Obdachlosenunterkunft für 11,09 Euro
Haus in der Eisenbahnstraße ist solide gebaut und beherbergt die ersten Familien
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SPAICHINGEN - Blumenkästen, Kinderfahrräder und bereitgestellte Mülleimer zeigen: Das als Flüchtlingsunterkunft gebaute Haus in der Einbahnstraße ist bereits bezogen. Fünf Namensschilder gibt es schon. 15 Briefkästen zeigen: Es ist also ein Drittel der Wohnungen belegt. Aber die Vorlage des jüngsten Gemeinderats machten auch klar: Es sind Obdachlosenund Flüchtlingswohnungen und keine Sozialwohnungen
Wie die Auswahl der Bewohner getroffen wird, wer nach welchen Kriterien ausgewählt wird und wer sich darum kümmert – eine Anfrage bei der Stadtverwaltung ergab keine Antwort. Eine Familie zumindest ist in Spaichingen eingesessen.
Und: Den direkten Nachbarn hatte Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher nach deren Protesten gegen den Bau der 15 Wohnungen auf dem engen Streifen zwischen Straße und Bahnlinie versprochen: Man werde keine Einzelpersonen einquartieren, nur Familien.
„Modularbauweise“nennt sich die Bauart. Der Mühlheimer Bauunternehmer Damaschke, der das Gebäude nach Ostern gebaut hat, hatte die Bezugsfertigkeit bis 1. Oktober zugesagt und Wort gehalten. Nur der Spielplatz im Außenbereich wird noch nachträglich gebaut.
Die Wohnungen haben bis auf zwei im Obergeschoss, die drei Zimmer haben, zwei Zimmer mit rund 65 Quadratmetern, eine Einbauküche und ein Bad mit Duschkabine sowie Fußbodenheizung, weil diese Platz spart und für diese Art Wohnungen am geeignetesten seien, so Damaschke. Er hatte diese Zeitung zu einem Rundgang vor dem Beszug eingeladen. Der Hauptgrund: Es seien keineswegs Wohnungen nach billigstem Standard, wie behauptet. Er habe Kellerräume eingebaut, einen Sichtschutz, obwohl das eigentlich nicht gefordert gewesen sei.
Oder die verwendeten Materialien: Die Fenster seien wegen Bahn und Straße dreifach verglaste Schallschutzfenster und auch im Bad habe man eine Duschkabine und keinen Vorhang gewollt. Er habe mit einheimischen Bauhandwerkern zusammen gearbeitet, die Küchen alle bei Avanti gekauft und einbauen lassen.
2,1 Millionen Euro Kosten
2,1 Millionen Euro plus das Grundstück hat das Projekt – finanziert über die Bank – gekostet. Das Haus gehört Damaschke auch weiterhin, aber mit der Verwaltung habe er nichts zu tun, das mache die Stadt, ebenso wie die hausmeisterlichen Aufgaben.
Umstritten ist das Haus vor allem wegen des Standorts und des Zustandekommens – alles nicht öffentlich im Gemeinderat besprochen und beschlossen – und wegen der Miete, die sich die Stadt auf 20 Jahre verpflichtet hat an den Besitzer zu bezahlen. Den Quadratmeterpreis hat der Gemeinderat jetzt in der Satzung für Obdachlosenunterkünfte auf 11,09 Euro festgelegt. Geld, das bei Hartz IV-Empfängern und Flüchtlingen das Sozialamt vollständig zahlen muss, so die Auskunft aus dem Landratsamt.
Die Durchschnittsmiete in München, der teuersten Stadt Deutschlands, für diese Wohnungsgöße liegt bei 11,50 Euro.
Rauswurf
Bei einem Besichtigungstermin am Freitag, zu dem Bürgermeister Schuhmacher Gemeinderäte und Bürger in öffentlicher Sitzung eingeladen hatte, ist die Presse explizit ausgeladen worden. Auch als Bürgerin durfte die Redakteurin nicht teilnehmen und wurde – wie ein weiterer Bürger – wegen kritischer Äußerungen zu früheren Zeitpunkten des Grundstücks verwiesen.