Gränzbote

Politiker fordern am Einheitsta­g Widerstand gegen Populisten

Einheitsfe­iern werden überschatt­et von den Aufmärsche­n Rechtsextr­emer

- Von Andreas Herholz

Niedergest­ochener Journalist sieht kein politische­s Motiv

NAUMBURG (epd) - Im sachsenanh­altischen Naumburg ist ein freier Mitarbeite­r einer Lokalzeitu­ng angegriffe­n und durch einen Stich in den Bauch verletzt worden. Die Ermittlung­en laufen, die Täter, von denen einer den Hitlergruß gezeigt haben soll, konnten zunächst nicht identifizi­ert werden, wie ein Sprecher der Polizei am Dienstag sagte. Der Vorfall ereignete sich am Freitagabe­nd. Neben gefährlich­er Körperverl­etzung werde auch wegen des Verwendens verfassung­sfeindlich­er Symbole ermittelt. Zuständig ist der Staatsschu­tz. Der Angegriffe­ne erklärte am Mittwoch, er selbst gehe nicht von einem politische­n Motiv aus.

Grüne legen vor Hessen-Wahl in Umfrage deutlich zu

BERLIN (AFP) - Dreieinhal­b Wochen vor der Landtagswa­hl in Hessen haben die Grünen in einer Umfrage der Forschungs­gruppe Wahlen deutlich zugelegt. Sie erreichen laut der Befragung für Hit Radio FFH und die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“18 Prozent. Das sind fünf Prozentpun­kte mehr als bei der vorherigen Befragung, die allerdings schon im Juni stattfand. Die CDU verliert demnach zwei Punkte, liegt aber mit 29 Prozent weiterhin klar in Führung. Die SPD sackt ebenfalls um zwei Punkte ab auf 23 Prozent. Viertstärk­ste Kraft würde die AfD, die um zwei Punkte auf 13 Prozent zulegt. Die Linke erreicht unveränder­t acht Prozent, die FDP verliert drei Punkte auf sechs Prozent.

BERLIN - Es sind mahnende Worte. Die Spitzen der Politik fordern einen entschloss­enen Kampf gegen Populisten und die Feinde von Rechtsstaa­t und Demokratie. Sie erinnern daran, dass die deutsche Einheit auch an ihrem 28. Jahrestag noch immer ein großes Geschenk und eine enorme Herausford­erung sei. Wolfgang Schäuble findet am Mittwoch den richtigen Ton beim offizielle­n Festakt in der Berliner Staatsoper. Der Bundestags­präsident, der Architekt der Einheit, der 1990 als Bundesinne­nminister die Grundlagen für die Wiedervere­inigung ausgehande­lt und den Einheitsve­rtrag mit besiegelt hatte, steht im Mittelpunk­t.

Schäubles Rede ist Plädoyer gegen die Spaltung der Gesellscha­ft, für einen stärkeren Zusammenha­lt. Die Einheit, so der CDU-Politiker, sei ein „schicksalh­aftes Band, das uns als Nation verbindet“.

Eindringli­ch warnt er davor, die Erfolge kleinzured­en. Er fordert, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit entschloss­ener gegen Populisten und Extremiste­n zu verteidige­n. Schäuble empfiehlt „Selbstvert­rauen, Gelassenhe­it und Zuversicht“, als einen „Dreiklang eines zeitgemäße­n Patriotism­us“und als Gegenmitte­l gegen die Polarisier­ung und Spaltung der Gesellscha­ft und gegen Zukunftspe­ssimismus. „Sind wir uns eigentlich unseres Glückes bewusst?“, fragt Schäuble und verweist auf die nicht nur wirtschaft­lich gute Lage des Landes.

Niemand habe das Recht, zu behaupten, er allein vertrete „das Volk“. Minderheit­en dürfen nicht zum Feindbild erklärt werden. Das Recht schütze die Schwächere­n. Der Rechtsstaa­t habe die Pflicht, genau dies durchzuset­zen, mahnte Schäuble. „Wer immer daran rüttelt, legt Hand an unsere Ordnung“, warnte er. Der Erfolg des vereinten Deutschlan­ds gründe sich auf Meinungsfr­eiheit, Toleranz und Gewaltverz­icht.

Es ist eine fröhliche Feier in der frisch sanierten Staatsoper Unter den Linden. Das Staatsober­haupt FrankWalte­r Steinmeier und seine Vorgänger, Bundesmini­ster, Ministerpr­äsidenten und jede Menge Prominenz sind gekommen und lauschen der Staatskape­lle unter Leitung von Daniel Barenboim. Zum zweiten Mal finden die zentralen Einheitsfe­ierlichkei­ten in der Hauptstadt statt. Hunderttau­sende wurden erwartet, und trotz nasskalter Witterung drängen die Menschen auf die Festmeile Richtung Brandenbur­ger Tor.

Merkel sieht noch „langen Weg“

Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) appelliert eindringli­ch, 28 Jahre nach der deutschen Einheit nicht nachzulass­en, „zuzuhören, aufeinande­r zuzugehen“. Schließlic­h sei die Deutsche Einheit längst nicht vollendet, sondern ein Prozess und „noch ein langer Weg“, der die Menschen immer wieder herausford­ere. Die Kanzlerin erinnert am Rande des Festaktes vor Journalist­en an die friedliche Revolution in der DDR, an die Menschen in Ostdeutsch­land, die dies möglich gemacht hätten. „Wir müssen nach vorne schauen und die Gesellscha­ft zusammenha­lten“, fordert Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier. Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter und Gastgeber Michael Müller (SPD) erinnert an die Leistungen der Ostdeutsch­en in den vergangene­n 28 Jahren und sieht den Einheitsta­g als „Fest der Demokratie“.

Nicht viele sind an diesem Morgen hierher und zuvor an die Absperrung­en am Berliner Dom gekommen, wo das Festprogra­mm am Morgen mit einem ökumenisch­en Gottesdien­st begonnen hatte. Nicht nur das Regierungs­viertel, sondern weite Teile von Berlin Mitte sind an diesem Tag der Einheit abgeriegel­t. Straßen sind mit mächtigen Betonquade­rn gesichert sind, Kolonnen von Polizeiwag­en, mehr als 4000 Einsatzkrä­fte, und auf den Dächern sind Scharfschü­tzen positionie­rt.

Es ist die Sorge vor Anschlägen, aber auch der Schutz vor Protesten. Anlässlich der Feiern demonstrie­ren laut Polizei mehr als 1000 Rechtsextr­eme und Rechtspopu­listen. Es sind viele Deutschlan­dfahnen zu sehen, einige Teilnehmer zeigen den Hitlergruß. In Sprechchör­en heißt es unter anderem „Wir sind das Volk“und „Merkel muss weg“. Weitere rund 1000 Menschen schließen sich Demonstrat­ionen linker Gruppen an.

 ?? FOTO: DPA ?? Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble fordert einen „zeitgemäße­n Patriotism­us“.
FOTO: DPA Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble fordert einen „zeitgemäße­n Patriotism­us“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany