. Kurz nach Fritz Walter.

Nein, früher war nicht alles besser! Auch und gerade nicht für Fußballfan­s, die ihr Herz ans runde Leder verloren hatten. Ganz im Gegenteil. Wir erinnern uns ungern: An das alte Transistor­radio, an das wir immer samstags um 15.30 Uhr schmerzhaf­t das Ohr drücken mussten. An Heribert Faßbender

(„’n Abend allerseits“) und die ARDSportsc­hau mit ihren viel zu kurzen Zusammenfa­ssungen der Bundesliga­spiele. Ganz zu schweigen davon, dass wir an jedem zweiten Wochenende – der lieben Schwester und der elterliche­n Gerechtigk­eit sei Dank – „Daktari“gucken mussten. Herzliche Abneigung – um es gelinde auszudrück­en – entsteht schon aus weit geringeren Anlässen.

Heute dagegen: Alle Wettbewerb­e, alle Spiele, alle Tore, alles live und ungekürzt. Nie mehr abseits stehen müssen. Paradiesis­ch! Und mit monatlich 40 bis 65 Euro – je nach Verhandlun­gsgeschick mit den Sendern – auch nicht zu teuer bezahlt. Für die gleiche Summe schaffen wir es vielleicht ein Mal ins Stadion – Fahrtkoste­n, lauwarme UliHoeneß-Gedächtnis­wurst und das unselige bayerische Bier noch nicht mitgerechn­et. Und über die TV-Tarife im Ausland oder Kino-Eintrittsp­reise wollen wir erst gar nicht sprechen.

Schön, wenn das Runde ins Eckige fliegt. Noch schöner, wenn das Runde daheim im Eckigen rollt.

Lieber wie damals, kurz nach Fritz Walter. Von Joachim Lindinger

Paradiesis­ch, wenn das Runde im Eckigen rollt. Von Dirk Uhlenbruch

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